Zwei Jahre, nachdem Mike Skinner a.k.a. The Streets es mit seinem zweiten Album „A Grand Don’t Come For Free“ und auch mit der Singleauskopplung „Dry Your Eyes“ jeweils an die Spitze der britischen Charts geschafft hat, meldet er sich mit „The Hardest Way To Make An Easy Living” zurück: Soundseitig ganz der Alte, schert er sich immer noch nicht um HipHop-Konventionen und erzählt seine Geschichten eher im Spoken Word- als in Rapmanier über spröde Garage/2Step/Grime/HipHop/Whatever-Instrumentals. Was überrascht, sind die Lyrics: Deutlicher und ehrlicher als je zuvor, bisweilen geradezu exhibitionistisch schildert Skinner Anekdoten aus seinem Leben, das reich an Exzessen ist: Seine Vorliebe für Glücksspiele brachte ihn an den Rande des finanziellen Ruins. Drogen, ohnehin stets Thema in seiner Welt, lösten Panikattacken und suizidale Tendenzen aus. „Birds“ abzuschleppen war bald keine echte Herausforderung mehr, Popstars waren schwieriger zu haben. Der Radio 1 Moderatorin Jo Whiley klaute er bei einem Radio-Interview ein Mikrofon. Und der Tod seines Vaters warf ihn zeitweise völlig aus der Bahn. Erstaunlich, dass es ihm trotz der diversen Krisen gelungen ist, ein rundes Album abzuliefern, nebenbei ein Label zu gründen und auch einige Produzenten-, Remix- und Featurejobs zu erledigen. Es wird berichtet, dass er Alkohol, Glücksspiel und sonstigen Drogen – zumindest temporär – abgeschworen habe, um sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren zu können. So muss es wohl sein…
rap.de: Du hattest für dein erstes Album „Original Pirate Material“ eine klare Vision, wie es als Ganzes klingen sollte, schon bevor du mit den Aufnahmen begonnen hast. „A Grand Don't Come For Free“ war sogar ein Konzeptalbum mit Story-Twists wie in einem Film. Hattest du für „The Hardest Way To Make An Easy Living” ein ähnlich durchdachtes Konzept?
Skinner: Ja, in gewisser Weise schon: Ich wusste, dass ich viele interessante Geschichten parat hatte, die ich erzählen könnte. Geschichten, die mir passiert sind. Ich habe alle Songs zur selben Zeit geschrieben und an ihnen gearbeitet. Aber auf der anderen Seite habe ich mit zunehmendem Alter aber wohl auch gelernt, die Dinge etwas mehr loszulassen und nicht vorauszusagen, was passieren wird.
rap.de: In den letzten zwei, drei Jahren hast du für einige Skandale gesorgt, vor allem die britische Presse hat die begeistert aufgegriffen. Was bringt dich dazu, das alles jetzt noch mal öffentlich auszubreiten?
Skinner: Die Sachen kamen halt einfach raus. Und ich wollte die Frage beantworten, was wirklich passiert war. Dadurch verhindere ich, dass zu wichtigen Themen falsch über mich berichtet wird.
rap.de: Okay, aber als du zum Beispiel der Radio 1 Moderatorin Jo Whiley ein Mikrophon geklaut hattest, hättest du es auch einfach still und leise zurückgeben können. Stattdessen hast du aus deiner Entschuldigung einen Song (Remix von Bloc Party’s „Banquet“) gemacht und im Internet verbreitet…
Skinner: Yeah yeah. Für mich ist unterm Strich nur wichtig, dass es ein guter Song ist. Und man braucht Action in Songs. Nur darum ist das so passiert.
rap.de: Dir ist egal, wie deine Texte aufgenommen werden? Du antizipierst nicht die Reaktion der Hörer? Mir scheint schon, dass du mit deiner neuen Single „When You Wasn’t Famous“ deine Fans zu Spekulationen ermutigst, wer denn nun der weibliche Star ist, den du nach einer „Prang“-reichen Nacht am nächsten Morgen auf CD:UK siehst…
Skinner: Nein, nicht wirklich. Manche Dinge, die ich mache, werden auch überhaupt nicht wahrgenommen. Nur wenn Songs als Single erscheinen, fangen die Leute an, sich damit zu befassen. Bei „When You Wasn’t Famous“ war es eine Idee der Plattenfirma, das Thema so in der Kampagne zu benutzen. Die hatten den Eindruck, dass das eine große Geschichte wäre. Aber für mich war das überhaupt keine große Geschichte, als ich es geschrieben habe. Ich sehe ganz andere große Geschichten, die aber niemanden interessiert haben.