Allerdings gingen auch in der Hip Hop Szene die Meinungen auseinander, inwieweit es sich bei dem Bushido-Fall tatsächlich noch um klassisches Sampling handelt. Immerhin benutzte der Berliner insgesamt 16 Melodien der französischen Gothic-Musiker, ohne vorher um Erlaubnis zu fragen. Alleine acht davon wurden auf seinem Platin-Album "Von der Skyline Zum Bordstein Zurück" verwendet.
Dark Sanctuary fühlte sich dann auch um ihre Urheberrechte betrogen und zerrten den Rapper vor Gericht – wie die weitere Geschichte zeigte – mit Erfolg.
Der Ersguterjunge-Chef darf die beanstandeten Alben und Sampler zukünftig nicht mehr vertreiben und muss außerdem Schadenersatz in bisher unbekannter Höhe zahlen. Wen schon immer mal interessiert hat, wie sich der Sachverhalt in Juristen-Deutsch anhört, dem kann nun geholfen werden. Das Landesgericht Hamburg, das die Entscheidung im Fall Bushido fällte, hat jetzt nämlich den Volltext zum Urteil veröffentlicht.
Ganz klar wird hierbei herausgearbeitet, ab wann das Verwenden kurzer Musikstücke anderer Künstler als Urheberrechtsverletzung gilt. Detailliert wird außerdem erklärt, warum es sich bei den beanstandeten Stellen eindeutig um Melodien von Dark Sanctuary handelt. Das liest sich dann unter anderem so: "Nach ihrem Gesamteindruck, den die Kammer anhand des Notenbildes […] sowie des Höreindrucks der Passage gewonnen hat, handelt es sich bei der betroffenen Passage um eine individuelle Tonfolge mit Wiedererkennungseffekt, die jedenfalls in der konkret gewählten Instrumentierung und Rhythmisierung sowie aufgrund der Verwendung der charakteristischen Trillerfigur auf der Zählzeit "3 und“ schöpferisch eigentümlich im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG ist.”
Des Weiteren wurde auf den Punkt eingegangen, es handle sich beim Sampling um ein absolut anerkanntes Stilmittel. Zu ähnlich seien die beklagten Tracks mit den Originalen, als dass man sie als musikalisch eigenständig bezeichnen könne: "Da der Charakter der Passage, insbesondere ihre Instrumentierung, vielmehr weiterhin erkennbar ist, liegen die Modifizierungen durch den Beklagten […] im Bereich der unfreien Benutzung im Sinne des § 23 UrhG. Hieran ändert sich auch nichts durch die Verbindung mit dem Sprechgesang des Beklagten […] und dem Schlagzeug-Beat, zumal diese erst nach den ersten Takten einsetzen. Von einem Verblassen hinter dem Sprechgesang kann keine Rede sein.”
Bei anderen beklagten Tonfolgen konnte das Gericht hingegen keine Urheberrechtsverletzung feststellen, da diese musikalisches Allgmeingut seien: "Allein das Hinzufügen des zusätzlichen Tons fis‘ als „akkordfremde Durchgangsnote“ […] genügt hier nicht, um die Passage aus dem Bereich des musikalischen Allgemeinguts herauszuheben. Dabei ist zu beachten, dass einzelne Töne und Akkorde im Interesse der Allgemeinheit frei bleiben müssen, andernfalls würde es zu einer inakzeptablen Behinderung schöpferischen Schaffens kommen […]. Auch die Instrumentierung vermag der bezeichneten Passage keine hinreichende Eigentümlichkeit zu verleihen."
Außerdem wurde bekannt, dass es zwar zu Sample-Klärungs-Gesprächen zwischen Bushido und den Franzosen kam, ein sogenanntes "Sampling-Settlement-Agreement" wurde jedoch nicht unterzeichnet.
Auch weitere Anklagepunkte, bei denen Dark Sanctuary von einer "Zerstückelung" ihrer Werke sprachen, werden ausführlich begründet. So habe der Rap-Musiker zum Beispiel durch das Verzerren einzelner Passagen oder durch die "zahlreich verwendeten Kraftausdrücke" massiv in die Urheberpersönlichkeitsrechte der Kläger eingegriffen und ihre Werke in einen komplett anderen Kontext gestellt.
Ebenfalls belangt wurde Bushido dafür, sich gegenüber der GEMA als alleiniger Komponist ausgegeben zu haben. Den Volltext zur Verletzung der Urheberrechte findet ihr HIER. Den Text betreffend der "Leistungsschutzrechte" HIER.