Review: Trettmann – KitschKrieg 3-EP

Schnee und Temperaturen um den Gefrierpunkt. In großen Teilen des Landes ist den Leuten das Sommerlächeln eingefroren. Gott sei Dank bringen Trettmann und KitschKrieg mit der „KitschKrieg 3“-EP die Hitze zurück.

Trettmann ist fly, da sind sich viele Rapconnaisseure einig. Trotzdem fliegt er für einen Künstler, der so viel Zuspruch aus der Szene bekommt, immer noch unter dem Radar und spielt sich noch zu viel in Rapgames Facebook- und Twittersphäre ab. Ob ihm und seinem Produzententeam KitschKrieg mit dritten Teil der „KitschKrieg“-Trilogie der große Wurf gelingt, bleibt abzuwarten. Doch Tretti kann sicher auf eine stetig wachsende Fanbase bauen – zu der ich mich nach „KitschKrieg 1“ und „KitschKrieg 2“ ganz klar auch zähle.

Ich geh gleich mal ans Eingemachte: Die Produktionen von KitschKrieg sind absolute Champions League, was zeitgemäßen Sound angeht. Das gilt auch auf dieser Platte. Eingängige Melodien, Synthieflächen und tanzbare Riddims treffen auf gekonnt gesetzte Pausen und Trapanleihen. Dazu kommt, dass die unverkennbaren Lyrics von Tretti einfach weniger schnell abnutzbar sind als beim Rest von Rapdeutschland. Was bei „KitschKrieg 3“ noch hinzukommt ist, dass auffällt, wie wenig (bis auf die Fotos von Awhodat) in das Visuelle investiert wird. Bis auf das Low-Budget Video zu „In meinem Leben“ und dem Ich-pack-mein-Merchandise-ein-Stream zur ganzen EP ist nichts erschienen. Der Fokus liegt auf der Musik, was einen dazu veranlasst sich weniger die Videoauskopplungen reinzuziehen, als vielmehr die ganze EP anzuhören.

Gleich zu Anfang kommt Trettmann auf „Adriano“ rein und stellt klar was einen erwartet „Tu was ich immer mach, mach was ich immer tu / wenn nicht jetzt wann dann, einfach weil ichs kann“. Und verdammt nochmal – das tut er auf den fünf Anspielstationen auch. Von balladesken Songs bis zu ballernden Representertracks ist alles dabei. Das alles immer, ohne den roten Faden von KitschKrieg aus den Augen zu verlieren. Nicht umsonst stehen die „KitschKrieg“-EPs für sich alleine in Deutschland. Manche Phänomene kann man schlicht und einfach nicht kopieren. Hierzu gehört neben Yung Hurn eben auch Trettmann.

Wer auf die ersten beiden EPs der „KitschKrieg“-Reihe nicht klargekommen ist, wird auch mit dem dritten Teil nicht glücklich. Was nicht heißt, dass Trettmann und KitschKrieg einfach nur das gleiche Rezept benutzen. Selbst die Remixe bereits bekannter Instrumentals wie „Ehrenrunde“ und „In meinem Leben“ wirken frisch und nicht aufgewärmt. Trettmann klingt auf „Wie du“ genauso hungrig wie immer, wobei man sich meinerseits den Part von Kraftklubs Carsten Chemnitz hätte sparen können. Ich kann mir vorstellen, dass man mit dem Feature das übliche Trettmann-Sing-Sang-Schema aufbrechen wollte. Andere Rapper hätten die Aufgabe vielleicht auch gemeistert, aber der Part sagt mir inhaltlich einfach nicht zu. Der Rest vom Song ist dafür erste Sahne und hat mich schon beim allerersten Mal hören gecatcht. Fizzle und Fiji Kris haben hier wieder ein Brett vor dem Herrn gezaubert, da weiß man gleich, warum Trettmann seinen zweiten Frühling erlebt. Es wummert im Bassbereich zu den catchy Melodien und Trettis Stimme wird neben Autotune mit jeder Art von Effekt bearbeitet. Immer so, dass es stimmig und einzigartig klingt.

Im Vergleich zu den Vorgängern kommt auf „KitschKrieg 3“ ein bisschen mehr die gefühlvollere Seite von Trettmann zum Tragen. Das ist vor allem auf „La Dolce Vita“ zu hören. Hier wird das Tempo rausgenommen und die Pianoklänge in den Vordergrund gerückt. Auch wenn dieser Song, wie die anderen Tracks, gespickt ist mit Patois- und US-Rapslang wirkt es zu keiner Zeit unnatürlich oder gekünstelt was Trettmann von sich gibt. Im Gegenteil man hat das Gefühl, dass er viel mehr über sich preisgibt als so manch anderer Rapper in Deutschland und es immer echt hält. Man merkt ihm in den Lyrics auch einfach sein Alter und seine damit einhergehende Reife an. Die Texte wirken nie kopiert und immer reflektiert, ohne in Gefühlsduselei abzudriften. Er bringt das „Gyal“ nach einer gemeinsamen Nacht zum Kotti und hofft, dass er dieses Mal nicht ihre Nummer löscht wie sonst immer.

Insgesamt kann man sagen, dass ausnahmslos alle Tracks auf hohem Niveau sind und genau das machen, was eine EP machen soll: die wacken Songs weglassen und nur das Beste raushauen. Auch wenn es gefühlt ruhiger zugeht als auf den zwei „KitschKrieg“-Teilen zuvor gibt es für mich schon einen Song, der ballert und heraussticht: „Ehrenrunde“ stellt einfach klar, dass KitschKrieg und Trettmann jetzt angekommen sind und so schnell auch nicht mehr verschwinden. Dabei wurde der Beat von Haiytis „Sergio Tacchini“ genommen und in den Trettmix gehauen. Mit diesem Move bringt man die in Amerika und Jamaica geläufige Remixkultur auch in Deutschland voran. Warum einen so geilen Beat auch nicht zweimal benutzen? Trettmann nimmt den Beat voll ein, gibt Shout-outs und kündigt schon mal die „KitschKrieg“-Trilogie auf Vinyl an. Es ist eine wahre Freude, ihm zuzuhören und sich dabei vorzustellen wie das Ding live abreißen wird.

Laut einem Facebookpost von Trettmann selbst ist er wieder im Studio und arbeitet schon am nächsten Release, was noch dieses Jahr erscheinen soll. Als ich das gelesen habe, hatte ich vorzeitig schon mein erstes Weihnachtsgeschenk bekommen. So kann man den sibirischen Winter vielleicht doch überstehen.

Wer auch so großer Trettmann-Fan ist wie ich kann die EP auf Itunes kaufen oder sie auf Spotify streamen.