Review: Eno – Xalaz

Erstmal: Ich kaufe Eno nicht ab, dass er erst seit einem Jahr rappt. Die spielerische Leichtigkeit, mit der der junge Hesse unterschiedliche Styles auspackt und damit die ebenso abwechslungsreichen Beats auf seinem Debütalbum „Xalaz“ bearbeitet, klingt eher nach einem ausgefuchsten alten Hasen als nach einem frischgebackenen Emporkömmling auf Xatars Zweitlabel Kopfticker. Mit zehn Anspielstationen ist die Spieldauer zwar etwas mager ausgefallen, aber das wird mit der Bezeichnung „Streetalbum“ entschuldigt. Auch die unklare Marschrichtung, die eher wie zu einem Mixtape passt, wird so unter den Teppich gekehrt. Könnte man bemängeln, sollte man aber in Anbetracht dessen, wie viel Spaß Enos erstes Release macht, getrost ignorieren können.

Was einem auf „Xalaz“ am besten gefällt, bleibt eine Geschmacksfrage: Eno bedient verschiedene Subgenres, die alle eins gemeinsam haben: Sie passen zum Zeitgeist. Das Album ist von 808s durchzogen und thematisiert die üblichen Straßenthematiken, doch ein Hit jagt den nächsten. Das wilde Potpourri aus Afrotrap- und Dancehall-Songs wie „Ohrwurm“ und „Million“, dreckigen, drumlastigen Brechern wie „Fuchs“, entspanntem Singsang auf „24h“ und „Ich mach was ich will“ sowie Trapbangern der Marke „Schweigen ist Gold“ oder „Straßenabitur“ versteht zu fesseln. Trotz der unterschiedlichen Anleihen mutet „Xalaz“ nicht willkürlich zusammengeklaubt an, sondern eher wie ein Schmelztiegel des aktuellen Rap-Status-Quo, in dem Eines zum Anderen führt – und passt.

Eno selbst besticht durch seinen spannungsreichen Stimmeinsatz, brutal eingängige Hooks und eine großmäulige Street-Attitüde, die durchweg zu unterhalten weiß. „Ich geh‘ auf die Straße, um Patte zu verdien‘ / Du gehst auf die Straße, um Pokémon zu spielen“ heißt es auf meinem Lieblingssong „Fuchs“, der mich auch abseits der unterhaltsamen Lines mit seinem brachialen Beat, abwechslungsreichen Flow-Abfahrten und interessantem Aufbau vollkommen überzeugt. Eno schafft es auf beeindruckende Art und Weise, mit seiner Stimme zu spielen, aggressiv und hungrig aber gleichzeitig unverkrampft zu klingen und die detailverliebt produzierten Beats unvorhersehbar und variabel zu bearbeiten.

Klar, das Rad erfindet Eno nicht neu. Stattdessen bedient er sich unverhohlen bei allem, was gerade zieht. Prinzipienreiter könnten über „Xalaz“ sogar eine ausufernd-ermüdende Biting-Debatte starten. Sie könnten sich aber auch den Neckbeard rasieren, das La Coka Nostra T-Shirt ausziehen und sich auf dieses hervorragende Debüt eines jungen Künstlers einlassen, der zwar noch auf der Suche zu sein scheint, aber mit Wiedererkennungswert, Präsenz sowie einem sicheren Gespür für Song- und Albumaufbau punktet und großes Potential aufweist.