MoTrips und Jimeks „Mosaik“ geht neue Wege: Bisher hat noch niemand Rap und ein Symphonieorchester auf Albumlänge miteinander verbunden. Zwar findet man in vielen Beats Streicher, Blechbläser und diverse andere Orchesterinstrumente – HipHop basiert nun mal auf der Mischung von vielen verschiedenen Musikrichtungen – aber ein derartiges Projekt gab es noch nicht. Gut, Marz‘ letztes Album „I Love 2 Hate“ wurde auch in Kollaboration mit einer Jazz Band produziert, Kendrick Lamar hat auch einen Auftritt mit einem Symphonieorchester und selbst Migos haben zusammen mit einem schon mal ihren Hit „Hannah Montana“ aufgeführt. „Mosaik“ aber geht da noch ein paar Schritte weiter – bereits bestehende Songs wurden komplett neu arrangiert, dazu neue komponiert.
Jimeks Interpretationen spiegeln die Stimmung und Thematik des jeweiligen Songs wieder und geben oft einen frischen Eindruck der Tracks, die man davor ganz anders wahrgenommen hat. Auch wenn sehr oft der ursprüngliche Beat gespiegelt wird und die Motive beibehalten werden, ist der Klang ein ganz anderer. MoTrips Flow klingt noch mal ganz anders, wenn die akzentuierten Wörter oft von einem Stakkato oder einem satten Paukenschlag untermalt werden, wie bei „Trip“. Jimek hat hörbar viel Arbeit und Kreativität in die Komposition gesteckt, was man an der Präzision der einzelnen Klänge merkt. Er benutzt auch unkonventionelle Methoden und Instrumente, wie einen riesigen Hammer in „Kennen“ oder eine Feuersirene in „Gegenwart“.
Generell verleiht eine solche instrumentale Unterstützung dem Ganzen mehr Charisma. Durch die mehrstimmige Grundlage wird eine geradezu epische Stimmung erzeugt. Und auch wenn ich nicht so der Mensch für die „klassische“ Orchestermusik bin, gefällt mir Jimeks Umsetzung der modernen Beats in die instrumentale Art sehr. Selbst „Crux“, auf dem MoTrip nicht vertreten ist, überzeugt. Leider geht ein Teil der Wirkung der großen Besetzung, die live bestimmt überwältigend war, auf der digitalen Version verloren.
Die meisten Tracks stammen von Trips beiden Alben „Embryo“ und „Mama“. Die neuen Lieder, die extra für „Mosaik“ von MoTrip komponiert und geschrieben wurden, gehen in die selbe Richtung wie „Mama“. Für meinen persönlichen Geschmack könnten sie allerdings etwas bissiger sein.
Der einzige Kritikpunkt am Album ist die Soundqualität. Ich glaube, es wäre etwas komplett anderes, wenn es eine Studioversion der Tracks mit dem Orchester als Begleitung gäbe. Es handelt sich aber um eine Live-Aufnahme, daher passt die Relation der Lautstärke der Instrumente und der der Vocals nicht immer ganz. Die Wirkung eines heftigen Paukenschlags oder eines saftigen Blechbläsers würde wohl noch viel stärker zum Vorschein kommen, wenn es im Studio aufgenommen worden wäre. Das gilt natürlich grundsätzlich für alle Live-Alben – weswegen ich noch nie ein großer Fan davon war.
Das Projekt „Mosaik“ ist also eine großartige Idee, die auch in vielen Aspekten gut umgesetzt wurde. Bleibt zu hoffen, dass Motrip zusammen mit Jimek ein Zeichen für Deutschrap gesetzt hat und dass sich der ein oder andere davon inspirieren lässt. Welcher Rapper würde denn nicht gerne sehen wollen, wie seine Musik in einer derartig aufwändigen Form umgesetzt wird?