Torky Tork und Doz9 haben sich erneut zusammen in einem Haus eingeschlossen, um Musik zu machen. Diesmal ging die Reise weiter als nach Brandenburg, wo sie ihr gemeinsames Debüt t9 aufgenommen haben. Das Duo hat sich auf Teneriffa abgesetzt, um Inspiration und Ruhe zu finden. Dabei hat die atlantische Strömung sicherlich etwas des Inselvibes auf die Platte gespült.
R.I.F.F.A. vereint das Duo erneut und damit Torky Torks schön-düstere Melodien und Doz9s konfuse Flows und nach vorne preschende Battle-Poesie.
Fans von intelligenten Reimketten und ausgeklügelten Metaphern werden von Doz9 auch diesmal nicht enttäuscht. Wenn der Berliner sich in „Tiff“ als Representant des „Oralfetischs deutscher Männer“ outet, entstehen Lines wie:„Muse küss die zarten Baguette Augenlieder“ – selten eine schönere Metapher für Oralsex gehört. Um weiter bei dem Thema Frauen zu bleiben, und eine wunderschöne Assonanz vorzuführen:„Meine Musen sind Mösen, diese Mösen sind Huren, nur gut riechende Blumen des Bösen“ – jeder mit einer Vorliebe für schönen Spracheinsatz wird bei dieser Aneinanderreihung weicher Vokale schwach. Auf jedem Track sind mehrere Lines, die einen zum schmunzeln bringen, weil sie so intelligent und dadurch charmant sind. Persiflagen auf unsere Soziokultur, konkreter Battle und alltäglich Belangloses verpackt in komplexen Lines verschmelzen mit dem Charme der Instrumentals.
Torky Tork schafft auf „R.I.F.F.A.“ weiche Soundbilder auf einer hart kickenden Bassline, gespickt mit träumerischen Samples. Die halligen Sounds versetzen einen auf das Albumcover, zwischen Bananenpalmen mit dem Blick auf rohe Felswände, wobei sich der Nebel abwechselnd verdichtet und wieder auflöst. „Meer und Himmel verschwimmen“ lyrisch, während der Flow mal mehr an leises Meeresrauschen und sprudelnde Gicht erinnern oder einem an anderen Stellen der Atlantikwind ins Gesicht peitscht.
Der kanarische Einfluss rahmt das Werk der Berliner dramaturgisch. Der erste Track „F.A.M.E.“, beginnt mit einem Regenschauer – verziert mit Flötengezirpe. Vor dem Inneren Auge siehst du exotische Vögel umher flattern und fleuchende bunte Insekten, die Unterschlupf vor dicken Regentropfen suchen. Die Hook von „F.A.M.E.“ ist ein richtig dickes Brett, unter dem jedes Tierchen trocken bleibt.
Die Sounds, die an Vogelgezwitscher erinnern, ziehen sich durch das ganze Album und sorgen dafür, dass man zwischen der rohen Raps immer wieder auf die Insel teleportiert wird.
Das Herz der Platte liegt, anatomisch korrekt, in der Mitte des Albums mit „Sehen“. Eine verträumte E-Gitarre plätschert auf der kickenden Base. Darauf folgend könnte man bei dem Titel „Irgendwas mit Welt“ einen sozialkritischen Song erwarten, aber die Intention liegt lediglich dabei, zu klären, dass die Welt zu verbessern eben nicht t9s Intention ist – sondern einfach Mucke machen.
Der Einsatz von Natur-Elementen zeichnet einen roten Faden: Torky vernebelt dir mit den sphärischem Klängen auf dem Track „Nebel“ die Sinne – aber keine Sorge, denn Sonne Ra nimmt dich an der Hand und wähnt dich in warmer Geborgenheit. So auch im Outro „Wellen“, wo sich Wasserrauschen an Lebensweisheiten à la „Hunde mit kurzen Beinen fangen schneller an zu stolpern in Eile“ anschmiegt.
Lächelnd und tiefenentspannt warst du gedanklich auf einer Terasse in Tene-„R.I.F.F.A.“ und bist nach diesem Kurzurlaub wieder gewappnet für den ganzen Rotz, den man jeden Tag zu erledigen hat. Wer abschalten möchte und sich auf ein wenig Kopfkino einlassen kann, hört sich R.I.F.F.A. an und feiert die ruhige, gelassene Mucke – ein Album ohne Party-Hits eben, um einfach mal tief ein und auszuatmen.
Man braucht sich nicht neu zu erfinden, um ein rundes Album zu machen und deswegen bleiben T9 die Boombap-Battle-Buddies, die sie sind. Das Duo schließt sich hoffentlich weiterhin zusammen in irgendwelche Hütten ein, um ihre Erfahrung musikalisch verpackt mit in die Zivilisation zu bringen. Gute Musik!