Wir schreiben das Jahr 2008. Letztes Jahr brachte Alpa Gun mit „Geladen und entsichert“ ein ordentliches Debütalbum. Nun bringt er dessen Nachfolger „Zurück zur Straße“. Das ist zwar nicht wahr, klingt aber so. Vor einigen Jahren wäre Alpas nunmehr siebtes Album kein schlechtes gewesen. Das ist es auch jetzt nicht. Es ist besser als letztjähriges Desaster „Ehrensache 2“, es hat mit Samra45 einen Sidekick, der gut performt – wie auch der Schöneberger selbst in manchen Momenten. Dennoch ist „Zurück zur Straße“ auch kein gutes Album.
Lassen wir die ganze Beefgeschichte außen vor, die dieser Tagen über Facebook und co. mit der 187 Strassenbande und Azad losgebrochen ist, nachdem Alpa Gun auf „Chaos“ gegen die Hamburger Bande geschossen hat. Es soll hier nur um die Musik gehen, und die klingt leider, als wäre Alpa in der Zeit stehen geblieben. Ich erwarte nicht von ihm, dass er auf Trap-Beats rappt, schließlich würde dies auch nicht passen. Aber mittlerweile gibt es so viele Rapper, die Straßenrap weitaus interessanter inszenieren. Vielleicht würde Alpa die als fake betiteln, dafür erzählen sie mir ihre Geschichten auf spannendere Weisen.
Denn jeder Song auf „Zurück zur Straße“ klingt, als hätte ich ihn schon einmal gehört – entweder von Alpa Gun selbst oder Straßenrapper XYZ. Das macht die Song jetzt nicht fürchterlich schlecht, aber komplett austauschbar, was vielleicht noch schlimmer ist. Es geht um Ehre, Geld, Familie und die Kripo, um seine Loyalität und die Verlogenheit der restlichen Rapszene und vor allem natürlich um die Straße. Dass sich thematisch bei Alpa nichts verändert hat, kann man ihm nicht vorwerfen, da es zu seinem Image als gerader Typ passt, und ist auch kein Problem. Doch man muss ihm vorwerfen, dass man, wie bereits gesagt, alles schon einmal gehört hat. Und das nicht in diesem, sondern vor einigen Jahren.
Die wenigen Highlights auf dem Album liefert zumeist Samra45, der als Energizer immer wieder Druck und Dynamik in die Songs bringt. In guten Momenten erinnert er stimmlich an den „Deutschland gib mir ein Mic“–Sentino anno 2004. Aber auch das ist mittlerweile über 10 Jahre her. Die anderen Jungs aus Alpas Umfeld liefern in den beiden Possetracks völlig okay ab. Die beiden namhaften Features Farid Bang und Massiv hätte man sich hingegen sparen können.
Die Produktionen auf „Zurück zur Straße“ schwanken sehr stark in ihrer Qualität. Alpa Gun typisch gibt es viele orientalische Klänge zu hören. Dennoch fehlt dem Sound ein klares Bild. Man pendelt zwischen Kopfnicken („Batzen“, „Game Over“) und Kopfschütteln („Blaulicht und Rotlicht“, „Mein Tag“). Zu viele Beats klingen danach, als ob sie einige Winter auf diversen Festplatten verbracht haben. Dort hätten sie auch bleiben sollen.
So bleibt „Zurück zur Straße“ ein Album, das seine guten Momente hat, insgesamt aber enttäuscht. Alpa Gun hat seine Geschichte schnell erzählt, da er es verpasst, sie dem Hörer auf eine Weise zu präsentieren, wie er sie noch nicht gehört hat. Kenne ich den Straßenrap der Nullerjahre, habe ich Alpas neues Album im Grunde schon gehört. Nur ganz ohne wohlige Nostalgie. Es ist ein bisschen wie einen Film zu gucken, den man bereits auswendig kennt. Man kann sich daran erfreuen oder langweiligen. „Zurück zur Straße“ weckt bei mir leider letzteres.