Berliner Rapper dissen und dabei klingen, wie Berliner Rapper, die wiederum versuchen, zu klingen, als seien sie aus Memphis? Kann man machen. Von Mord, Totschlag und Massaker erzählen und dabei aussehen, als hätte man Schlägereien bisher nur auf Worldstar gesehen? Kann man machen. Alle HipHop-Medien, mit denen man nicht geschäftlich verbunden ist, dissen, trotzdem dort stattfinden? Kann man auch machen. Wenn LGoony über Reichtum, Ice, Autos und Bitches rappen kann, dann kann er auch den Uzi Mob um sich scharen und klingen wie eine Symbiose aus M.O.R. und der Three 6 Mafia.
Ob man „Schreie aus dem Keller“ von Luis Lone, DJ Cruzifix, James Jencon und Yaesyaoh jetzt als Hommage, Persiflage oder dreistes Biting sieht, ist reine Auslegungssache. Eine ironische Brechung gibt es nicht, dass die edgy Beschreibungen von Morden und satanischen Ritualen ohne Augenzwinkern geschehen, kann man sich in Anbetracht der Vorgeschichte der Protagonisten dennoch schwer vorstellen. LGoonys Roots etwa liegen im Battlerap. Genau genommen ist LGoony das Alter Ego von Luis Lone und nicht andersherum. Von James Jencon und Yaesyaoh gab es bisher wenig breitenwirksames zu hören, auf dem Tape treten – entgegen dem Eindruck, den das auf Pen & Pixel getrimmte Cover vermittelt – aber alle relativ gleichberechtigt auf, wobei James Jencon auf jeden Fall das präsenteste Auftreten vorzuweisen hat.
Die ein oder andere Unstimmigkeit im Flow stört dabei nicht großartig. Wenn man nur bedenkt, wie ein Lord Infamous – Luzifer habe ihn selig – sich zuweilen über den Takt schleppte, dann hat das durchaus seinen Charme. Cruzifix‚ Beats rumpeln und scheppern, wie sich das gehört und Horrorcore-typische Samples geben dem ganzen einen düsteren Anstrich. Selbst der flüchtige, rohe Mix passt dazu.
Doch die drei rappenden Protagonisten erschöpfen sich von Song zu Song mehr. Dass immer nur das gleiche geredet wird, ist ja nicht unbedingt ein Problem – aber die Punchlines haben nur selten wirklich Witz und werden immer wieder von unmotiviert eingestreuten Horrorcore-Obligatoriken gestört. Der ein oder andere Cringe-Moment bleibt da leider nicht aus.
Immerhin funktionieren die Punchlines gegen HipHop-Medien und andere Rapper ganz gut. Danke, dass gerade mir ein saftiger Haufen in den Rachen gelegt wird – aber kein Ding. Alles in allem wirkt das doch ziemlich kompromisslos.
Etwas mehr Zeit und Mühe hätten dem Tape vielleicht gut getan. Man hört „Schreie aus dem Keller“ an, dass es innerhalb von vier Tagen entstanden ist. Die Ansätze sind aber stimmig: Der Sound transportiert eine ordentliche Portion Flavor und das schrille Geschrei des Trios kracht schön brutal durch die Kopfhörer. So richtig überspringen will der Funke trotzdem nicht, jedenfalls nicht über die gesamte Spieldauer. Zu wenig Interessantes, zu viel gewolltes Anecken versalzen leider die Suppe. Essen kann man sie trotzdem, wenn man sich bisschen dabei ablenkt geht sie gut runter. Fast wie James Jencons Scheiße.