Mortel – Wesh [Review]

Mortel ist ein talentierter Rapper, so viel vorneweg. Er besitzt eine prägnante Stimme, hat ein Gehör für Ästhetik und machte dieses Trap-Ding schon eine ganze Weile länger als manch anderer Deutschrap-Kollegen. Slots als Vorgruppe für die 187 Strassenbande bestätigen dies. Nun erschien am 1. Mai das kostenlose Mixtape „Wesh“. Thematisch drehen sich die 16 Tracks unter anderem um den Unterschied zwischen echten Freunden und echten Feinden, den Handel mit dem Rauschgift sowie um die eigene Sozialisation mit HipHop. Zwischendurch gibt es immer wieder Storytelling-Tracks, die dramatische Geschichten aus Mortels Umfeld erzählen.

Obwohl das Mixtape zumindest versucht, dem Hörer eine große Bandbreite an Thematiken zu bieten, bleibt von den knapp 50 Minuten Spielzeit kaum etwas hängen. Die Gründe dafür sind zum größten Teil hausgemacht: Es beginnt bei der Beatauswahl. Klar, die Produktionen von u.a. 2 Deep, X-Plosive und Phunc+Flek sind allesamt hochwertig, nur gleichen sie einander schlicht und ergreifend viel zu sehr. Mortel will es düster und atmosphärisch, was aufgrund der tiefen Stimme und der Inhalte auch Sinn macht, dennoch dürstet man spätestens ab der Hälfte der Spieldauer nach Abwechslung.

Ein Verlangen, das auch vom Rapstyle des Künstlers ausgelöst wird. Dass Mortel über eine gute Stimme verfügt, wurde weiter oben schon klar gestellt. Nur leider macht der Sohn einer kongolesischen Familie entscheidend zu wenig mit diesem Werkzeug. Über die komplette Länge wird, bis auf wenige Ausnahmen, der gleiche Flow in der fast immer gleichen Stimmlage genutzt. So etwas kann funktionieren und eine gewisse Individualität schaffen, wirkt in diesem Falle aber schlichtweg ermüdend. Zu sehr wünscht man sich, dass Mortel hier und da mal mehr Emotionen zeigt, lauter wird oder einfach mal eine Zeile anders betont – umgesetzt wird das selten, zum Beispiel auf „Pirate“.

Auch lyrisch wird „Wesh“ einfach nicht wirklich packend. Zu sparsam erzählt der Protagonist etwas wirklich neues, zu oft plätschern die Songs aufgrund von Standard-Phrasen und nur halbwegs knallenden Punchlines vorbei. Beispielhaft dafür steht der Song „Deja Vu“. Hier erzählt Mortel, wie er im Traum mit einer anderen Frau schläft, am Tag darauf mit einem schlechten Gewissen vor seiner eigenen leben muss und die Dame aus dem Traum später am Tag wieder trifft. Zitat aus dem Song: „Endlich vollkommen wach, hab den Traum schon fast vergessen/ Beweg mich Richtung Küche, der Magen braucht was zu essen/ Die Frau bereitet schon was vor, da ich gerne frühstücke/ Ich soll noch was besorgen gehen, paar Brötchen und das übliche“. Natürlich trifft er die andere Frau dann beim Brötchen holen in der Bäckerei. Auf der einen Seite kann man Mortel zugute halten, dass es authentischer und reduzierter kaum geht. Auf der anderen Seite klingen diese Zeilen einfach dermaßen nach vereinfachtem Klischee, dass der Geschichte die komplette Magie genommen wird.

In der Summe ist „Wesh“ ein Mixtape, bei dem trotz 16 Anspielstationen kaum etwas hängen bleibt. Man kann Mortels Style, und somit dieses Mixtape, durchaus als homogen beschreiben – oder auch einfach als langweilig. Bei mir trifft leider letzteres zu.