Weekend ist so etwas wie der Darling von Deutschraps Schwiegermutti. Er sieht aus, als könnte er keiner Fliege was zuleide tun und auch beim sonntaglichen Drei-Gänge-Raclette mit der Familie der Freundin macht die potentielle Schwiegermutter in spe dem verkaterten Lebensabschnittsgefährten der Tochter einen Tee, auch wenn oder gerade weil er vielleicht noch ein bisschen nach letzter Nacht riecht. Und da Weekends Leben, wie der Name schon vermuten lässt, nur am Wochenende wirklich geil ist, hat er nun einfach auch alle anderen Tage zum Wochenende erklärt und sein zweites Album „Für immer Wochenende“ gedroppt.
Man könnte sich jetzt wieder auf die totgekaute Diskussion einlassen und erst einmal akribisch überprüfen, ob man Weekend, der sich schon deutlich auf der „Gute-Zeit-Spaß-Infantilität-Unvernunft-Seite“ der Szene positioniert, überhaupt als echten Rapper bezeichnen darf (darf man, absolut!) oder ob das doch wieder zu viel Pop im Ohr ist, als dass auch die intolerantesten Ghettorap-Filmfahrer (heute läufts aber auch wieder mit den lexikalischen Aneinanderreihungen) seine Existenz legitimieren würden. Die erfolgreichen Teilnahmen an diversen Battlerap-Veranstaltungen in Weekends Lebenslauf sprechen da zumindest schon mal für ihn.
Und ja – Obacht! – es gibt keine schweren, fetten Beats, keine epischen Kinderchöre und keine Beleidigungen diverser Verwandter ersten, zweiten und dritten Grades. Wer wird denn da enttäuscht oder überrascht sein. Stattdessen melodische, zugegeben oft poppige Beats, die allerdings deutlich mehr Ecken und Kanten haben als noch auf dem Debüt, und viel, so scheint es – und darum geht es mir persönlich viel mehr – Realness! Der Herr Weekend erzählt uns in seinen neuesten 16ern, wie sich sein Leben seit dem ersten Album verändert hat, was er so treibt und was bei ihm so los ist, wenn er sich nicht gerade halbnackt auf dem Cover eines renommierten deutschen HipHop-Magazins räkelt. Und das kauft man ihm ab.
Weekend macht das schon nicht schlecht (auch wenn ich es ihm wirklich übel nehme, dass er vollkommen auf das Ding mit der Doubletime verzichtet) – jeden Strick, dem man ihm drehen könnte – ich denke da an Dinge wie „Junger Mann, du gehst stark auf die 30 zu, es wird Zeit für ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit, ein Einfamilienhaus und zumindest nen Hund!“ oder „Schatz, musst du heute wirklich schon wieder saufen gehen?“ oder auch an „Integrier dich mal ein bisschen mehr in die Szene, mach mal Fotos mit anderen Rappern auf hippen Feten, du Opfer!“ entknotet er mit einer Menge Geschick, weil er sich in seinen Tracks selbst sarkastisch damit auseinandersetzt. Clever. Flucht nach vorn quasi (eventuell heißt ja deswegen das Intro so – vermutlich aber eher wegen seiner Entscheidung, vom Sozialarbeiter zum Vollzeitrapper umzusatteln).
Kommen wir zum Resümee: Der Junge aus dem Pott liefert Summa Summarum ein zweites Album, das thematisch eine Weiterführung des ersten Streichs darstellt und keine absolut neuen Themen anschneidet, das aber durchaus Laune bereitet und bei dem ein oder anderen Grillen im Park oder einer Autofahrt bei schönem Wetter bestimmt gut funktioniert. Die Melodien und die eingängigen Hooks zum Beispiel von „Loser“ oder ‚Alles meins‚ gehen ins Ohr und entlocken auch den ein oder anderen Schmunzler. Ohne dass es brennt. Man kann jetzt selbstverständlich wieder meckern, dass es an bösartigen Beleidigungen fehlt oder auch, dass er sich nicht den omnipräsent schrecklichen Geschehnissen unserer Welt (den wirklich wichtigen Themen also) oder deeperen Gedanken annimmt und hingibt, aber man kann ja auch einfach mal die Schnauze halten und jeden Künstler das machen lassen, worauf er Bock hat. Steckt die nörgelnde Shotgun wieder ein. Ausnahmsweise. Morgen dann wieder was, worüber sich die Schwiegermutter (oder die Bildzeitung) empört.