„Unikat“ – ein Titel der Bände spricht- und verspricht. Mosh36 gab im Vorfeld keine Interviews, laut eigener Aussage, um das Album für sich sprechen zu lassen. Sein letztes Album Mixtape erschien 2013 und trug den Namen „BZ„, was für „Berlins Zukunft“ steht – wir haben 2015 und die Zukunft ist jetzt. Höchste Zeit, den Versprechen des Berliners auf den Zahn zu fühlen – wobei es mit „Unikat“ ja ein bisschen länger gedauert hat als ursprünglich geplant.
Vorneweg: Mosh36 ist nach wie vor ein hervorragender Rapper. Der treibende, energiegeladene Flow, die angenehme, glaubwürdige Delivery und der meist gelungene Balanceakt aus technisch anspruchsvollen Reimstrukturen und authentischen, nicht konstruiert wirkenden Formulierungen macht aus Mosh36 einen MC, an dessen Skills man kein schlechtes Haar finden kann. Als Mosh 2012 mit dem Video „Moshpit“ das erste mal größere Aufmerksamkeit zuteil wurde, lag das an den präzisen Flowpassagen gepaart mit interessanten Reimstrukturen und einer glaubhaften Stresserblick-Attitüde.
Auf all das ist „Unikat“ aber kein bisschen ausgelegt. Die Skills sind natürlich noch immer vorhanden – es wird zu keinem Zeitpunkt schlecht gerappt. Das erwartete Feuerwerk – schließlich läuft das hier unter „erstes richtiges Album“ – bleibt aber leider aus. Stattdessen werden mal mehr mal, weniger leicht verdauliche Aufhänger genutzt, um Plattitüden der Marke „Ohne Moos nichts los“ von der Leine zu lassen. Oder auf „Marty McFly“ eine nostalgische Zeitreise in Moshs die Kindheit vorgenommen – die es aber weitgehend vermeidet, zu persönlich zu werden. Stattdessen werden typische 80er und 90er Items aufgelistet.
„Es lief Scarface im Kino
auf einmal waren alle Al Pacino
Calippo-Eis, Münztelefone, Beeper, Motorola Telmi
Münztelefon, es gab noch kein Handy“
Inhaltlich wandelt Mosh zudem, gerade auf den ersten Anspielstationen, auf bestens bekannten Pfaden: Man muss sich irgendwie sein Para zusammen hustlen und das geht am besten durch den Absatz von nicht im freien Handel erhältlichen Genussmitteln. „Entweder Arschloch sein oder hard knock Life“ – geh deinen Weg, Bruder. Soweit, so bekannt. Immerhin legt er beim Schildern der Straßenrealität eine gewisse Kreativität an den Tag: Auf „Weißer Hai“ versetzt Mosh sich in die Rolle des Meeresräubers. Ob „Schutzmechanismus“ oder „Dillinger Gang„: Mosh und seine Jungs sind die besten, alle andern werden erschossen. Mit „Aphrodite“ gibt es die Laudatio an die schönste Frau im Club, mit der der Berliner sich einen Abend voller Annehmlichkeiten gönnt. Und so weiter. Fast jeder Song auf „Unikat“ lässt sich problemlos mit einem Satz zusammenfassen.
Und leider bewegt sich „Unikat“ nicht nur inhaltlich weitestgehend auf unspektakulärem Niveau, auch die Instrumentalisierung hält sich vornehm zurück. Außer dem atmosphärischen „Zirkel“ und dem „Ulf Koffer Song“ mit stilsicher gepicktem Saxophon-Sample in der Hook sticht kein Beat heraus oder bleibt hängen. Nicht, weil die Beats handwerklich schlecht produziert wären. Es fehlt einfach an Salz in der Suppe. Jeweils für sich betrachtet sind die Instrumentale nicht schlecht, auf Albumlänge klingt aber jedes einzelne austauschbar.
Mosh36 traut sich mit „Unikat“ zu wenig. Viel zu wenig, wenn man seine Fähigkeiten, die immer wieder durchblitzen, bedenkt. Das Album plätschert so vor sich hin – Mosh ist nicht gewillt, die Thematiken persönlicher zu gestalten. Mit all dem verschenkten Potential nicht viel mehr als ein gut gerapptes Album für nebenbei. Ein „Unikat“ jedenfalls nicht.