„Capimo“: Anfang Dezember 2018 war es soweit: Das von vielen heißersehnte Kollabo-Album von 385i-Künstler Nimo und Azzlackz-Rapper-Capo wurde offiziell angekündigt. Das Cover lehnt sich stark an die 1983 erschienene Neuverfilmung des damaligen Kinostreifens „Scarface“ an, was durchaus schon auf den Sound schließen lässt, der auf dem Album zu erwarten war.
Aber von Anfang an. Die erste musikalische Zusammenarbeit gab es auf dem Debüt-Mixtape des Rappers Nimo namens „Habeebeee“ im Jahr 2016. Dort steuerte Capo einen Feature-Part auf dem Track „Dolla Dolla“ bei. Ein Jahr darauf brachte der jüngere Bruder des Azzlackz-Oberhauptes sein zweites Studioalbum mit dem Namen „Alles auf Rot“ raus.
Darauf war auch die unheimlich erfolgreiche Single „Lambo Diablo GT“ zu finden, auf der Nimo gefeaturet war. Seit diesem kommerziell erfolgreichen Hit, der durchaus auch musikalisch zu überzeugen wusste, war es nur eine Frage der Zeit, wann die beiden ein größeres Projekt anstreben würden. Am 22. März 2019 hatte das lange Warten dann ein Ende. Doch können Nimo und Capo mit „Capimo“ die hohen Erwartungen erfüllen, die sie mit „Lambo Diablo GT“ unfreiwillig geschaffen haben? Naja, teilweise.
Nimo, Capo und die Frauen
Einstieg in das Album ist der Track „Planlos“, der soundtechnisch an die vorab veröffentlichten Singles anknüpft. Direkt im Anschluss kommt der Hörer dann das erste Mal in den Genuss, das Verhältnis zwischen den Rappern und der Frauenwelt zu beobachten. Das wird im weiteren Verlauf des Albums durchaus noch öfter der Fall sein. Auf dem angenehmen laid-back Soundbett, das sich gut in das Gesamtbild des Albums einreiht, wollen Nimo und Capo das Leben eines Königs führen. Die undankbaren Mädchen aber immer nur das Geld der beiden. Och.
Auch „Mon Chéri“ widmet sich dem Thema weibliches Geschlecht. Der Zuhörer folgt einem Film, der von einer Frau handelt, die zwar mehr als nur ein One-Night-Stand ist, allerdings auch nie so etwas wie Liebe zwischen dem Erzählenden und sich entfacht. Man kann der Geschichte von Dubai bis nach Paris folgen. Ein kleines, erstes Highlight auf dem Album, auch wenn der Track bereits seit November 2017 zugänglich ist.
Es geht ums Business
Nachdem die Affäre dann irgendwann doch beendet ist, widmen sich Nimo und Capo wieder dem Geschäft. Auf „Roadrunner“ ist Nimo „auf der Jagd nach Geld“ und „will Wohlstand“, wobei Capo sogar noch eine Sprosse höher auf der Leiter greift:
„Die Antwort auf die Frage: „Was wollen wir heute machen?“/ Wie wenn Pinky the Brain fragt/ Genau das, was wir jeden Abend machen/ Digga, der Plan ist und bleibt die Weltherrschaft“
In den darauffolgenden Tracks geht es wieder viel um Frauen und Sex. Mit „Shem Shem & Sex“ erreicht das Album inhaltlich seinen ersten Tiefpunkt. In „Leyla“ wird das betrunkene Paarungsverhalten zumindest ein wenig reflektiert und hinterfragt, allerdings nur recht oberflächlich: „Vielleicht mache ich ja Fehler, das gehört zum Leben (ja, ja)/ Aber bereuen tu ich später“. Ja, ja.
The good life – und sonst so?
Ein „Anderes Niveau“ wird aus meiner Sicht auch in den folgenden Tracks nicht erreicht. Viel zu oft steht auf dem Album die Repräsentation eines tollen Lebens, welches die beiden zu führen scheinen, im Vordergrund. Sie haben nämlich „so viel Sex, dass es nervig“ ist, aber scheiß drauf, „Das Leben ist nicht fair.“ Hauptsache, Capo wird am Ende reich.
Auf „Billy Jean“ gibt es zumindest einen kleinen Throwback, in die Vergangenheit, der daran erinnert, wie damals noch „Fahrräder gestohlen wurden“, „bald aber“ sind sie „Millionäre“.
Solotrack als Höhepunkt
Auf Anspielstation 10 findet man dann den einzigen Solo-Song der Platte mit „Wieviele Jahre“ von Capo, was für mich als persönliches Highlight heraussticht. Der Offenbacher erzählt unverblümt aus seiner kriminellen Vergangenheit in Frankfurt am Main mit straight gerappten Parts auf einem Beat, der trotzdem ins Gesamtbild passt:
„Wahre Storys aus Frankfurt am Main/ wo keiner bereit ist, sein Brot zu teil’n“
Wieder Zwischenmenschliches
Zu Ende des Albums geht es dann wieder um die zwischenmenschlichen Probleme mit dem weiblichen Geschlecht. Auf „Zoey“ lernen Nimo und Capo die gleiche Frau kennen, deren Spiel sie aber sofort durchschauen und ihr verständlich klar machen, dass sie „hässlich ist“ und „niemals eine Lady“ sein wird. Okay, is‘ gut jetzt. Ach nee, doch nicht. Es folgt ein weiterer Track, der nun den absoluten Tiefpunkt des Albums darstellt. Nicht mal mehr der tanzbare Beat versteckt den absoluten Nonsens, den „Mamacita“ mit sich bringt.
Allerdings schaffen es die beiden Künstler mit „Dunkel“ dann doch noch, dass man als Hörer mit einem guten Gefühl aus dem Album herausgeht. Es wird zwar erneut das Leben in der Stadt, die nie schläft, erzählt. Aber auf eine sehr angenehme Art und Weise, der man auch die weiterhin bestehende Verbindung zwischen den Künstlern und dem kriminellen Milieu abnimmt. Ein gelungener Closer für das nicht immer einfache Album.
Überzeugend, aber mit Schwächen
„Capimo“ weiß durchaus zu überzeugen, weist allerdings auch einige eklatante Schwächen auf. Zuhörer, die den Film verstehen, den die beiden hier fahren, werden vom eingängigen Sound begeistert sein. Der zieht sich wirklich von Anfang bis Ende als roter Faden durch und hat zudem einen hohen Wiedererkennungswert. Für die optimal ausproduzierten Beats waren SOTT, TG, Veteran, Zeeko, Denis The Producer, PzY, Lehvi und Maxe verantwortlich.
Das größte Problem des Albums sind die Themen der Tracks. Als Hintergrundmusik in der Shisha-Bar, im Auto oder als Tanzmusik im Club mag der eingängige Sound mit melodischen Hooks eventuell genügen. Aber sobald man sich bewusst auf die Musik konzentriert, ist man automatisch dazu gezwungen, das ein oder andere mal den Kopf zu schütteln und sich zu fragen, was die beiden einem hier eigentlich gerade erzählen wollen.
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