Savas und Sido auf einem Album? Das klingt erstmal nach einem echten Hammer – besonders für Rapfans wie mich, die Anfang des neuen Jahrtausends voll von der neuen Welle erwischt wurden, die da aus Berlin kam. Und SAV und S-I-D-O waren definitiv zwei der großen Helden dieser neuen Bewegung, die sich anschickte, Deutschrap vom Kopf auf die Füße zu stellen.
Allerdings durchaus recht unterschiedliche Helden. Savas perfektionierte früh seine Technik und vor allem seinen Flow und spuckte stets Feuer – jede einzelne Zeile platzte schier vor Hunger und Durchsetzungsdrang. Sido war dagegen eher der gemütliche Typ – ein witziger Straßenjunge mit nicen Sprüchen und guterzählten Geschichten. Technik war ihm seinerzeit nicht ganz so wichtig.
Aber der letzte Punkt hat sich in den vergangenen Jahren durchaus geändert – Sido legt 2017 deutlich mehr Wert auf Reimtechnik und ist in dieser Hinsicht inzwischen tatsächlich auf Augenhöhe mit Savas. Und das ermöglicht es „Royal Bunker“, als Album zu funktionieren. Denn in den seligen Gründerzeiten um die Jahrtausendwende wären Savas und Sido wohl zu unterschiedlich für eine Kollabo gewesen – 2017 aber passt das wie Faust auf Auge.
Faust – Auge
Stichwort Faust-Auge: Es ist ein ziemlich klassisches Battle-Album geworden. Fast jeder Song geht zum Angriff über und zerstückelt imaginäre Gegner. Namen nennen die beiden dabei keine – und das ist nicht der einzige zeitgeistige Trend, dem man offenbar nicht hinterherlaufen möchte. Auch musikalisch ist „Royal Bunker“ sehr klassisch gehalten: Harte, dicke Drums werden von gezielt eingesetzten, gerne melancholischen Samples ergänzt. Kann keinerlei Spuren von Trap enthalten.
Und deshalb ist „Royal Bunker“ ein klares Statement für zeitlose Qualitäten. Es geht halt auch ohne Promobeef. Und Trap-Beats und/oder Autotune-Hooks stehen anderen deutschen Rappern sehr gut zu Gesicht – hier wären sie aber eindeutig fehl am Platz. Begrüßenswert also, dass Savas und Sido bei ihren Stärken bleiben und auf größere Experimente verzichten.
Tell me a story
Bedauern kann man allenfalls, dass Sido seine größte Stärke, nämlich sein Talent fürs Geschichtenerzählen, auf einem Kollabo-Album nicht wirklich ausspielen kann. Dafür liefert sein klassisch-rauer, bodenständiger Berliner Humor ein gutes Gegengewicht zu Savas‘ nach wie vor treffsicheren Punchlines.
Sicherlich ist „Royal Bunker“ nicht die ultimative Blaupause für Deutschraps Zukunft. Das wäre auch etwas vermessen, den Auftrag hierfür hat die neue Generation selbst. Es ist aber ein starkes Rap-Album von zwei der prägendsten deutschen Rapper, die hier im Duett zeigen, das sich an ihrer Haltung genauso wenig geändert hat wie an ihren Skills. Und trotz der Tatsache, dass hier nicht auf original Westberliner Beats aus der Playstation gerappt wird, stellt sich durchaus so etwas wie eine positive Nostalgie beim Hören ein. Bei mir jedenfalls.
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- 22.11.2024 (Veröffentlichungsdatum) - Urban (Universal Music) (Herausgeber)