Im Norden nichts Neues – die 187 Strassenbande ist wieder in gewohnter Konstellation am Start und macht das, was sie am besten kann: Lauten, kredibilen Straßenrap mit Ecken, Kanten und wuchtigen Produktionen. Diesmal sogar wieder ohne die eigentlich obligatorische Deluxe Box und an einem Dienstag. Dienstag, dem 18.7. um genau zu sein. Auf Chartplatzierungen wird im Hause 187 also weiterhin getrost geschissen, verschenkt man mit diesem Move doch vermeintlich wertvolle chartrelevante Verkaufstage und Umsätze.
Die Kein-Fick-Attitüde, die seit jeher den Zauber der Hamburger Bande ausmacht, ist also ausgeprägter denn je. Schließlich kann man es sich leisten, ertrinken Bonez, Gzuz, LX, Maxwell und Sa4 doch mittlerweile regelrecht in Edelmetall-Auszeichnungen. Auch ansonsten ist alles beim Alten. Also wirklich alles: Am Erfolgsrezept der Strassenbande wurde nichts geändert. Keine Feinschraube wurde justiert, keine Experimente gemacht. Lediglich Bonez‘ Gesangsanteile sind etwas größer, was sich schon angesichts der eigensinnigen Interpretation von The Cranberries‘ „Zombie“ („Millionär“) als gute Entscheidung entpuppt. Neben dem hitverdächtigen Song erweisen sich auch andere Hooks, etwa der Singsang auf „Mit Absicht“, als fiese Ohrwürmer.
Ansonsten stechen eher wenige Songs heraus. Wenn sie es tun, dann weil der Beat etwas origineller ausfällt, wie es beim zweiten Song „Mit den Jungs“ der Fall ist. Der basiert lediglich auf böse klatschenden Drums und einer Bassline, bis sich ein schauriges Gesangssample dazu gesellt.
Ansonsten gibt es auch hier die gewohnte und grundsolide 187-Kost aus Synthies, 808s und Beatdrops, die die Spannung aufrecht halten. Inhaltlich passiert wenig Bemerkenswertes. Das heißt nicht, dass der vierte Sampler langweilig zu hören wäre, aber erzählt wird Altbewährtes. Andere Straßenrapper sind fake und scheuen jegliche Konfrontation, der lyrische Gegner wird bedroht, geschlagen und ausgeraubt und Kilopakete werden gepusht.
Das wird wie gewohnt pointiert und glaubhaft an den Mann gebracht. Ebenfalls glaubhaft und das wohl größte, wenn auch wenig innovative, Thema: Man hat es aus der Gosse an die Spitze geschafft, der Kontostand ist mehrstellig, der Preis für das, was ums Handgelenk geschnallt ist, auch. Das Geld bringt Frauen und falsche Freunde mit sich, aber man hat es den Pädagogen und Zweiflern gezeigt.
So kann Gzuz es kaum erwarten, bis der nächste Hurensohn ihn nach seiner Bonität fragt. Angesichts dessen, was die Hamburger mittlerweile gerissen haben, scheint auch das ein authentischer Einblick in die Lebensrealität der Jungs zu sein.
Den Bonez-Solotrack, der das Album schließt, hätte man so allerdings nicht erwartet. Auf ruhigen Klavierakkorden schwelgt Bonez in nostalgischen Erinnerungen und versucht ungläubig, seinen gegenwärtigen Status Quo zu fassen.
Die 187 Strassenbande hat für den „Sampler 4″ nicht an ihrer bewährten Formel herumgedoktort. Das war eine gute Entscheidung, gerade in Anbetracht dessen, dass das letzte derartige Projekt bereits eine ganze Weile zurückliegt. Die Ermüdungserscheinungen, die sich bei der Flut an 187-Releases einzustellen begann, wurde lässig mit der Hitwelle von „Palmen aus Plastik“ hinfort gespült.
So ist der vierte Sampler eine willkommene Rückkehr zu den Stärken der Bande mit Zahl. Wäre das Teil früher erschienen, hätte es durchaus sein können, dass eine Übersättigung einsetzt – so ist es aber ein willkommener und nahtloser Nachfolger für den dritten Sampler und serviert genau das, was die meisten erwartet und gehofft haben dürften.
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