Capo – Alles auf Rot [Review]

Mit „Alles auf Rot“ veröffentlicht Capo seinen zweiten Longplayer. Ich erinnere mich noch gut an den Release seines Debüts „Hallo Monaco“ 2013 und an diese eine Shindy-Line mit dem Kammerjäger und dem Schlangenleder auf „Ritz Carlton“. An viel mehr aber nicht so richtig. Vielleicht ein Fehler, vielleicht war die Zeit einfach noch nicht reif für den damals ungewohnt melodiösen Sound des Bruders von Hafti.

Inzwischen aber ist dieser Sound voll in Deutschland angekommen. Außerdem hat Capo auf „Alles auf Rot“ ein wenig Pop raus- und dafür ein bisschen mehr Street wieder reingenommen. Statt nur sein Luxusleben anzupreisen, geht er auch wieder dahin, wo es wehtut und stinkt.

Etwa im Intro:

„Hallo Deutschland! Ich stell‘ mich ma‘ vor
Mein Name Cem Anhan, bin in Germany gebor’n
Ich wurde groß in einem Hochhaus im M-Park
Zwischen Alkoholikern und Drogenhändlern
Was soll ich sagen? Hart war’n die Jahre
Vater lag unter der Erde, bevor ich „A“ sagen konnte
Und plötzlich stand Mama ganz allein mit ihren Jung’n
Drei Löwen ging’n auf Jagd für die Königin des Dschungels“

Der nachdenkliche, autobiographische Text lässt aufhorchen. Mal schauen, was da noch so kommt.

Und nach anfänglicher Skepsis stelle ich fest: WOW. Das Album packt mich, und das krasser als das erste. Endlich kein Mainstream-Trap mehr. Das ist mal ein cooler, anderer Sound. Das ist der „Lambo Diablo GT“. Spätestens ab da ist es mir dann auch egal, dass da textlich nicht mehr so viel Inhalt rumkommt. Der Vibe stimmt einfach, auch Nimo kann mich mit seiner einprägsamen Stimme mal wieder voll überzeugen.

Ein weiteres Highlight ist der Titeltrack des Albums. Der hat mich auch. Capos Stimme kommt da zusammen mit dem Autotune sehr gut zur Geltung. Der Text muss hier auch gar nicht auf Prezidents Komplexitäts-Niveau sein, um authentisch rüber zu kommen. Und stimmig sind die Bilder absolut… Roulette, Vollmond, Whisky auf Eis – das geht runter wie Öl.

Gegen Ende des Albums kommen dann mit „Mond“ und „Totentanz“ noch zwei sehr atmosphärische, nachdenkliche Texte:

„Mama, es tut mir leid
Ich schreibe mit Blut diese Zeilen
Ich hoffe, dass du mir verzeihst
Ich kam allein auf die Welt
Und werd‘ auch allein wieder geh’n“ („Totentanz“)

Das macht das Album rund und vielseitig – und versöhnt mich vielleicht sogar noch mit dem einem oder anderem Standard-Trapsong wie „Napoli“.

Es gibt auch wieder ein Feature mit dem großen Bruder, und zwar auf „Pagare Para Money“. Aber obwohl ich persönlich normalerweise sehr viel für Baba Haft übrig habe, finde ich dieses „schmuggel, schmuggel, schmuggel durch’n Tunnel“ irgendwie etwas deplaziert.

Insgesamt ist „Alles auf rot“ aber ein wirklich gelungenes Album geworden. Auf jeden Fall beweist der „Mainhattener“ Vielseitigkeit und hat seinen Soundentwurf weiter verfeinert. Capo hat es auf jeden Fall geschafft mich zu überzeugen – und auch „Hallo Monaco“ gebe ich nochmal eine Chance. Vielleicht war ich vor vier Jahren einfach noch nicht soweit.


Capo – Alles Auf Rot (prod. Bex, SOTT, Veteran & Zeeko) [Video]

„Roulette – Ich setz‘ alles auf rot.“

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