Ich wurde tatsächlich mehrfach gefragt, wann denn endlich ein neuer Wochenrückblick komme. Das hat mich echt gefreut, denn irgendwie dachte ich, dass kaum jemand sich für diese Kolumne interessiert. Die Aufrufzahlen sehen zwar immer ganz ordentlich aus, aber Feedback oder Diskurs gibt es kaum. Cool zu wissen, dass Leute sich auf diese Kolumne freuen. Grund für die ausgefallenen Ausgaben: Ich war im Urlaub. Deswegen gibt’s jetzt ein XXL-Super-Ultra-Special, in dem ich die letzten Wochen aufarbeite. Ich erhebe hier allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit – ich muss zwar sowieso alles nachhören, aber so viel Text will ich euch weder zumuten, noch selber schreiben. Deswegen visiere ich so etwa 1000 Wörter an und dann ist auch gut. Deal? Deal!
Anfangen möchte ich mit den wenigen Sachen, die ich schon mitgekriegt habe, während ich in Ägypten in der Sonne brutzelte bzw. später noch Freunde in Köln besuchte. An sich war ich zwar ziemlich froh, mal eine Auszeit von Rap nehmen zu können und es gelang mir überraschend gut, das Handy in der Tasche zu lassen, einiges wollte ich mir aber nicht entgehen lassen. Insbesondere für Nepumuks „Schland“ rannte ich wie von einer Hornisse gestochen umher, um das bestmögliche WLAN einfangen zu können.
Hustle for WiFi
Die Luk&Fil-Hälfte schießt treffsicher aus der Hüfte gegen Prezident, der ja aktuell… naja, sagen wir – ein bisschen freizudrehen scheint. Das nonchalante „Schland“ begegnet dem bissig, aber charmant unverkrampft. „Privilegierte brauchen scheinbar Illusionen, um weiche Drogen zu propagieren mit ihrem Whiskeyrap / Und das Glas ist nicht nur halbleer, sondern ’n bisschen rechts“ – Der WiFi-Hustle hat sich gelohnt. Auch für Massivs „Milieu“ habe ich mich um eine stabile Internetverbindung bemüht. Der Grund war nicht direkt, dass ich es nicht abwarten konnte, den Song zu hören. Aber ich wollte Gewissheit, woran ich nun bei Massiv bin. Schließlich fand ich „BGB X“ großartig, die letzten Songs aber grauenhaft. „Milieu“ bestätigte leider meine schlimmsten Erwartungen und konnte mich mit seinem fluffigen Sommerpop-Sound nicht mal bei 35 °C an einem Pool liegend abholen. Schade, Massiv. Bitte schrei mich einfach wieder an.
Dann habe ich noch die Ankündigung vom Casper x Marteria Kollaboalbum mitbekommen. Da hängt jetzt nicht unbedingt mein Herz dran, aber ich freue mich schon drauf. Die erste Single habe ich mir im Urlaub aber nicht angehört. Nach meiner Rückkehr aber. Ist echt nett alles. Schön locker, ungezwungen und hat den beiden hörbar viel Spaß gemacht. Wenn man sich die jeweils letzten Alben von Casper und Marteria anhört, scheint das den beiden echt gut zu tun, nicht dem nächsten Klassiker hinterher zu jagen und einfach mal den Kopf auszuschalten.
Komische Kombo…
Dann ging’s von Ägypten nach Köln. Der Flug gestaltete sich zwar reichlich beschwerlich und anders als geplant, aber nach einer keinen Odyssee und jeder Menge Unkosten kamen wir an. Bushido, falls du mir einen Gefallen tun willst, mach mit Small Planet und L’Tur dasselbe, was du mit Air Berlin gemacht hast. Schlachte sie und ich schreib dir die beste Review deines Lebens (ja, ich bin bestechlich). Stichwort Bushido: In Köln habe ich dann „Für euch alle“ mit Samra und dem seinem offenbar neuen Schützling Capital Bra gehört. Irgendwie will sich mir die Kombo nicht so recht erschließen. Bushido und Samra funktionieren zusammen hervorragend, „Hades“ war der Hammer. Aber Capital – zumindest mit seinem Singsang-Vortrag – will da in meinen Ohren nicht richtig reinpassen. Na mal schauen, was da noch kommt. Aus rein geschäftlicher Sicht war das jedenfalls ein hervorragender Schachzug des von bösen Zungen schon für halbtot erklärten Bu.
Dann habe ich mir noch das neue Seyed-Video reingezogen. Ich hatte gelesen, dass „UNO“ ganz gut sein solle und ein bisschen gehofft, dass es mir gefällt – schon einfach, damit ich sagen kann: „Doch, das taugt zum Beispiel“ und nicht als bornierter Hater dastehe, der Seyed ja schon aus Prinzip scheiße findet. Hat mir aber nicht gefallen. Ist wieder Schrott, nur halt in einer anderen Farbe. Technisch ist da zwar alles in Ordnung und die Produktion fällt recht hochwertig aus, aber dieses lieblose, austauschbare Trendhopping braucht kein Mensch. Den ersten gemeinsamen KMN-Song der ganzen Crew habe ich mir auch noch angehört, der löst aber irgendwie gar nichts bei mir aus. Absolute Standardkost, wobei Azet wie gewohnt einen starken Part abliefert.
Zu guter Letzt habe ich mir noch das ~super verstörende~ Yung Hurn Interview angeschaut. Soll wohl eine Art Racheakt für das letztjährige Interview darstellen, ist aber einfach nur unangenehm und peinlich für alle Beteiligten. Man bemerkt das Kalkül dahinter (übrigens auch von allen Beteiligten) direkt und so tut das Schmierentheater gleich doppelt weh. Dann lieber zum 100ten Mal Money Boy bei Joiz.
Naja, dann ging’s zurück nach Berlin. Ab hier wurde (und wird noch immer) nachgeholt, was das Zeug hält. Sind zwar Hausaufgaben, aber doch recht angenehme. Gerade nach der zweiwöchigen Rap-Pause habe ich auch Bock, mir alles reinzuziehen, was mir entgangen ist. Zum Beispiel das energiegeladene „Plötzensee“ von Brudi030, das es zwar soundtechnisch schon unzählige Male gab, aber mit Brudis Power und Hunger dennoch gut reingeht.
Top 3 verpasste Songs
Der stärkste Song, der während meiner Abwesenheit veröffentlicht wurde, war aber definitiv „Rhythm of the Night“ von Shadow030 und Haze. Der kalte, düstere Beat passt hervorragend zu beiden Protagonisten. Shadow präsentiert den bisher stärksten Part seiner Laufbahn und Haze liefert wie immer verdammt stark ab. Shadow ist ja auch generell ein Pferd auf das man setzen kann, hier übertrifft er sich in Sachen Power und Timing noch mal selbst. Sollte sich niemand entgehen lassen!
Ebenfalls ein absolutes Highlight: „ISSO“ von zwei der besten Duos die deutscher Rap zu bieten hat: Audio88 & Yassin tun sich mit Mädness & Döll aka der IUMB GbR zusammen und hauen einen gottverdammten Banger raus. Enakas wuchtige Produktion überrollt einen mit seiner wuchtigen Bassline, die bissig gleichgültige Attitude des Quartetts zündet hervorragend.
Um die Top 3 zu vervollständigen: Dissy hat mit „Sie kommen in der Nacht“ auch wahnsinnig stark vorgelegt. Der dreckige LoFi-Industrial-Sound kommt schon so richtig schön unbehaglich rein. Klingt wunderbar ekelhaft nach ungemütlicher, versmogter Großstadt. Dissy weiß genau, wie er diesen Moloch von Beat anzugehen hat – kein Wunder, ist selbst produziert – Rauchstimmen- und Vokuhila-Wunder Moat liefert die passend marode Hook. „Playlist 01“ darf gerne kommen!
1000 reicht dann auch…
Da ich schon an den 1000 Wörtern kratze und weiß, wie lesefaul wir doch eigentlich alle sind, finde ich nun lieber ein Ende. Die ganze Negativität lassen wir also für dieses Ausgabe mal weg – denn es kam auch jede Menge Schrott raus und noch mehr Zeug, das mich absolut kalt lässt. Statt aber jetzt darauf herumzuhacken, genieße ich noch meinen entspannten post-Urlaubs-Zustand und lasse Müll mal einfach Müll sein. Außerdem habe ich ja schon genug rumgemotzt.
Nur um auf Nummer sicher zu gehen: Das heißt nicht, dass alles, was jetzt nicht erwähnt wurde, Müll oder uninteressant ist. Aber sind halt drei Wochen Rap aufzuholen, also war das hier einfach das, was mich besonders angesprungen oder begeistert hat. Nächste Woche können Themen dann ja wieder ausführlicher besprochen werden. Also: Adieu!