Gerard – Verspielt und ein bisschen verspult

rap.de: Einen verbindenden Faktor gibt es aber doch, auch wenn jeder von euch seine ganz eigene musikalische Herangehensweise hat. Nämlich einfach vom Gefühl her, das ihr vermittelt.

Gerard: Von der Attitude her, ja. Das stimmt auf jeden Fall. Aber musikalisch ist es eben doch ganz anders. Und das ist auch schön. Auch die Texte, die Thematiken sind ganz andere. Vom Flow her ist es auch was ganz anderes. Das finde ich sehr schön, damit fällt auch ein bisschen der Konkurrenzkampf weg, denn man denkt sich, wenn du dein Produkt geil machst, dann ist das geil, aber das ändert nix daran, dass ich meins in meiner Richtung auch geil machen kann. Und keiner kann daherkommen und sagen, das klingt jetzt genau wie der. Das ist der Vorteil von diesem Hype, der langsam so entsteht. Unsere Generation macht vielleicht nicht den Fehler, der beim Gangsta-Rap-Boom gemacht wurde, dass es eine Handvoll Rapper gab, die den Sound geprägt haben und eine Masse, die genau dasselbe gemacht haben. Nur, weil ein Casper oder ein Marteria in ihrer eigenen Richtung Erfolg haben, gehen wir nicht auch in dieselbe Richtung. Ich zumindest orientiere mich eher an der Arbeitsweise und dem Drumherum, dem Konzept, dass man merkt, das ist alles ein rundes Ding. Von den Pressefotos bis zu den Videos, dem Outfit und dem Logo – wie etwa bei Casper. Kleine Dinge, die ich vor drei bis vier Jahren nie bedacht hätte. Aber jetzt merke ich auch, dass man das richtig geil machen kann. Image klingt immer so negativ oder ist negativ behaftet. Aber ein Image an sich kann auch gut sein, wenn es nicht aufgesetzt ist, sondern deine Persönlichkeit nach außen greifbarer macht. 

rap.de: Wie eine schicke Jacke.

Gerard: Zum Beispiel. So wie diese Jacke, die ich anhabe. Die dann der Stickle nachgekauft hat, innerhalb von drei Stunden (Gelächter).

rap.de: Bei diesem neuen Hype ist ja auch relativ schwierig, etwas zu kopieren, weil es ja alles so dermaßen individuelle Ansätze sind, dass es gar nicht funktioniert.

Gerard: Naja, ich habe vorher mit den Juice-Redakteuren gesprochen und ihnen gesagt, dass ich das an diesem Hype toll finde, aber die haben noch eine andere interessante Sichtweise reingebracht. Die meinten, das kommt alles noch. Das ist jetzt noch so am Anfang, aber irgendwann in ein, zwei Jahren gibt es dann wieder diese graue Masse, die nach Casper klingt.

rap.de: Das glaube ich persönlich nicht, weil der Unterschied der ist: Die Gangsta-Rap-Formel war im Prinzip sehr einfach und simpel. Casper oder Marteria hingegen verfolgen kein Schema F, das man einfach mal eben so kopieren und in Massenproduktion herstellen kann. Individualismus, was diesen Style prägt, ist einfach schwer zu kopieren.

Gerard: Hm, stimmt schon. Das merke ich mir. (grinst)

rap.de: Wie weit bist du denn mit deinem neuen Album?

Gerard: Ich habe ja eigentlich gleich nach "Blur" angefangen. Davon habe ich aber auch viel wieder verworfen. Jetzt sind wir so bei sieben oder acht Songs, wo schon Konzepte, Beats und Texte stehen, teilweise sind sie auch schon aufgenommen. Die sieben bleiben auch. Das Ziel ist, es im Frühjahr 2012 fertig zu haben. Und dann schauen wir mal, worüber es rauskommt. Mitte des Jahres, also nach der Tour, wird es erscheinen.

rap.de: Das heißt, ihr verfolgt einen längerfristigen Plan.

Gerard: Genau. Das ist mir sowieso immer wichtig. Das ist alles so gewachsen. Das erste Album hat nur Leute in Österreich interessiert. Das zweite Album dann schon, durch die Juice-Review, auchwelche  in Deutschland. Dann kam das Pi-Ding – es ist alles so schön organisch gewachsen.

rap.de: So kann es gerade weitergehen, wa?

Gerard: Genau. Wir sind dabei, ein Team zusammenzustellen. Die Produzenten, die genau wissen, wie Gerard-Sound klingen sollte. Fürs Visuelle haben wir einen Fotografen und Videomenschen. Live habe ich einen, der das mitkonzipiert. Damit man nicht alle Dinge zu hundert Prozent selber plant, das geht einfach nicht, weil sonst keine Zeit mehr für andere Dinge bleibt. Aber es soll so sein, dass sie immer Input geben und ich das wie ein Dirigent leite und entscheide, was man dann letztendlich für das große Gesamtbild benutzt.

rap.de: Du behältst die Fäden in der Hand

Gerard: Genau. Und wir halten es auch familiär. Aber wenn etwas passt, verschließen wir uns auch nicht nach außen. Es muss nur richtig passen. Nur weil jemand einen großen Namen hat – wenn das nicht passt, auch wenn der Beat meinetwegen geil ist, dann machen wir das nicht. Wir bekommen auch teilweise Beats, die schon cool klingen, auf denen du dir aber auch jeden deutschen Rapper vorstellen könntest. Die sortieren wir gleich aus. Wenn du die ersten paar Takte hörst, musst du dir gleich denken, ah, das wird wahrscheinlich Gerard sein – unabhängig davon, wie du es dann findest. Wenn es dann überhaupt nicht funktioniert, ist es wenigstens ein Ding, auf das wir stolz sein können. (Pause) Aber ich glaube, es funktioniert (grinst).