Greckoe

rap.de: Hast du noch Kontakt zu deinen ehemaligen Chefs, B-Tight und Sido?

Greckoe: Wenig. Klar, hin und wieder schreibt man sich, wir sind ja alle vernetzt, bei Facebook und so. Aber sonst gibt es wenig Kontakt, sage ich ganz ehrlich. Wir hatten eine coole Zeit zusammen, haben viel gearbeitet. Man darf das, was ich anfangs gesagt habe, auch nicht falsch verstehen. Ich bin denen krass dankbar und weiß es zu schätzen, was sie für mich gemacht haben. Ich vergesse nicht, wer mir die Tür geöffnet hat. Die sind verantwortlich, dass ich überhaupt die Möglichkeit habe, jetzt so ein Album rauszubringen, und dass Leute daran Interesse zeigen. Von daher würde ich auch nie ein schlechtes Wort über die in den Mund nehmen. Es gab einfach Sachen, die nicht cool waren und dann verläuft sich das im Sande. Wir hatten eine coole Zeit, an die ich mich sehr gerne erinnere, aber jetzt geht jeder seinen eigenen Weg, jeder macht sein Ding, jeder ist gerade glücklich. Ich jedenfalls, ich habe mein eigenes Umfeld, okay, das hatte ich immer schon, aber jetzt betreiben wir zusammen ein Studio, mit Butch und Azyl. Es hat sich alles herauskristallisiert, die Strukturen und wer mit wem.

rap.de: Also kein Groll? Du hast dir einfach selber etwas aufgebaut?

Greckoe: Genau, kein Groll, kein Hass. Einfach nur ein Kapitel, das abgeschlossen ist. Das bedeutet immer, dass das nächste Kapitel beginnt. Ich sehe das einfach positiv. Ich versuche sowieso immer, mir die positiven Dinge herauszuziehen. Aber es klingt krasser, als es ist, wenn du sagst, ich hätte mir was Eigenes aufgebaut. Ich habe kein eigenes Label, habe auch nichts angemeldet. Ich habe das Studio, das ich mit meinen Jungs betreibe. Damit das alles auch einen Namen hat, haben wir uns eben Aus Dem Nichts Entertainment genannt. Als ich dazu eine Pressemitteilung herausgegeben habe, hieß es, ich hätte ein Label gegründet. Was technisch nicht richtig ist. Wir haben ein Studio zusammen gebaut, jeder hat ein bisschen was investiert, Damit wir einfach unabhängig arbeiten und dem Kreativprozess freien Lauf lassen können.

rap.de: Wo veröffentlichst du dann "Scheinwelt", wenn du selbst kein Label hast?

Greckoe: Ich habe ja auch ein paar Leute kennen gelernt. In diesem Fall habe ich einfach die guten Strukturen von Woroc genutzt. Der feiert das Album und bringt es auf OneMillion Berlin raus. Dafür bin ich ihm krass dankbar, er hat mir jetzt in den letzten Zügen viel geholfen.
 

rap.de: Du hast eben schon angedeutet, dass sich das Motiv "Scheinwelt" wie ein roter Faden durch dein Album zieht.

Greckoe: Es sind alles Songs, die man auf den Titel beziehen kann. Es steht alles in diesem Kontext, Scheinwelt. Das war mir wichtig. Ich wollte auf keinen Fall ein Album machen, auf dem 17 Songs drauf sind, die alle eine abgespacete Story wie "Hokus Pokus" haben. Aber trotzdem sollte das Thema der einzelnen Songs etwas mit dieser Scheinwelt zu tun haben. Wenn man sich in jemandem getäuscht hat, zum Beispiel, wie in dem Song mit Hengzt und Serk. Es sind alles Songs, bei denen man auch nachdenken kann.

rap.de: “Scheinwelt“ steht also dafür, hinter die Fassade zu blicken?

Greckoe: Genau. Noch ein Beispiel: "Immer wenn es regnet". Das ist ja so eine Sache, es gab ja schon mal einen Song über Amokläufe. ("Amok Zahltag“ von Kaas – Anm. d. Verf.) Der ist nach hinten losgegangen, seitdem weiß man, dass das ein bisschen heikel ist. Ich habe aber diesen Song noch nie gehört, ich schwöre dir. Ich würde ihn voll gerne mal hören, aber man findet ihn nirgends. Wenn ihn jemand hat, bitte schick mir den. Ich hatte aber unabhängig davon die Idee zu diesem Konzept: Einen Amoklauf aus der dritten Person darzustellen, ich als Beobachter eines natürlich fiktiven Szenarios. Man bewegt sich halt auf dünnem Eis, man kann ganz leicht Leuten auf den Schlips treten, ich will ja auch die Angehörigen nicht verletzen. Aber ich habe es ja ganz bewusst so gemacht, dass du Verständnis für den Amokläufer entwickelst. Du empfindest zuerst Mitleid mit ihm und ertappst dich dabei, wie du auch mit ihm sympathisierst. Du denkst dir, der arme Junge, ist doch klar, dass der irgendwann austickt. Ich möchte damit so etwas aber nicht rechtfertigen. Es ist eher ein Appell oder ein Weckruf. Denn das passiert jeden Tag an den Schulen, dass einer gemobbt wird, ich habe das selber miterlebt. Ich möchte wie gesagt nicht kleinreden, was diese Leute getan haben, ich verurteile das auch. Aber Fakt ist, wenn man sich den Song anhört, wird es dem einen oder anderen schon unangenehm aufstoßen, dass man sich dabei ertappt, zu verstehen, was er da gemacht hat. Das führt zwangsläufig dazu, dass man sich selber hinterfragt. Das ist für mich Kunst, das gehört dazu. Man eckt damit an, aber man soll ja auch darüber nachdenken und sich einen Kopf machen.