Toni der Assi

rap.de: Warst Du schon Mal im Knast?

Toni der Assi: Ja.

rap.de: Für wie lange?

Toni der Assi: Für zwei Monate in Serbien. Das war das einzige Mal und das war wegen Wehrdienstverweigerung und Dokumentenfälschung. Das war krass.
 

rap.de: Aua. Das war bestimmt kein Spaß in Serbien wegen Wehrdienstverweigerung im Knast zu sein.

Toni der Assi: Ja, das war sehr hart für mich. Das hat mich sehr geprägt. Hier in Deutschland hab ich den Knast nie gesehen, außer mal ´ne Nacht in der Ausnüchterungszelle, was auch kein Ding ist, aber das in Serbien war ein Brett für mein Leben, weil ich zum Schluss psychisch krank war.
Beim Kartenspielen musste sich der Verlierer immer 'ne Kippe auf der Haut ausdrücken. Jeder will die Psyche des andren anknacksen. Ich hab zum Schluss nur noch verloren. Irgendwann bin ich morgens aufgewacht und mein Arm war mit sechzig, siebzig Brandwunden übersäht. Ich hab mir noch gedacht: “Das hat gar nicht wehgetan.“ Bei den letzten dreißig hab ich gar keinen Schmerz mehr gespürt und hab dann gemerkt, dass man das nicht mehr spürt, wenn man psychisch krank wird.
Ich glaub, man kann den Schmerz ausschalten. Ich hab ihn nicht durch Kampfsport oder Hass ausgeschaltet, sondern durch wirklich psychisches Leiden.
Das war ne harte Zeit. Wo ich da raus gekommen bin, bin ich nach Deutschland, habe mir meine Kanaken angeguckt und jeder hat nur Scheiße erzählt; welche Nike-Airs und was für ein Video, was von Holland rüber kommt und wer Zuhälter ist. ich hab mir nur so gedacht: “Ach Gott, Jungs, geht es uns hier gut“.

rap.de: Wie lange hat dieser Geisteszustand angehalten? 

Toni der Assi: Es prägt mich heute noch, aber es verfliegt schnell, wenn es dir wieder besser geht. der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Ich hab dann wieder gut gegessen, zu hause, hab dann wieder normale Leute um mich gehabt, man lacht. Vergisst. Die Wunden sind verheilt.
In gewissen Zeiten soll es mir eine Lehre sein, denn ich bekomme tagtäglich Anfragen ins Haus, Dinge zu machen, die ich nicht sollte. Man spielt mit dem Gedanken, noch besser leben zu dürfen und noch weniger dafür zu tun. Dann schiebe ich immer ein paar Joker in meinen  Kopf hin und her, wie zum Beispiel den Knast oder meine Mutter. Das hält mich am Boden und gibt mir mehr Kraft, um sie in Hip Hop zu investieren, wobei ich daraus nie im Leben Kapital schlagen will, denn dazu ist Hip Hop zu sehr am Arsch in Deutschland.
 

rap.de: Trotzdem hast Du ein Album gemacht. "Ghetto 3D“ heißt es, hast Du ja vorhin schon mal erwähnt. Worum geht es da?

Toni der Assi:“Ghetto 3D“ hört sich schon mal sehr “yo,yo,yo“ an, sehr Ghetto-Kanaken-Trend Teil drei – aber nein. Ich hab in letzter Zeit sehr viele 3D-Filme gesehen und ich dachte mir, da will ich mein Leben einfach mal 3D-Toni machen. Gibt es Ghettos, gibt es keine Ghettos? Wenn es so was gibt, wie sehen die aus? Das sind die Gedanken, die ich mir gemacht habe.
Es ist mehr der Tagesablauf eines jungen Mensch wie mir, der in der Unterschicht groß geworden ist. Ich rede über den alltäglichen Struggle, ich rede über Beziehungsprobleme, über Geschäfte, über Familienstreit, über Politik und Kultur, über Viertel, über Straßen, aber ich prahle nicht so viel. Ich rede darüber, wie eklig das ist, wie sich der Junkie die Spritze in den Hals setzt und du willst dir nebenan 'nen Döner kaufen. Du siehst ein kleines Kind ins Gebüsch laufen und zehn Minuten später folgt ein älterer Mann. Das ist Ghetto, das ist Straße, das ist ASI! Es muss nicht immer: “Yo, der dicke Benz steht da, die Kette um den Hals“. Mit “Ghetto 3D“ will ich einfach sagen, dass nicht jeder ghetto sein muss. Ihr könnt euch die Brille anziehen und durch mich reinhören, was ich erlebt habe.
Das ist mein Rundum-Blick, den ich jeden Tag habe!

rap.de: Vielen Dank für dieses Gespräch.