Toni der Assi: Ja, auf jeden Fall. Das merkt man jeden Tag. Jetzt könnte man wieder in die Finanzen reingehen. Ich sag dazu immer “Volksverdummung“, weil das Volk gar nicht mitbekommt, was mit den Geldern passiert. Ich informiere mich. Ich bin nicht einfach nur der Assi. Ich guck Dokumentationen, die aktuellen Schlagzeilen, Kopfnachrichten und ich finde, es ist einfach 'ne Volksverdummung, wenn auf VOX ein Hund an den Hoden operiert wird. Dann schaltest du um und 'ne Kuh wird künstlich befruchtet.
Warum fragt keiner, warum in irgendwelchen Parks die Lampen kaputt sind und nicht repariert werden, durch den ein Kind morgens zur Schule muss? Warum hat die Stadt das nicht repariert, aber Angela Merkel rettet irgendwelche Wale in der Nordsee.
Mir tut es einfach weh, wie Gelder und Sachen verteilt werden, und ich glaube, diese Gruppierungen sehen das genau so. Man will sich mal ein bisschen zurückziehen.
Das ist wie, wenn du 'ne Wohnung hast und du kommst nach der Arbeit nach Hause. Dann bist du der Chef in deiner Wohnung und lebst dein Leben so aus, wie du das willst.
Diese Gruppierungen haben ihr Clubhaus, haben ihre Regeln und sagen: “Okay, wir gehen unseren Arbeiterweg, aber danach leb ich mein Leben als Rocker, als Toni der Assi, als sonst wer.“.
rap.de: Man muss sich ja nicht bei Pro Sieben und VOX informieren. Wo informierst Du Dich, wo recherchierst Du?
Toni der Assi: Auf der Straße und ich guck mir viele Nachrichten an. Ich mein, du findest überall suggestive Werbung. Wenn du auf die Straße gehst, siehst du den Marlboro-Mann. Du siehst überall “Kauf mich!“, “Fick mich!“, “Iss mich!“. Deswegen heißt mein Album auch “Ghetto 3D“.
Überall ist Werbung, das kostet dann 50.000 Euro so eine Plakataktion und nebenan ist ein Jugendhaus, was zugemacht hat, weil die Sozialarbeiterstellen gestrichen wurden.
Ich bin hier groß geworden, ich bin hier aufgewachsen, ich bin hier geboren. Ich fühle mich hier super, alles schön und gut. Ich nehme mir dann auch das Recht, über sozialkritische Sachen in diesem Land zu reden. Ich kann jetzt nicht über Serbien oder über Jugoslawien reden. Ich bin hier geboren.
rap.de: Wie lange rappst Du jetzt eigentlich schon? Man hat ja den Eindruck, dass man erst in den letzten drei, vier Jahren verstärkt von Dir hört.
Toni der Assi: So seh ich das auch, aber eigentlich bin ich ein Guru in der Hip Hop-Szene. Ich habe in den 90ern angefangen, mit Torch, Cora E, Stieber Twins. Jeder kennt mich und ich kenn alle. Ich war in den größten Breakdance Crews, ich war in Kreuzberg und hab’ gegen Flying Steps getanzt. “Battle Of The Year“ haben wir gewonnen, national und international. Ich bin heute noch in der größten Graffiti-Crew, TPM aus Heidelberg mit Scotty.
rap.de: Wenn Du jetzt von diesen alten Hip Hop-Verbindungen erzählst, dann stellt sich mir noch mehr die Frage, die mich die ganze Zeit beschäftigt hat, als ich Dein Video gesehen habe. Warum musste die serbische Flagge in Deinem Video auftauchen? Das Tolle an der Hip Hop Szene war doch immer, dass sie nie nationalistisch war. Es gab doch diesen Grundsatz: Egal woher Du kommst, es ist cool, wenn du fresh bist.
Toni der Assi: Muss ich Dir absolut Recht geben. Und ich erinner mich gerne an alle Old School-Jams zurück. Keiner wusste wo der andere herkommt, es war eine Community, es war eine Kultur. Leider hat sich Hip Hop verändert, die Leute haben sich verändert. Auch Breakdance und Graffiti haben sich verändert, es gibt heute mehr Quantität als Qualität.
Wenn ich heute Videos mache, dann spreche ich auch ganz andere Leute an, mit Nationalstolz. Es ist momentan eine Brennpunktkultur. Rapper werden heute von Autotuning-Fans, Hooligans und Rockern, sprich von tausenden verschiedenen Genres gefeiert oder auch nicht. Das ist ganz komisch. Ich kenn Leute in einer Bank, die mich feiern. Ich kenn Leute in U-Haft, die Musik hören, ich kenn Künstler und Doktoren, vielleicht auch Homosexuelle, die meine Musik hören. Die Fahne war jetzt kein Muss. In dem Video waren die verschiedensten Nationen vertreten, von Deutschen bis Afrikanern und ich hätte auch gerne jede andere Fahne gesehen.