Rakaa

Rakaa Iriscience ist der Mastermind der Dilated Peoples. Während Evidence und DJ Babu erfolgreiche Solokarrieren haben, hinkt Rakaa hinterher. Seit gut zwei Jahren kündigte er sein Album "Crown Of Thorns“ an und nichts passierte. Jetzt ist er mit seiner Single "Deliah“ und seinem Album auf Decon Records am Start. Wir wollten wissen, was bei Rakaa los war, und was er von seiner Zusammenarbeit mit dem Berliner Killa Hakan erwartet.

rap.de: Gleich vorweg die Frage: Wer ist Deliah?

Rakaa: Deliah war die Frau Samsons und eine starke Frau. Die Philister haben sie bestochen, um an die Quelle von Samsons Stärke zu kommen. Deliah ließ sich auf den Handel ein. Samson vertraute Deliah an, dass seine Stärke in seinem Haar liegt. Also sorgte sie dafür, dass Samson die Haare abgeschnitten wurden. Gott gab Samson aber seine Kraft zurück. Mein Titel selbst richtet sich an eine bestimmte Person. Gleichzeitig spricht er eine Vielzahl von Erlebnissen an, die ich in der Vergangenheit hatte. Wie auch immer. Die Frau, über die ich in dem Song spreche, weiß, dass ich sie meine. Auch wenn wir uns schon ausgesprochen haben.

rap.de: Du bist der Mastermind der Dilated Peoples und hast dein Soloalbum schon vor zwei Jahren angekündigt. Jetzt bringst du es aber über Decon, wo Chali 2na, welchen man durchaus mit dir vergleichen kann, auf die Schnauze gefallen ist. Was ist los?

Rakaa: Ich würde mich selbst nicht als den Kopf der Dilated Peoples bezeichnen, wobei ich schon derjenige bin, welcher darauf achtet, dass die Gruppe auch wirklich ihren ursprünglichen Kurs beibehält. Bei allem, was ich gemacht habe, hatte ich ein Auge auf die Gruppe. Bei mir konnte man die Gruppe als ganzes oder auch einzeln buchen. Mein Album ist fertig und wird im Sommer erscheinen. Was Chali 2na betrifft, verstehe ich die Frage allerdings nicht ganz. Wir sind komplett verschieden und sein Album entsprach den Erwartungen. Wenn jemand von ihm gehört hat, er wolle eine Million Alben verkaufen, dann ist er auf die Schnauze gefallen. Mir hat Chali 2na erzählt, er wolle ein Album ganz auf seine Art machen. Das ist ihm gelungen.

rap.de: Mit “Crown Of Thorns” stellst du das oft angesprochene “Platform”-Konzept von Dilated Peoples wieder in den Vordergrund. Während sich Evidence nach außen hin von der Gruppe emanzipiert, scheinst du damit deine Schwierigkeiten zu haben. Worin unterscheiden sich eure Solokarrieren?

Rakaa: Mein Album bedeutet Emanzipation, denn Emanzipation heißt nicht, von einem Extrem ins nächste zu fallen, sondern die Freiheit zu besitzen, machen zu können was man möchte. Evidence’ Solostücke stehen genauso wie meine im Kontext zur Gruppe. Unsere Alben sind verschieden wie es unsere Textinhalte schon immer waren. Unsere Karrieren sind wie ein Stammbaum mit seinen eigenen, individuellen Zweigen. Evidence hat nie etwas anderes gemacht als Babu und mir beim Abschluss unserer Projekte zu helfen, genauso wie wir ein Ohr für seine Projekte haben. Wir haben uns spürbar auf unsere Arbeit konzentriert.

rap.de: Du hast zusammen mit Killa Hakan aufgenommen, um dich an die Türkei heran zu tasten. Bereitet es dir als US-Amerikaner und Sohn eines Pfarrers zugleich nicht Unbehagen, die muslimische Welt zu betreten?

Rakaa: Eigentlich könnte es mir egal sein, da ich Respekt und Anerkennung für den wahren Islam halte. Menschen, welche die heilige Schrift für ihre eigenen Zwecke missbrauchen, legen mir keine Stolpersteine in den Weg. Wahrheit ist Wahrheit und Bosheit ist Bosheit und das auf allen Ebenen des menschlichen Lebens. Ich bin weder Botschafter des Glaubens meines Vaters noch irgendeiner Kirche. Ich spreche für mich selbst und ehre die himmlische Kraft, welche in uns allen steckt. Ich kann es kaum erwarten, türkischen Boden zu betreten, mit den Leuten abzuhängen und neue Brücken zu bauen. Von allem, was ich gehört und gesehen habe, muss die Türkei ein toller Ort sein.

rap.de: Die Welt hat Obama so verehrt, dass eine Priester gefragt hat, wer denn hier der eigentliche Herr sei. So im nachhinein: War der Rummel um Obama übertrieben?

Rakaa: Politischer Rummel ist immer übertrieben. Obama zeigt, was sich geändert hat, aber auch, wie viel sich noch ändern muss.

rap.de: Wie war deine Reaktion, als Obama Anwar al-Awlaki auf die Todesliste setzte?

Rakaa: Ich war nicht sonderlich überrascht.

rap.de: Hat ein Mensch das Recht, über den Tod eines anderen zu entscheiden, und was unterscheidet Obama dabei von den Richtern der Todeszellen?

Rakaa: Ich weiß nicht, wer Menschen dazu befähigt, andere staatlich finanziert hinzurichten, aber viel unterscheidet sich seine Anweisung nicht von den Todeszellenkandidaten. 

rap.de: Du hast viele internationale Kontakte. Weshalb hat der Posse-Cut "Ambassador Slang“ ausgerechnet einen asiatischen Touch?

Rakaa: Ich habe einen gemischten Hintergrund, welcher jedoch stark von meiner asiatisch-stämmigen Mutter geprägt ist. Ich wollte einen Titel aufnehmen, welcher dieser Abstammung gerecht wird und eine Brücke von den USA nach Asien bauen. Also lud ich Tasha Reid von Yon Mi Rae, Tiger JK von Drunken Tiger sowie Tablo und Mithra Jin, beide von Epik High aus Korea, Roscoe Umali und Jay Jaballas von den Philippinen, Tassho Pearce aus Hawaii, Dumbfoundead aus Korea-Stadt, und Chiefsons aus LA von Big Ryzn und Moshpit und zu guter Letzt King Kapisi aus Neuseeland und Samoa dazu ein. DJ Honda hat den Titel produziert, und es entstand eine internationale Party mit Aussagekraft.

rap.de: Man kannte dich zuerst als Iriscience. Jetzt stellst du deinen echten Namen, Rakaa, immer mehr in den Vordergrund. Nervt es dich, wenn jemand wie Davey-D nach all den Jahren den Namen Iriscience noch immer nicht richtig aussprechen kann?

Rakaa: (lacht) Rakaa, das ist mein echter Name. Davey-D kenne ich schon wahnsinnig lange, und noch nie konnte er Iriscience richtig aussprechen. Wir lachen oft darüber, blödeln vor der Kamera, stehen über das Internet in Kontakt und treffen auch sonst oft aufeinander. Noch nie hat er den Namen richtig hinbekommen. Vor zwei Wochen hat er mich in Texas interviewt und wieder hat er es vermasselt. Wir sind Freunde, und damit hat sich die Sache zu einem Selbstläufer entwickelt. Ich bin ihm auch nicht böse. Lustig, dass du die Sache ansprichst. Ein Klassiker!

rap.de: Die Produzenten und Features auf deinem Album präsentieren eine vergangene Generation, die der Indies und Backpacker. Was hat dich dazu bewogen, diesen Schritt zurück zu gehen?

Rakaa: Machst Du Witze? Eine vergangene Generation? Worauf beziehst du das? Sie sind Künstler einer vergangenen Generation wie du ein Vertreter ihrer Generation im Journalismus bist. Ich gehe keinen Schritt zurück, sondern jage nur nicht dem aktuellen Trend hinterher. Für jeden, der einen neuen Künstler erwartet, ist Fashawn mit dabei. (lacht) Ich habe lediglich die Musik aufgenommen, welche zu mir passt und entsprechend die Künstler darauf abgestimmt. Dabei bin ich nicht nur auf eine bestimmte Generation von Künstlern zugegangen.

rap.de: Gibt es trotz allem noch Künstler, mit denen du gerne etwas aufgenommen hättest, was aber nicht geklappt hat?

Rakaa: Oh ja, ich wäre gerne einen Schritt zurückgegangen und hätte mit den Beatminerz gearbeitet. Wir haben auch schon angefangen, an etwas völlig Verrücktem zu arbeiten, sind nur nicht rechtzeitig fertig geworden. Dafür gibt es in Zukunft bestimmt mehr von uns zu hören. Dann wären da noch Fishbone, Bad Brains, Jay Electronica, Nneka, die Beastie Boys und natürlich Rick Rubin.

rap.de: Was kommt als nächstes nach deinem Album?

Rakaa: Erst einmal ist “Crown of Thorns” angesagt. Evidence veröffentlicht “Cats & Dogs”. Im Sommer setzten wir uns zu einem neuen DilatedPeoples-Album zusammen, welches hoffentlich 2011 erscheint. Babu hat nach “Duck Season 3” sein “The Beat Tape Vol. 2” am Start.

rap.de: Vielen Dank für das Interview.