Little John

Kleinwüchsigkeit ist ein Problem. Meistens allerdings für diejenigen, die nicht kleinwüchsig sind, aber auf Kleinwüchsige treffen. Wie geht man mit ihnen um? Was darf man fragen? So richtig ignorieren kann man das ja nicht.
Little John war Bauarbeiter und ist nun Skater, Stuntman sowie Werbeträger für eine große Rucksackfirma und hat offensichtlich wenig Probleme mit seiner Körpergröße. 
Das ist ganz gut, denn so konnten wir uns relativ unbefangen über die professionelle Karriere eines Selbstdarstellers, der etwas anderen Art unterhalten.
 
 
rap.de: Du reist derzeit durch ganz Europa. Gefällt es dir?

Little John: Ja, es ist wirklich unglaublich für mich. Die Landschaft ist wirklich beeindruckend, und ganz anders als in Kalifornien, wo ich herkomme. Dort ist alles trocken und wie ausgestorben.

rap.de: Ist das dann so eine Art  "Augenorgasmus“, wenn Du das hier alles siehst?

Little John: Ja, das kann man sagen. Die Landschaft hier ist wie ein hübsches Mädchen, bei dem man dann einen Augenorgasmus bekommt.

rap.de: Ich habe jetzt leider nicht so viele Information im Netz über Dich gefunden. Bist Du professioneller Skater oder Schauspieler?

Little John: Nein, ich bin kein Berufs-Skater. Ich bin schon immer viel Skateboard gefahren und hatte auch schon Sponsorings von einigen Firmen wie United Board Shop, aber irgendwann wurde mir das zuviel. Ich wurde immer mehr unter Druck gesetzt, musste mehr und mehr Sachen machen und irgendwann habe ich mich dann beim Skaten verletzt und am nächsten Tag musste ich dann trotzdem arbeiten. Das war der Moment, wo ich herausgefunden habe, dass die Priorität mehr auf der Pflicht als auf dem Spaß liegt.
Ich meine, ich mache immer noch Werbung, wie beispielsweise für die eastpak-Rucksäcke und alles, was in Richtung dieses kommerziellen Skatens geht.
Ich werde oft als Stuntman gebucht. Wenn Kinder überfahren werden sollen oder so, dann springe ich ein. Ich wurde mit dem Skateboard in Autounfällen für TV-Serien gefilmt. Da bin ich dann teilweise in die Frontscheiben geschleudert worden. Das war ganz lustig. Oder wenn ich nackt durch die Stadt fahre für eastpak. Lauter solche Sachen.

rap.de: War das für Dich unangenehm, nackt zu skaten?

Little John: Nein, das ist eigentlich kein Problem. Ich bin zufrieden mit meinem Körper. Ich bin da ganz entspannt. Mir macht das Spaß, solche Sachen machen zu können.

rap.de: Wie reagieren die Menschen auf Dich?

Little John: Manche Reaktionen sind teilweise richtig lustig. Viele Leute winken zurück, wenn ich ihnen zuwinke. Ich zeige den Leuten gerne, wenn ich sie hübsch oder sympathisch finde und außerdem zeige ich ihnen auch, dass mich meine Kleinwüchsigkeit nicht belastet. Die Leuten denken, der kleine Typ im maßgeschneiderten Speedoanzug und Rucksack, der ist verrückt. Die starren mich an, aber das ist okay. Ignorieren können die mich nicht.

rap.de: Hast Du keine Angst, dass Du dann so als Freak verkauft wirst?

Little John: Ich denke nicht, dass das was mit Freaksein zu tun hat. Ich denke sie sehen in mir eher was wildes, was unkonventionelles. Genau um zu zeigen, dass ich kein Freak bin, winke ich den Leuten ja zu, sage "Hi!“ und mache, was ich halt machen muss, um zu zeigen, dass man mich akzeptieren muss.
Mir macht es teilweise auch Spaß denen Angst einzujagen. In München war ich mal skaten und ein kleiner, 3-jähriger Junge verfolgte mich. Der war total glücklich und der Vater war total stolz und er gab mir highfive und er hat sich gefreut, dass sein Sohn mich so akzeptiert, obwohl ich offenkundig anders bin.
Ein paar Leute wollten mir auch Geld geben, weil sie dachten ich würde so eine Straßenvorführung machen, obwohl das ja so eine Werbeaktion war. Manchmal kommt das so rüber, wie versteckte Kamera aber ich glaube, es zeigt vielen, dass ich den Mut habe, viele verrückte Dinge umzusetzen.

rap.de: Woher nimmst du dieses Selbstvertrauen und diesen Mut?

Little John: Ich war schon immer enthusiastisch und ziemlich wild als kleines Kind. Da rannte ich auch schon immer nackt rum. Also bringt der Job gerade diese Kindheitserfahrungen zurück, weil ich hier wirklich so sein kann, wie ich als Kind war – und ich muss mich eben nicht so verhalten, wie es vorgeschrieben ist, mit strikten Regeln und so.
Meine Eltern haben mich auch so erzogen. Mein Vater ist 1,95 groß, meine Mutter 1,75, meine beiden Schwestern sind 1,83 groß, ich bin der einzige Kleinwüchsige in meiner Familie und ich habe einfach Lust hier in Europa, die europäische Kultur kennen zu lernen. Immerhin habe ich ja auch europäische Wurzeln. 

rap.de: Woher stammen Deine Eltern?

Little John: Aus Holland. Ich war leider noch nicht da, aber ich will da unbedingt hin, schon weil meine Eltern dort geboren sind.

rap.de: Und natürlich weil man dort kiffen darf… als was sind Deine Eltern tätig?

Little John: Mein Vater ist Bauarbeiter und ich habe mir den Arsch aufgerissen, um ihm bei der Arbeit zu helfen. Ich wollte das auch unbedingt machen, aber mein Vater meinte: „Du kannst dich ausleben! Mach einfach was du kannst und verdien dein Geld damit, dass du klein bist.“ Also habe ich beschlossen, Kapital aus meiner Körpergröße zu schlagen und mach auch richtig gut Geld damit. Ich reise viel, sehe die Welt…. Nicht nur Europa. Ich war neulich in Hongkong, in Toronto. Ich war in Abu Dhabi und durch so ziemlich alle 50 Staaten der USA.
Es ist großartig, durch die Welt zu ziehen und dabei gefilmt zu werden. Sachen zu machen. Nicht nur Promotionszeug. Ich habe zum Beispiel auch verkleidet in den „Resident Evil“ Filmen mitgespielt. Ich mach auch sonst Stunts in Filmen, nicht nur Skateboard. Ich springe von Häusern für Fernsehwerbungen und so was.

rap.de: Was ist Deine Meinung zu "Zwergenwerfen“? Ich hab irgendwann mal so etwas gesehen und fand’s echt schrecklich!

Little John: Ich hab mal in einem Film mitgespielt, "Ball Zone“ hieß der, von den Machern von American Pie und ich hab darin den kleinen Bruder der Hauptdarstellerin gespielt. Da gab’s dann diese Szene, in der ich total besoffen auf einer Party war, überhaupt keinen Spaß hatte und dann so Leute kommen, die mich hochheben und rumwerfen.
Ich finde es eigentlich nicht beleidigend, weil ich selbst ja auch schon große Typen rumgeworfen habe. Die haben mich dafür engagiert und meinten: "Hey, wir möchten, dass Du unseren Freund hier in einen Pool mit Gelatine wirfst.“ Ich hab schon jede Menge seltsamen Kram gemacht und es macht mir halt sehr viel Spaß. Mir ist es total egal, was die Leute denken, ich find gut, was ich mache.

rap.de: Gibt es denn etwas, dass Du niemals machen würdest?

Little John: Hm… Pornos! Ich würde in keinem Porno mitspielen! Aber alles andere, was vielleicht etwas krank ist, zum Beispiel nackt durch eine Szene zu rennen, würde ich wieder tun. Da hab ich auch keine Angst, dass irgendwer den Part rausschneidet und auf einer anderen Seite hoch lädt.
Hier auf der Tour gibt es viele Leute, die mich fragen, ob sie Fotos von mir für ihren Skateshop machen dürfen. Da muss ich dann leider absagen, weil, weil ich halt für Eastpak arbeite.

rap.de: Hast Du Dich je als Mensch mit Behinderung gefühlt?

Little John: Nein! Ich bin sehr athletisch, wenn mir etwas zu hoch ist, finde ich immer eine Möglichkeit daran zu kommen. Wenn ich es selbst nicht schaffe, dann frage ich halt jemanden um Hilfe, bedanke mich nett und gehe einfach weiter.
Ich war nie an einem Punkt, an dem ich mich behindert oder anders als der Rest gefühlt habe. Meine Eltern haben mich sehr liebevoll erzogen. Mein Vater meinte immer zu mir, ich sei eine große Person in einem kleinen Körper.

rap.de: Wie regiert die Skatewelt auf dich?

Little John: Die "Skatewelt“? Ich weiß nicht genau, ich werd’s merken wenn ich zurück in die Staaten gehe.

rap.de: Und wie bist Du zum Skateboarden gekommen?

Little John: Äh… Ich skate seit ich 16 Jahre alt bin. Alle meine Freunde waren Skater, so dass ich es dann auch unbedingt versuchen wollte. Meine Freunde meinten dann auch erst, ich sollte es lassen und ich würde mich verletzen und so… Aber skaten ist halt meine Alternative zum Arbeiten auf dem Bau, was für mich ja schon ziemlich anstrengend ist, weil die Sachen aufgrund meiner Größe in der Regel doppelt so schwer sind, wie für größere. Die Leute kamen dann ja auch zu meinem Vater und machten ihn an, nach dem Motto: "Du lässt ihn hier für 10 Dollar die Stunde schuften“ und jetzt mach ich mit dem Skaten mehr, als ich jemals auf dem Bau machen könnte.

rap.de: Wie lang hast du als Bauarbeiter gearbeitet?

Little John: Zwischen 16 und 20. danach habe ich als Schauspieler gearbeitet, die letzten vier Jahre.

rap.de: Gibt es eine größere Rolle auf die wartest?

Little John: Derzeit nicht, nur das eastpak-Ding. Ich mach derzeit auch Promotionarbeit für Filme und reise als Fashionfigur durch die US-Staaten und Kanada.
Das letzte was ich gemacht habe ist Scare Tactics. Das läuft auf den Sci-Fi-Channel mit Tracy Morgan als Host und ich bin eben eine von den Figuren, die den Leuten in der Öffentlichkeit Angst einjagt und sie so quasi verarscht. Ich verstecke mich da in Räumen, als Monster verkleidet und erschrecke sie, in dem Moment, in dem sie es am wenigsten erwarten. Das ist sehr witzig.
Ich kann das auch machen, weil meine Knochen trotz meiner Kleinwüchsigkeit die relative Größe von normalen Knochen haben. Ich kann mich also normal bewegen und ich bin nicht wie andere Kleinwüchsige in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und ich habe deshalb auch nicht so viele Verletzungen.

rap.de: Könntest Du Dir vorstellen, politisch für Kleinwüchsige aktiv zu werden?

Little John: Nein, nicht wirklich. Ich mach das nur für mich. Ich kannte keine anderen Kleinwüchsigen, bevor ich mit der Schauspielerei angefangen habe, weil meine ganze Familie ja groß ist. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich mein Ding mache. Meine Freunde sagten mir immer: "Du bist lustig, Du hast Mut, also geh da raus und zieh Dein Ding durch.“ Dadurch konnte ich mich selbst verwirklichen.
Das Ding, was ich mache ist ja wirklich bisschen wie Jackass. Ich kenn auch Wee Man und bin mit ihm befreundet. Er sagte mir auch: "Mach einfach dein Ding!

Mein persönliches Vorbild ist aber Travis Pastrana von Nitro Circus und wenn ich mit ihm auftreten könnte, wäre ich der glücklichste Kleinwüchsige der Welt. Ich liebe nun mal Stuntwork und verrückte Dinge.
Es ist der Versuch den Menschen zu zeigen, dass man total durchgedrehte Dinge machen kann, wie eben nackt mit einem Rucksack auf dem Rücken durch die Stadt zu fahren.
Das macht mich sehr glücklich und ich fühle mich erfolgreich im Leben. Das ist durchaus ein Vergnügen.

rap.de: Wir sind ja eine HipHop-Seite … was hörst du für Musik?

Little John: Ich höre HipHop, alle Eminem-Album, dazu Warren G, Snoop Dogg, Dr. Dré … das ganze Zeug. Wenn ihr mich für ein Musikvideo braucht, ich bin sofort da. All over the world.

rap.de: Wer ist dein derzeitiger Lieblingsrapper?

Little John: Eminem.

rap.de: Was hälst du vom neuen Eminem-Album?

Little John: Ich liebe es. Dieser "Not Afraid“-Song motiviert mich wirklich und bringt mich dazu, das zu machen, was ich machen will. Ohne Angst eben.

rap.de: Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

Und das ist die Action, live und direkt aus Berlin: