R.A. The Rugged Man

Der deutschstämmige Amerikaner namens Ryan Andrew Thorburn kam im Februar als letzten Termin seiner Tour nach Berlin. Sein letztes Werk "Legendary Classics Vol.1" ist eine Zusammenstellung verschiedener Kollaborationen und erschien im Oktober 2009. Der Rapper arbeitete schon mit vielen großen Stars wie The Notorious B.I.G., Mobb Deep, Wu-Tang Clan, Jedi Mind Tricks, Sadat X, Prince Paul oder Company Flow zusammen und geniesst großen Respekt. Trotz allem gehört er zu den kontroversesten Figuren im Rapzirkus, denn obwohl er schon mit 18 Jahren einen Majorvertrag bei Jive Records unter dem Pseudonym Crustified Dipps unterschrieb, schaffte er nie wirklich den ganz großen Durchbruch.
In den 90er Jahren wurde er sogar aufgrund seines schockierenden und teilweise schon gewaltsamen Verhaltens gegenüber seiner Fans und der gesamten Musikindustrie von allen Labels und von den A&Rs geradezu verbannt.
Trotzdem geniesst R.A. großen Respekt in der Szene.
Neben seiner Karriere als Rapper schreibt der Film- und Kinofachmann auch Kolumnen und Artikel für verschiedene Zeitschriften (Mass Appeal, Vibe, The Source) und wirkte an mehreren Drehbüchern des Regisseurs Frank Henenlotter mit ("Sick in the head", "Love is hell", "Bad Biology"). Wir trafen den "jungen und ekelhaften" Rapper in der ehemaligen Parteizentrale der sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und sprechen über Filme, Wahrheit und Pussys.



rap.de: Du bist ja dafür bekannt, dass du machst, was du willst. Würdest du dich als kompromisslos bezeichnen?

R.A. The Rugged Man: Ich mache einfach, was sich für mich richtig anfühlt und niemand wird mich dazu bringen, etwas zu machen, was nicht richtig ist. Wenn sich was nicht richtig für mich anfühlt, dann kann man mich auch nicht dazu zwingen, diesen Scheiß zu machen. Ich bin ein Mensch, der weiß was er will und niemand wird mich nicht dazu bringen, irgendwas zu tun, weil die meisten einfach ungebildete Idioten sind. Sie wissen nichts über HipHop, sie wissen nichts über mich, sie wissen gar nichts.
Du willst mir sagen, was ich zu tun habe, aber warum sollte ich dir zuhören? Ich bin ein erwachsener Mann. Niemand kann mir was erzählen, was ich noch nicht weiß.
Wenn wir über HipHop sprechen, was will man mir neues erzählen? Wenn mir jetzt jemand seine Meinung zu irgendwas mitteilen möchte oder mir irgendetwas geschichtliches erzählt, was nicht so bekannt ist, dann ist das ok, dann höre ich zu. Aber man kann mich nicht belehren oder zu irgendeinem Scheiß zwingen.

rap.de: Hattest Du jemals das Gefühl, dass dich jemand zu irgendwas gezwungen hat?


R.A. The Rugged Man:
Nein, nie. Ich erinnere mich an keine einzige Situation, in der ich etwas getan habe, was ich nicht wollte. Ich habe mich auch für nichts entschuldigt, nur weil mein Vater das wollte, zum Beispiel. Vielleicht halte ich mir irgendwann eine Waffe an den Kopf oder stecke sie mir in den Mund und tue was dummes, aber im Moment ist alles in Ordnung.

rap.de: Wer sind denn eigentlich "die“, von denen Du sprichst.

R.A. The Rugged Man: All die negativen Leute. Das kann ein ganz normaler Mensch auf der Straße sein, der mir sagt, ich soll ihm aus dem Weg gehen oder mich in der U-Bahn schubst. Das kann aber auch eine riesige Firma sein, die zerstören will, was ich mir aufgebaut habe. Das kann sogar jemand sein, den du liebst. Alle, die dir sagen, was du tun sollst. Nein, ich mache so einen Scheiß nicht! Außer vielleicht bei Frauen, da könnte ich Kompromisse schließen.
Meistens liegen Frauen nämlich falsch, sie glauben aber, dass sie Recht haben. Sie glauben nicht an Fakten, sie glauben nur daran, was sich in ihrem Kopf abspielt. Deshalb ist das Leben manchmal einfacher, wenn man die Schlampe glauben lässt, dass alles cool ist. Dann fickt man die Nacht mehrmals und fühlt sich einfach gut, weil man zusammen ist…
Vielleicht schließe ich mit dem anderen Geschlecht deshalb manchmal Kompromisse. Dann geht es ihnen gut und ich muss mich nicht mit ihrem Gelaber auseinandersetzen. Das mache ich nicht oft, aber so das ein oder andere mal schon.

rap.de: Aber gehört es zu einem friedlichen Zusammenleben nicht dazu, dass man Kompromisse schließt und eben auch mal zur Seite geht, wenn einen jemand auf der Straße darum bittet?

R.A. The Rugged Man:
Wenn jemand “Bitte” sagt, ist das gar kein Problem. Ich bin ein höflicher Mensch. Wenn du mich freundlich darum bittest, mache ich dir Platz. Wenn jemand respektvoll mit mir spricht, habe ich keinen Grund dazu, mich ihm gegenüber nicht auch respektvoll zu verhalten. Wenn jemand mit "Fuck You!“ anfängt, mach ich’s nicht. Ich bin kein fünfjähriges Kind. Wenn sich etwas für mich falsch anfühlt, tue ich es einfach nicht.

rap.de: Hast du längere Zeit das Gefühl gehabt, respektlos behandelt zu werden?

R.A. The Rugged Man: Jeder auf der Welt wird mal mit Respekt und mal ohne Respekt behandelt. Vielleicht kommt jemand zu mir, sagt ich bin ein Stück Scheiße und verhält sich damit respektlos. Dafür sagt dann jemand anderes, dass ich der beste Rapper aller Zeiten bin, was dann sogar noch mehr ist, als bloßer Respekt.

Egal wen man da nimmt, ob jetzt Frederico Fellini oder den Mittelgewichts-Champion Bernard Hopkins: Es wird immer jemanden geben, der ihnen keinen Respekt entgegen bringt. "Fellini saß zu sehr auf seinem eigenen Schwanz, der war viel zu selbstfixiert, als dass er ein guter Filmemacher hätte sein können“ – worüber reden die Leute da? Er war ein guter Filmemacher! Aber du wirst immer jemanden finden, der etwas schlechtes über eine großartige Person sagt.

Bernard Hopkins war der beste Mittelgewichts-Champion der Geschichte und Leute sagen, dass er scheiße ist, weil er das und das nicht gemacht hat. Jeder, der lebendig ist, wird mal respektlos behandelt. Wenn man älter wird, begreift man, dass man nicht zuviel davon persönlich nehmen sollte. Wenn mir früher jemand den Mittelfinger gezeigt hat, hab ich ihm eine Glasflasche auf den Kopf geworfen. Wenn man erwachsen ist, muss man niemandem mehr die Zähne austreten oder ihn öffentlich lächerlich machen. Wenn du jeden zusammenschlägst, der dich nicht respektiert, wärst du jeden Tag für den Rest deines Lebens damit beschäftigt. Du kannst nicht jede respektlose Person auf der Welt zerstören, auch wenn das manche versuchen.
Manche Soldaten, Regierungen, Diktatoren und Menschen in der Geschichte haben das versucht, aber das führt zu nichts.

rap.de: Du hast das auch versucht?

R.A. The Rugged Man
: Nein. Ich bin ein guter Mensch. Ich bin ein guter, hart arbeitender, aufrichtiger Mensch. Ich bin aufrichtig, das ist das einzige, was ich verdammt noch mal bin und das ist auch das, was mich am meisten verletzt hat, in meinem Leben.

rap.de: Ist es schwierig, immer so aufrichtig zu sein?

R.A. The Rugged Man:
Es WAR schwierig. Niemand will die Wahrheit hören. Die Welt möchte belogen werden. Die Leute wollen das erzählt bekommen, was sie hören wollen und wenn man ihnen nicht genau das erzählt, was sie hören wollen, dann hassen sie dich. So ist die Welt. Wenn du ihnen nicht ganz genau das erzählst, was sie hören wollen, dann bist du der Böse. Sie wollen die Lügen hören, sie wollen den Fake-Shit, sie wollen an das glauben, an was sie sowieso schon glauben und sie wollen nicht, dass man ihnen irgend etwas anderes erzählt.
Wenn man die Wahrheit erzählt, dann hat man halt manchmal sehr, sehr viel mehr Feinde, als wenn man einfach Lügen erzählen würde. Wenn du lügst, dann hast du alle möglichen gottverdammten Freunde auf der ganzen Welt. Erzähl ihnen, was sie hören wollen und die Welt wird dich lieben. Wenn du ihnen die Wahrheit sagst, dann werden sie dich hassen. 

rap.de: Mit welcher Art von Wahrheit, hast Du richtige Probleme bekommen?

R.A. The Rugged Man:
Nun, als ich zum Beispiel die Wahrheit übers Musikgeschäft erzählt habe oder über Plattenfirmen. Über Leute, die uns zurückhalten, oder uns Steine in den Weg legen. Wenn du Dinge über bestimmte Firmen und bestimmte Leute in Machtpositionen erzählst oder wenn du über jemanden sprichst, der anscheinend populär ist… alles was gegen den Mainstream ist, dann will das kein Schwanz hören. Das ist Fakt.

rap.de: Findest Du, dass die ganze Industrie und die ganzen Stars fake sind, oder gibt es irgendjemanden, den Du respektierst?


R.A. The Rugged Man:
Nein, natürlich ist nicht jeder fake in der Industrie.
Ich glaube auch, dass es da einige Leute gibt, die true und real sind und wirklich gut sind, oder auf der anderen Seite, wenn sie böse sein wollen, dann auch wirklich böse sind.
Es gibt mit Sicherheit auch Leute, die von Waffen sprechen und dann auch wirklich zu dir nach hause kommt und dich abknallen. Es gibt auf jeden Fall auch richtig echte Menschen im Game.

rap.de: Wen magst Du im Game?

R.A. The Rugged Man:
Jetzt im Augenblick vom Rap her?  Ich habe ein bisschen Sean Price auf seiner Tour gehört. Ich finde diesen Jay Electronica ganz gut, auch wenn ich finde, dass er ein bisschen von Killah Priest beeinflusst ist.
Aber es ist auf jeden fall cool, dass es einen populären Rapper gibt, der mal wieder ein echter Lyricist ist. Das ist gut. Das tut der ganzen Sache gut.

rap.de: Glaubst Du, dass diese "lyrical“-Sache wieder zurück kommt?

R.A. The Rugged Man: Keine Ahnung. Es gibt auf jeden Fall jede Menge lyrische Typen im Untergrund und jede Menge davon auf der Straße.
Wenn man jetzt vom Massengeschmack ausgeht, dann ist es definitiv nicht mehr das „"yrische“ Element, nachdem gerade gesucht wird.
Man sagt ja immer, so wie man in den Wald hineinschreit, kommt’s auch wieder zurück und je mehr Geld in Hip Hop gepumpt wird und wurde, desto weniger war das lyrische Element präsent. Je mehr Hip Hop jetzt aber wieder in den Untergrund geht, desto lyrischer wird das ganze eben wieder. Wir werden ja sehen, was passiert. Keiner von uns ist Hellseher und vielleicht werden wir morgen schon in die Luft gesprengt oder umgebracht, oder wir werden ewig leben und Hip Hop wird auch ewig leben. Wer weiß.

rap.de: Fühlst Du Dich manchmal wie ein Dinosaurier?

R.A. The Rugged Man:
Nein. I’m young as fuck. Ich bin jung und ekelhaft, wie die jungen Kids da draußen und genau so nasty wie die alten Typen.
Die ganzen Platten werden von den alten Dudes verkauft. Jay Z, Eminem, die ganzen Typen sind alle älter als ich. Ich bin kein Dinosaurier. Ich achte auf mich. Ich habe seit 10 Jahren mit keiner Frau mehr geschlafen, die auch nur annähernd so alt war wie ich. Alle meine Mädchen sind 18, 19 oder so. Ich bin kein Dinosaurier. Mir geht es gut. 

rap.de: Du bist ein Jungfrauenfresser.

R.A. The Rugged Man: Ich bin doch kein Jungfrauenfresser. Es gibt doch keine Jungfrauen mehr, die 19 sind. Das sind auf jeden Fall ziemlich erfahrene Mädchen.
Ich bin auf jeden Fall weit davon entfernt, ein Dinosaurier zu sein. Meine Atemkontrolle ist so perfekt, wie sie nicht perfekter sein könnte, meine Bühnenpräsenz ist härter als von jedem anderen da draußen. Ich trete alleine auf. Ich bin über eine Stunden alleine auf der Bühne. Diese jungen Typen brauchen ja fünf oder sechs Backup Rapper, DJs und irgendwelche Tänzer, damit sie überhaupt auftreten können. Ich bin alleine und kann so ein 75 Minuten Set rocken. Ich bin definitiv auf meinem Höhepunkt.

rap.de: Ich meinte auch eher, ob Du von der Einstellung her ein Dinosaurier bist.

R.A. The Rugged Man
: Nein. Bin ich nicht. Ich denke nicht, dass jemand, der authentisch sein will, der authentisch mit einem Handwerk umgehen will, ein Dinosaurier sein muss.
Ich meine das jetzt nicht in dem Sinn, dass früher alles viel besser  gewesen wäre oder so… Das meine ich nicht, aber ich denke, es gibt immer wieder Leute, die sich dem Handwerk verpflichtet fühlen. Es kann ja sein, dass vor zwei Jahren ein Kind geboren wurde, das in zehn Jahren dieses Handwerk erlernt und es auch ehrt. Wenn man für dieses Handwerk lebt, dann ist das keine Dinosauriereinstellung, das ist zeitlos, das ist ohne Alter. Das ist für immer. Typen wie ich, sind für die Ewigkeit gemacht.

rap.de: In einem Text sagst Du, dass Du keine Fans haben möchtest, die Kool G Rap nicht kennen. Warum ist es so wichtig, dass man Kool G Rap kennt? 

R.A. The Rugged Man:
Er ist der größte Rapper, der jemals gelebt hat. Wenn du also behauptest ein Hip Hop Fan zu sein und du dir Hip Hop Platten kaufen willst, dann solltest du auf jeden Fall den größten Rapper aller Zeiten kennen, oder nicht?
Was ist gut daran, wenn man sich Rap anhört, der schlechter ist als der von Kool G Rap und das dann feiert und nicht weiß, wer der Gott ist? Wenn man nicht weiß, wer die Legende und die Ikone schlechthin ist? Wenn man nicht weiß, wer das alles erfunden hat? Was ist gut daran, sich diese ganzen anderen Mutterficker reinzuziehen, wenn man Kool G Rap nicht kennt. Man kann auch nicht darüber reden, wer der größte Rapper aller Zeiten ist, wenn man Kool G Rap nicht kennt. Wenn man Kool G Rap nicht kennt, dann sollte man gar nicht erst Rap Musik hören.

rap.de: Ist es objektiv bewiesen, dass Kool G Rap der größte Rapper aller Zeiten ist?

R.A. The Rugged Man: Nein. Das ist es nicht. Ich glaube nicht an Objektivität, wenn es um Musik geht. Natürlich kann man insofern objektiv behaupten, dass er der beste Rapper aller Zeiten ist, wenn man ihn mit so einigen anderen Rappern vergleicht, aber wenn man über so etwas wie eine gewisse Fertigkeit, ein gewisses Können spricht, dann geht es auch nicht um Objektivität. Lass es uns mit Rock Musik vergleichen. Spielst Du Gitarre?

rap.de: Nein.

R.A. The Rugged Man:
Hast Du Freunde, die Gitarre spielen?

rap.de: Ja.

R.A. The Rugged Man:
Welcher Deiner Freunde spielt am besten Gitarre? Spielt er besser Gitarre als Eric Clapton? Spielt er besser als Jimi Hendrix? Nein tut er nicht! Ich garantiere Dir, dass er es nicht tut und wenn Du Deinen Kumpel mit Jimi Hendrix vergleichst, wirst du feststellen, dass einer besser ist, als der andere und das ist keine Objektivität.
Wenn alle Deine Freunde sagen, dass Dein Kumpel besser sei, weil sie ihn einfach besser leiden können, dann kann man sagen, dass etwas nicht dadurch besser wird, weil man etwas besser leiden kann, sondern das bedeutet einfach nur, dass man etwas besser leiden kann. 

Oder nehmen wir mal an, jemand sagt: ich mag, wie R.A. boxt. Wer ist der bessere Boxer. R.A. The Rugged Man oder Muhammad Ali auf seinem Höhepunkt? Geht es da um Objektivität?

rap.de: Ja aber wenn man jetzt zum Beispiel Muhammad Ali und Mike Tyson vergleicht. Mike Tyson war auf dem Höhepunkt seiner Karriere ein wahnsinnig schneller und aggressiver Boxer, aber er war nicht der beste Boxer der Welt. 


R.A. The Rugged Man:
Er war ein großartiger Boxer!

Rap.de: Ja, aber Mohamed Ali hat sich trotzdem schneller bewegt  und…

R.A. The Rugged Man: Ja, das meine ich ja. Sobald sich etwas auf einem bestimmten Level bewegt, kann es objektiv nicht mehr beurteilt werden. Mohamed Ali, Larry Holmes, Joe Lewis, Jack Johnson – wenn du sagen müsstest, wer der beste ist, könntest du auf dem Level keine objektive Meinung mehr abgeben.
Nur Gott weiß, wer besser ist. Einer von den vieren ist besser als die anderen. Aber die sind so nah beieinander, dass es schwierig ist, das zu sagen. Ich höre zum Beispiel sehr gerne Nas, vor allem wegen seiner Texte. Wenn du die jetzt aber Stück für Stück mit denen von Kool G Rap vergleichst, steht das in keiner Konkurrenz zueinander. Kool G Rap ist Lichtjahre vor Nas, aber der wird im Allgemeinen als besser angesehen, weil er berühmter ist. Dafür ist er aber auch der einzige wirkliche Lyricist, der so bekannt ist.
Er ist textlich super und sehr bekannt und deshalb wird behauptet, dass er der beste Lyricist der Welt sei. Nein. Es ist historisch belegt, dass Kool G Rap… Ich meine, guck dir doch an, was passiert ist, als sie zusammen "Fast Life“ gemacht haben. Das war Nas auf seinem Höhepunkt, direkt nach dem "Illmatic“-Album, und G Rap hat ihn zerstört. Es war offensichtlich, wer auf dem Track besser war. Wenn du dich mit HipHop auskennst, dann hör es dir einfach an.

rap.de: Glaubst du, es fehlt da so etwas wie kulturelle Erziehung, damit die Leute überhaupt beurteilen können, was gut und was schlecht ist?

R.A. The Rugged Man:
Die Menschen haben keine eigene Meinung und mögen einfach das, was alle mögen.
Viele der Kids da draußen können das nicht beurteilen, weil sie nicht informiert wurden. Das ist wahr, natürlich ist das wahr! Aber auf der anderen Seite: Die ganzen Kinder auf der Welt, die sich zurück auf die alten Sachen besinnen, diese Kinder sind erst 12, 13 oder 14 Jahre alt und sagen Sachen wie: "Oh, ich mag dieses erste Pete Rock und CL Smooth Album.“ oder "Oh ich liebe diesen Big Daddy Kane Reim“ und das sind 14-jährige Kinder die zurückblicken. Ich wünschte das wäre öfter der Fall.

Es ist, wie wenn du jetzt auf eine Filmschule gehst und ein Großteil der Kids folgt den trendigen Filmemachern. Nach dem Motto: "Ich mag Quentin Tarantino und ich mag den Typen, der "Zodiac“ gedreht hat, ich mag "Fight Club“
Sie mögen einfach die Sachen die sie mögen sollen, aber wenn man sie dann fragt "Hey wisst ihr wer Arthur Penn ist?“ Nein, das wissen die nicht. Aber es gibt definitiv ein paar Kids die diese Sache wirklich ernst nehmen und sagen: "Weißt du was? Ich weiß wer Fritz Lang ist, ich kenne diese großen Filmemacher der Geschichte." Alle diese Kids studieren das Filme machen und das ist vermutlich so ähnlich wie es auch damals war in der Rock´n´Roll Ära. Diese Kids damals wussten nicht wirklich viel über die Musik aus den 20ern oder 40ern, aber diejenigen die es wirklich geliebt haben, die fingen an, den ganzen Scheiß zu studieren.

rap.de: Was geschah denn damals in Deiner Entwicklung, dass Du von diesem Handwerk und dieser Kultur so fasziniert warst?

R.A. The Rugged Man:
Ich bin ein besessener Typ. Ich war ein kleiner Junge, so circa 11, 12 und traf diesen Typen der Bob hieß. "Human Beatbox Bob“ und er ist sogar heute noch ein Freund von mir, ein guter Freund.
Er war der Beatboxer und der Rapper in der Nachbarschaft und wir gingen auf Partys und rappten. Wir haben zusammen in der Garage aufgenommen und es endete damit, dass ich besser wurde als Bob, ein besserer Rapper als er und ich ging zu den anderen Jungs in der Nachbarschaft und dann wurde ich auch besser als die.
Wir gingen dann in andere Viertel und raus in andere Hoods und Ghettos. Wir gingen auf  Hauspartys und wir rappten und irgendwann war ich dann auf einmal besser als jeder Einzelne im Umkreis. Ich war nicht besser als die Profis zu dem Zeitpunkt, ich war 14, 15, 16, aber ich war der beste von allen diesen Nachbarschaftsrappern. Die Typen an den Straßenecken. Ich fing an, besser zu sein als die alle und ich wurde besser und besser und widmete dem mein ganzes Leben und so lief das dann ab.

rap.de: In welchen anderen Sachen bist du noch so obsessiv?

R.A. The Rugged Man: Meine Zähne. Ich putze meine Zähne sehr oft. Fünf, sechs mal am Tag. Ich habe die ganze Zeit Angst, dass ich schlechten Atem haben könnte und denke dann immer "Scheiße mein Atem, mein Atem“ und die Leute sagen nur „Was zum Teufel ist los mit dir?“ und  die Frauen sagen: "Dein Atem riecht wundervoll, jetzt hör auf damit!“ und ich "Ahh nee nee, neee, ahh, ich will dich nicht küssen, mein Atem ist beschissen, ich muss erst meine Zähne putzen!
Das ist meine sehr, sehr sonderbare Macke. Ich weiß auch nicht warum, ich verstehe davon nichts.

rap.de: Ich wollte gerne wissen: Als Kind, gab es da etwas, was für dich eben so interessant war wie Rapmusik?

R.A. The Rugged Man: Als Kind war ich ein Fan von Filmen. Ich mochte diese ganzen Kampffilme, Jackie Chan, Ninja Stars, Rambo und diesen ganzen Scheiß. Und auch viele Horrorfilme.
Ich mochte alle diese 70er Drehbuchautoren. Ich war wirklich hardcore besessen von Filmen als kleines Kind. Ich lernte alle Gewinner der Academy Awards auswendig. Welches Jahr, welcher Film? Wer erhielt den Award für das "Beste Bild" und in welchem Jahr? Den ganzen Scheiß.

rap.de: Und wie sah es in der Schule aus?

R.A. The Rugged Man:
In der Schule war ich nicht so gut, ich hatte andere Probleme. Für gewöhnlich bekam ich eine Menge Ärger und die Lehrer mochten mich nicht besonders und ich wurde ständig angebrüllt und dann zum Schulleiter und zum Nachsitzen geschickt. Ich hatte nur Ärger in der Schule. Aber ich ging nie mit Drogen in die Schule. Einige Kids wurden mit Drogen erwischt. Die Gründe für meinen Ärger in der Schule waren eher, dass ich eine große Klappe hatte, Streit mit Lehrern angefangen habe, dass ich mich geschlagen habe, die Boombox mit zur Schule gebracht und im Gang aufgedreht habe. Ich habe die Spinde von Leuten aufgebrochen, gestört, auf den Gang gepisst. Deswegen hatte ich Ärger in der dritten Klasse.

rap.de: Wo hätte das alles geendet, wenn du nicht auf Hip-Hop gekommen wärst?


R.A. The Rugged Man:
Ich glaube, es hätte damit geendet, dass ich versucht hätte Filmemacher zu werden. Oder nein, nein! Vermutlich wäre ich Soldat geworden. Eigentlich wollte ich meine gesamte Kindheit lang zur Army gehen und Soldat sein, wie mein Vater. Aber als ich dann Rap gefunden habe, wollte ich nur noch Rapstar werden.

Rap.de: Sorry, aber ein Soldat ist doch eine Person, die komplett gegensätzlich zu dem ist, was du am Anfang dieses Interviews beschrieben hast. Ein Soldat ist doch jemand, der nur das tut, was man ihm sagt.

R.A. The Rugged Man:
Als ich sechs, sieben, acht war, wollte ich ein Soldat werden, wie mein Vater. Offenkundig bin ich aber nicht so geworden. Es geht mir gut und ich glaube nicht, dass ich mir da widerspreche. Als Kind willst du ein verdammter Feuerwehrmann oder so was sein und ich wollte eben Soldat sein. Ich wollte Sachen in die Luft jagen, ich wollte Waffen haben, ich wollte kämpfen.

rap.de: Kämpfen ist immer noch ein großer Bestandteil deines Lebens, oder?

R.A. The Rugged Man:
Nein, ich kämpfe nicht mehr. Wenn jemand zu sehr abdreht, dann kriegt er richtig eine rein, aber ich versuche, mich von diesen Sachen zu distanzieren. Ich möchte mein Leben im Gleichgewicht halten und nicht ständig Leute schlagen, treten, beißen oder Flaschen kaputt hauen. Ich versuche davon loszukommen. Wenn es passiert, dann passiert es eben und ich lasse mich von niemandem verarschen, aber ich will mich weiterentwickeln.

rap.de: Ist das eine Entscheidung oder eine natürliche Entwicklung?

R.A. The Rugged Man: Ich bin damit einfach fertig. Das ist genau wie bei Groupies. Du fickst jede Schlampe, die dir über den Weg läuft, seitdem du ein Kind bist. Du bist 18, 19, 20 und fickst jede Nacht, immer nur Pussy, Pussy, Pussy. Wie viele Pussys musst du ficken, bevor du das ganze etwas ruhiger angehst? Ich verbringe meine Zeit jetzt mit weniger Frauen. Mit einer Frau, mit der ich mich einfach wohl fühle und eine Pussy ist viel besser, wenn du dich mit der Frau gut verstehst.
Also habe ich mich beim Kämpfen und den Groupies zurück genommen. Natürlich habe ich immer noch etwas vom Kämpfen und den Groupies in mir, aber nicht mehr so viel wie früher.

rap.de: Kannst Du Dir vorstellen, Familienvater zu werden?


R.A. The Rugged Man:
Ich möchte definitiv Kinder, am Besten sofort. Ja, ich könnte mir vorstellen, dass ich Familienvater bin. Nicht so, dass ich mit meiner Frau zuhause rumsitze, mit Jägerzaun und so, aber so wie Screaming Jay Hawkins, mit 70, 80 Kindern, die auf dem ganzen Erdball herumrennen und schreien: Hey Daddy.
Du weißt schon: I am the legendary and they came running out of the pussy.