Samy Deluxe

Eigentlich wollten wir mit Herrn Deluxe ein großangelegtes Polit-Feature machen. Noch eigentlicher sollte das jetzt hier veröffentlichte Interview ein reines Videofeature werden (daher gibt es an dieser Stelle auch nur Videstills anstelle richtiger Fotos). Am Allereigentlichsten war es dann aber so, dass wir statt dem versprochenen zusätzlichen Einzeltermin doch nur den 20-minütigen Interviewslot vor Samys Pressekonzert in Berlin hatten, in dessen Rahmen er sein aktuelles Album "Dis Wo Ich Herkomm" vorstellte. Das stimmt uns natürlich wenig glücklich, trotzdem ist ein recht interessantes Gespräch über Stagnation im Rap, falsche Frauenbilder in der Hip Hop Szene und die erbitterte Diskussion über seine Hitler-Line entstanden. In diesem Sinne: viel Spaß.

rap.de: Du bist einer der bekanntesten Rapkünstler in Deutschland, bewegst dich jetzt aber mehr in diese Reggae-Richtung. Warum?

Samy Deluxe:  Hast du mein Album gehört?

rap.de: Ja.

Samy Deluxe: Wie viele Reggae-Tracks sind da?

rap.de: Es ist auf jeden Fall kein reines Rapalbum.

Samy Deluxe: Aber auch kein reines Reggaealbum. (schmunzelt)

rap.de: Das habe ich ja nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass du dich in diese Richtung bewegst.

Samy Deluxe: Ja, es sind auf diesem Album auf jeden Fall mehr gesungene Sachen als vorher. Ich habe einfach über die letzten vier, fünf Jahre an diesem Album gearbeitet und die Tracks behalten, die sich für mich langfristig besser angehört haben. Bei vielen alten Songs waren es auch oft die Sachen mit Melodien und Gesangselementen, die ich lange Jahre lang gerne live gespielt habe und die mit Publikum gut funktionieren. Deshalb kann ich jetzt auch keine richtige Antwort auf deine Frage geben und einem Rapdogmatiker, der sich ein pures Rapalbum wünscht, damit auch auf keinen Fall gerecht werden. Das war auch nicht mein Anspruch und ich hoffe, dass Rap mittlerweile erwachsen genug ist, um sich auch mal so eine Platte anzuhören. Das sind echt die Tracks, die mir am Besten gefallen haben. Es gab noch andere, die mehr Rap oder mehr Gesang waren, aber ich habe das Gefühl, dass das jetzt ein rundes Album ist, dass für mich eine Story erzählt und das sich live gut umsetzen lässt. Das waren eigentlich meine Kriterien.

rap.de: Hast du das Gefühl, dass die Leute lieber ein reines Rapalbum von dir gehabt hätten?

Samy Deluxe: Ich habe ja die Jahre reine Rapalben raus gebracht und hatte nicht so viele Auftritte, Aufmerksamkeit  und Interviewanfragen. Von daher habe ich nicht das Gefühl, dass das jetzt der falsche Schritt war, sondern genau richtig. Es ist sowieso das, was ich machen will und wenn es dann auch noch besser ankommt als das, was man früher gemacht hat, ist das natürlich Sureshot.

rap.de: Du standest früher als reiner MC auf der Bühne und hast einfach nur gerappt, und jetzt singst du dazu auch noch und hast eine Liveband dabei. Ändert man dann irgendetwas am eigenen Auftreten oder lässt man es einfach fließen?

Samy Deluxe: Das wird man sehen, wenn ich dann auf der Bühne stehe. Ich habe jetzt nicht so wahnsinnig viele Erfahrungswerte, dass ich dir genau erzählen könnte, wie ich mich da jetzt verhalten werde. Aber ich glaube, so viel anders wird es nicht werden. Meine Bühnenpersönlichkeit ist ja immer noch dieselbe, das bin ja immer noch ich, und deshalb habe ich darauf jetzt glaube ich auch keine so gute Antwort. Bisher hat sich das alles aber immer supergut angefühlt und kam sowohl bei Studenten in Frankfurt, als auch bei einer Oberstufe in Wedding an. Nach der Oberstufe in Wedding habe ich eigentlich gar keine Angst mehr, irgendwo auf die Bühne zu gehen. Wenn es bei denen gut ankommt, ist das eigentlich schon ein ganz gutes Zeichen.

rap.de: Hörst du gerade auch privat weniger Rap, oder entwickelst du dich unabhängig von deinem eigenen Musikgeschmack?

Samy Deluxe: Nein, ich glaube, dass mein Musikgeschmack auch immer ganz deutlich in meiner Musik reflektiert ist, und aus dem letzten Jahr könnte ich dir ungefähr vier Rapalben sagen, die mir irgendwas gegeben haben, und da ich ab und zu auflege und auch regelmäßig in Clubs gehe, finde ich da dann immer ein paar Sachen richtig cool. Dieses "Low“ von Flo Rida zum Beispiel, aber ich finde, Rap insgesamt tritt gerade so ein bisschen auf der Stelle. Gerade in Amerika finde ich es krass, dass die Leute nicht einfach mal den nächsten Schritt gehen, auch diese ganzen Phrasen… Nachdem man jetzt zwei Jahre lang immer mal das Wort "Swagger“ gehört hat, ist es jetzt auf einmal in jeder Hook. Das ist krass, weil wir in Deutschland jetzt endlich über dieses Wort hinweg sind, und die Leute im Amiland das trotzdem noch mal alle machen müssen. Ich finde es gerade etwas uninspirierend, da interessieren mich irgendwelche Dancehall- und Reggae-Platten oder Pop Musik mehr. Ich finde es besser, wenn sich die Leute einfach hinsetzen und geile Musik machen wollen und ich habe das Gefühl, dass Rapper gerade zu sehr die Nachfrage der Leute bedienen. So von wegen "Ah, ok, die wollen alle Bootyshake-Songs? Dann mach ich solche Songs. Die wollen Videos mit lauter nackten Frauen? Dann mach ich solche Videos.“ Die Originalität und das Revolutionäre, was Rap immer hatte, ist mittlerweile total verloren gegangen. Das mit den nackten Frauen schockt ja auch niemanden mehr, das langweilt einfach nur noch. Ich glaube, jetzt wäre es krass, wenn plötzlich zehn Frauen mit Rollkragenpullis und langen Jeans da stehen würden. Ich finde, man muss einfach mal irgendwas anderes machen.

rap.de: Wäre das nicht auch eine Idee für dein nächstes Video?

Samy Deluxe: Nee, ich stehe auch total auf Miniröcke, aber ich würde mich sowieso nicht mit Frauen im Video schmücken. Wenn in meinem Video irgendwelche Frauen sind, dann weil das von der Story her reinpasst. Ich finde das auch voll traurig für die Mädels und habe mal in so einer Hip Hop Bravo gelesen, dass kleine Mädchen wirklich denken, dass dieses Video Chick-Ding ein Beruf ist, den sie ernsthaft erlernen können. Ich meine, Tänzerin in einem Video? Hallo? Wie viele Videos werden in einem Jahr gedreht, wie viele Frauen sind da drin, was ist das Gesamtbudget, wie viel wirst du da als einzelne Tänzerin kriegen? 300 Euro? Und das soll jetzt eine Karriere sein? Ich will da nicht auch noch dran Schuld sein, dass in der nächsten Generation noch mehr Mädchen glauben, sich über ihren Körper verkaufen zu müssen.

rap.de: Würdest du einen Song machen, in dem du dein gewünschtes Frauenbild propagierst und den Mädchen andere Rollen aufzeigst, die sie innerhalb der Hip Hop Kultur einnehmen können?

Samy Deluxe: Das wäre eigentlich echt mal eine Idee, aber ich muss auch immer irgendwie einen Bezug zu dem Thema haben. Meine Mutter hat lange bei einer Frauenbewegung gearbeitet, ich kenne also die gesamte Problematik und mag persönlich Frauen auch lieber als Männer. Jetzt auch unabhängig von sexuellen Sachen. Ich finde, Frauen sind die besseren Menschen. Männer haben mich auf jeden Fall auch schon mehr abgefuckt als Frauen und haben mehr Probleme mit ihrem Ego. Deshalb finde ich auch Frau Merkel als Kanzlerin irgendwie cooler, als jeden anderen, den die SPD jetzt hätte, wenn er ein Mann ist. Da bin ich lieber mit einer Frau cool, auch wenn sie von der CDU ist. Trotzdem denke ich, dass eine Frau so ein Lied machen sollte. Wenn es zum Beispiel um diese Ausländer- oder Migrationssachen geht, finde ich es auch schlimm, wenn Deutsche so viel darüber reden. So etwas müssen Leute wie ich machen, die mit ihrer Erfahrung wirklich dahinter stehen können und da kann ich dann eben sagen, dass ich es für Leute wie mich wichtig finde, die deutsche Sprache gut zu beherrschen, weil uns das weiterbringen kann. Als Einzelperson und als Gesamtgruppe. Wenn ein Deutscher das sagen würde, klänge es aber herabwertend. Und wenn eine Frau jetzt sagt "Wir als Frauen müssen das und das machen“, dann ist es authentisch. Wenn ich das als Mann sage, wirkt es vielleicht schon fast missionarisch oder es muss halt erst der richtige Aufhänger kommen, um das zu verpacken. Es ist aber auf jeden Fall schade und das habe ich den Leuten von der Hip Hop Bravo auch schon gesagt, als ich das letzte Mal ein Heft von denen in der Hand hatte. Hast du dir das schon einmal von dem Aspekt heraus angeguckt, wie Frauen hier dargestellt werden?. Da waren echt immer nur Bilder mit Titten raus, dann gab es einen dreiseitigen Bericht über Lady Bitch Ray, die nichts anhatte, außer ein Mikrofonkabel, und dann noch irgendein Poster mit so einem Chick, das auf sexy gemacht hat. Da stand dann irgendwas von wegen "Hip Hop Babe“.

rap.de: Das war glaube ich so ein Wettbewerb und man konnte was gewinnen.

Samy Deluxe: Ja genau, wer ist die krasseste Schlampe und zeigt am meisten Titten. Der kriegt dann die Aufmerksamkeit. Da hat sie auf jeden Fall was gemacht, worauf ihre Mutter stolz sein kann. Das ist ein schwieriges Thema, aber es gibt Dinge, die Leute mir eher abnehmen würden, wenn ich darüber spreche. Ich glaube, ich würde mich in Frauendiskussionen nicht so gut machen.

rap.de: Du hast vor allem in dem Song "Dis wo ich herkomm“ auch einige Problematiken in Deutschland angesprochen und wurdest dafür in diversen Blogs – ob das jetzt von der TAZ war oder sonst wo – heftig kritisiert. Hat dich das geschockt oder überrascht, dass so heftige Gegenreaktionen kamen?

Samy Deluxe: Überrascht irgendwie schon, weil ich mittlerweile auch so … Wie heißt das Wort… so, humble, weißt du, ich versuche mir auch gar nicht so viel auf meine Position einzubilden. Zum Beispiel, dass ich jetzt so denk, wenn ich irgendwas sag, werden alle derbe darüber reden. Also ich freu mich überhaupt schon, wenn irgendjemand wahrnimmt, dass es mich gibt. Mich hat es dann schon überrascht, ich dachte: echt, krass, hätt’ ich jetzt nicht gedacht, dass das so eine Diskussion auslöst. Ich hab mich aber auch im gleichen Moment gefreut, weil ich es auch wichtig finde, dass es überhaupt zwei Meinungen gibt – und dann kann eine Diskussion erst entstehen und dadurch kann dann hoffentlich irgendetwas Interessanteres entstehen, im Endeffekt, als wenn man nur ein Statement in den Raum wirft und alle sagen "Cool, das war das Statement, hab ich gehört…“ und nichts mehr dazu sagen.

Ich hab aber persönlich auch nur diesen Hitlerblog auf der TAZ-Seite gelesen und das war ja auch eine übertrieben niveaulose Kritik. Der Typ hat ja versucht mir meine Glaubwürdigkeit zu nehmen und hat sich mit den Sätzen, wo er sagt "Als Schulabbrecher darf man sich so etwas gar nicht erlauben“ oder "Das Dümmste was ich je von einem Schulabbrecher gehört hab“, super unglaubwürdig gemacht.  So wirft er eigentlich allen Leuten ohne Abi vor, dass sie keine Ahnung von irgendetwas Gesellschaftlichem haben, was natürlich total falsch ist. Ich kenne echt viele Leute, die überhaupt keinen Schulabschluss haben und trotzdem die Welt besser verstehen als irgendwelche Professoren.Es hat mich jetzt nicht besonders gekränkt, aber das Interessante war, dass Falk von Mixery Raw Deluxe diesen Typen von der TAZ auch angeschrieben und gesagt hat "Guck mal, ich hab hier diese Sendung und würde gerne ´ne Diskussion moderieren, zwischen dir und Samy, und das wäre quasi ne Mixery-Folge anstatt einfach ein Falk-Interview/Samy-Interview zu machen.

Er hat mich auch gefragt ob ich’s machen würde, ich hab gesagt "Ey sofort, lass machen, gerne!“ und der Typ hat gesagt, dass er nicht will – wo ich dann auch wieder denk: Wenn du schon die Eier hast so über jemanden zu reden, dann stell dich jedenfalls der Diskussion! Weil ich stell mich der Diskussion auf jeden Fall. Ich glaube auch 99% der Leute checken auch Wortwitz, weißt du, was der Typ anscheinend überhaupt nicht checkt. Wenn ich sag "Schöne Scheiße, der Typ war doch eigentlich nur’n Österreicher“ – ich war in einer österreichischen TV-Talkshow und die haben natürlich auch genau auf diese Zeile angespielt, haben mich introduced in die Show und ich kam rein, hab da gesessen mit den zwei Moderatoren – und die sind ein bisschen so wie Harald Schmidt hier ist – quasi eine alternative Late Night Talkshow, und haben kurz dieses Stück vom Video angespielt, genau mit den Zeilen, und das Publikum, zweihundert oder dreihundert Leute, haben dann aus voller Kehle gelacht. Die fanden das total witzig und überhaupt nicht schlimm, dass ich das ihnen kurz mal in die Schuhe geschoben hab, weil die eindeutig gecheckt haben: Das ist Wortwitz!

Wieso sollte ich jetzt aus meiner Position versuchen die deutsche Geschichte reinzuwaschen und sagen "Der war ja gar kein Deutscher, der war Österreicher!“ – mir ist schon vollkommen klar, dass Deutschland Hitler zu dem gemacht hat was Hitler war. Aber ich fand’s trotzdem in dem Kontext total lustig das einzubringen und find auch auf dem Album, wenn du’s dir anhörst,  sind ja viele ernste Themen, die aber auch oftmals humorvoll aufgebrochen werden. Ich will auch nicht so Depri-Musik machen, wo man danach nur noch den Strick oder das Messer oder die Schlaftabletten sucht, sondern Musik, die den Leuten irgendwie was Gutes mitgibt.

rap.de: Ein weiterer Song auf deinem Album beschäftigt sich mit dir selbst, wo du dir diverse Fragen stellst und dich selbst auch so ein bisschen reflektierst. Es ist ja nicht das erste Lied in die Richtung, das du gemacht hast. Hast du vielleicht immer noch so ein bisschen ein Identitäts- oder Selbstfindungsproblem?

Samy Deluxe: Ein Problem ist es ja erst, wenn man erkennt, dass Selbstfindung jetzt langsam mal richtig wäre. Deshalb hab ich jetzt kein Problem, weil die letzten Jahre schon dieser Selbstfindungsprozess waren – und das Problem hatte ich eigentlich erst in der Phase vor dem Selbstfindungsprozess. Jetzt ist es so, dass ich auf jeden Fall ungefähr weiß, so rein theoretisch, was richtig und falsch ist, und trotzdem nicht alles so mache und deshalb natürlich auch immer noch teilweise selber mit mir unzufrieden bin in Situationen. Aber ich arbeite dran.

rap.de: Was du da auch angesprochen hast, was ich ganz witzig fand, weil mir das auch immer aufgefallen ist, ist, dass man deinen Namen mit einem "M“ schreibt, man ihn aber oft mit zwei "M" geschrieben sieht. Ist das was, was dich wirklich richtig ärgert?

Samy Deluxe:
Wenn es mit zwei "M“ geschrieben wird, ist das ja noch okay. Ich würde es eigentlich, wenn ich’s nicht besser wüsste, wahrscheinlich auch so schreiben. Wenn jemand zum Beispiel auf einem Autogramm den Namen Sarah haben will, so heißt meine Schwester, schreib ich’s auch genau so, auch wenn es auch sein könnte, dass es ganz ohne "H“ oder das "H“ hinter dem ersten "A“ geschrieben wird. Samy mit doppel "M“ ist schon okay, aber die Leute interpretieren da immer Samuel rein. Es stand noch nie irgendwo, also nicht von mir, dass ich Samuel heiße und dann stand aber plötzlich bei Wikipedia, wer auch immer dieser Idiot war, dass ich Samuel heiße. Jetzt steht es echt in jedem zweiten Bericht über mich. Ich heiße einfach nicht so, weißt du? Ich hab auch nichts gegen den Namen, es gibt bestimmt nette Samuels auf der Welt, irgendwo, aber ich bin keiner davon. Ich bin Samy und das musste ich mal klarstellen.

rap.de: Gibt es auch irgendwelche anderen Lieder, die du den Leuten vielleicht auch thematisch ans Herz legen möchtest, wenn sie jetzt dein Album noch nicht gehört haben und sich fragen, was da eigentlich so alles drauf passiert?

Samy Deluxe: Nö. Also für mich ist jedes Lied wichtig und was soll ich jetzt dem rap.de-Leser sagen was er sich für ein Lied anhören soll? Das sind ja alles Leute ,die musikalisch versiert sind und die wissen hoffentlich, was sie für Musik hören und aus welchen Gründen. Wenn die Gründe die sind, dass sie gerne hören, wie Mütter beleidigt und irgendwelche Lügen erzählt werden, um sich selber groß zu machen, sind sie bei meinem Album eh komplett an der falschen Adresse. Ich gebe den Leuten jetzt keine Anspieltipps und ich mach denen keine Vorschriften und jeder soll so machen wie er will, weil ich auch so mache wie ich will.

rap.de: Was glaubst du, wo du in zehn Jahren bist? Wo wärest du gerne in zehn Jahren?

Samy Deluxe: Selbst das weiß ich nicht, ich plane immer gar nicht so langfristig. Ich weiß auf jeden Fall, was ich dieses Jahr mache, und das wird viel sein. Ich bring ein Album raus, ein Buch raus, und mach ein eigenes Fernsehformat, was alles den gleichen Namen trägt: "Dis Wo Ich Herkomm“ nämlich.  Damit hab ich erstmal genug zut un und nebenbei muss ich noch eine Firma führen, meinen Sohn erziehen und meine Live Show richtig geil an den Start kriegen, mit meiner Band, und dann ist das Jahr auf jeden Fall schon wieder vorbei. Und dann kann man gucken wie das nächste Jahr wird.

rap.de: Dein Label Deluxe Records wurde ja ziemlich "gesund geschrumpft“, trotzdem hat sich dieser Sampler nicht so wahnsinnig gut verkauft. Hat dich das traurig gemacht? Warst du überrascht?

Samy Deluxe: Erstens weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie oft der sich verkauft hat, zweitens wüsste ich nicht wie die Messlatte wäre, um zu sagen, es hat sich jetzt gut oder schlecht verkauft und drittens ist es mir eigentlich ziemlich egal, auch weil ich  einfach solche Sachen auf diesem Label bewusst… Weißt du wir schalten keine einzige Anzeigen, wir machen natürlich ein bisschen bei Myspace und was man so machen kann im Internet, schicken ein paar Bulletins rum und so. Wir haben ein Backspin Cover und ein Interview in der Juice gehabt – und das war die Promo. Dementsprechend,  also für meine ganzen Mixtapes und alles was ich auf so einem Level gemacht hab, hab ich eigentlich nie so den Anspruch gehabt, das irgendwie in Chartzahlen messen zu müssen, weißt du? Ich glaube, ich bin noch nie mit irgendeinem Mixtape – oder ein Mal vielleicht, glaub ich, mit Baus of the Nauf – vielleicht einmal in den Charts eingestiegen und selbst das hat mich nicht wirklich interessiert. Ich glaube andere Künstler interessiert es auch wirklich mehr, dieses ganze "Trendcharts! Jetzt sag mir mal wie meine Single steht!“ ist mir mittlerweile so was von Latte. Wenn Leute zu meinen Konzerten kommen ist es cool und die Vorschüsse, die ich von meinem Label für so ein Album krieg, kann ich eh nie einspielen, deshalb ist mir selbst beim Album irgendwie nicht jede einzelne verkaufte Platte und die Chartpositionierung großartig wichtig.

rap.de: Wovon lebst du dann, wenn nicht von deinen Plattenverkäufen?

Samy Deluxe: Ich verkauf Crack, ich bin Rapper. Ich verkauf Crack, hab ein paar Frauen laufen, Kinderarbeit in Asien und so – weißte, das andere ist eben das Image für die Öffentlichkeit. Ne Quatsch, ich mache halt viele Sachen, ne? Ich leg auch hier und da auf, organisier Partys und Sponsoring ist natürlich heute auch eine gute Sache, wie jetzt mit Reebok. Da hab ich auch einen Deal und krieg auch ein bisschen Geld. Ich hab auch immer keine Ahnung wie ich das mache. Wenn ich am Ende des Jahres so sehe, was ich verdient hab, kann ich das immer gar nicht glauben. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich an einzelnen Tagen so viel verdiene, aber am Ende des Jahres sind es schon immer irgendwelche krassen Summen.