I.G.O.R.

rap.de: Um jetzt aber mal die Kurve zur Musik zu bekommen. Du arbeitest im Import/Export Handel. Würdest du deinen Job aufgeben für Rap?

Igor: In dem Moment, wo ich weiß, dass ich von drei, vier Auftritten im Monat ausgehen kann und meine 2 bis 3000 Euro damit mache, würde ich sagen, dass ich aufhöre. Dann würde ich noch mal richtig studieren und wäre nebenbei Rapper. (lacht) Ich hatte ja nie vor, Rapper zu sein, es hat sich einfach ergeben, eine freie Lücke im Markt, die ich erkannt habe. Für mich ist das Schwachsinn, für eine Sache wie Rap mein komplettes Leben umzukrempeln.

rap.de: Heißt das, du hast aus rein geschäftlichen Gründen damit angefangen?

Igor: (bestimmt) Nein, nein, nein, ich hab ja früher auch auf deutsch gerappt. Das war aber wirklich aus Jux und Dollerei, weil mein Knie kaputt war, ich dicker geworden bin und dann ein neues Hobby gebraucht habe. Ich hatte vorher ziemlich professionell Basketball gespielt. Was Streetball angeht, kennt man mich in Berlin noch sehr gut von früher. Ich hab Regionalliga gespielt, bei DBV Charlottenburg West. Das war früher mein Leben, meine Liebe. Bis heute ist es auch noch so, dass ich stark für den Ball empfinde, für das Leder. (grinst) Ich bin dann bei einer Geschichte, die nichts mit Basketball zu tun hatte, von einem 3 Meter hohen Zaun gerutscht und runter gefallen und auf meinem Knie gelandet. Das war dann in zwei Teile gebrochen.

rap.de: Was hast du auf diesem Zaun gemacht?

Igor: Kein Kommentar. (Gelächter) Ich musste was holen, ich habe meinen Schlüssel vergessen.

rap.de: Wir verstehen. Quasi eine Vorstufe des Schwarze-Lederjacken-Geschäfts. Dann war dir also langweilig und du hast angefangen, zu rappen.

Igor: Ich bin damals mit meiner Exfreundin, der Schwester von Savas zusammengekommen und hab mit deutschem Rap echt null Kontakt gehabt. Ich bin schon seit Jahren auf diesen Südstaatenuntergrund hängen geblieben. Chopped and Screwed und so, ich höre in meiner Freizeit nur so was. Für mich gibt es keinen russischen Rap, keinen Amirap, für mich gibt es nur Z-Ro, Trae, K-Rino, KB da Kidnappa, Street Military, das ist so mein Planet. Eigentlich nur Houston, nichts anderes. Als ich dann von Kool Savas hörte, war das mehr oder weniger so: "Okay, wer ist das?“ Klar, hat man mal hier und da was auf MTV gesehen, aber das war für mich jetzt nicht die Person, die man kennen sollte. Dann hatte ich mir das durch meine Freundin angehört, hab das krass gefeiert, vor allem flowmäßig. Überhaupt, der Flow, das ist ja das, was mich auch bei Amirap sehr fasziniert.

rap.de: Zu welcher Zeit war denn das?

Igor: Das war so Anfang, Mitte 2004. Sinan hat auch zur selben Zeit angefangen zu rappen und es seriös angepackt. Ich war einmal bei denen zu hause und alle waren am Schreiben und ich meinte da nur so, lasst mich auch mal ran. Wir haben einfach angefangen Rap zu machen. Damals war es noch nicht einmal ein Hobby, es war einfach nur so. Ich habe mich dann viel mehr mit den Reimschemen von Savas auseinander gesetzt, weil für mich ist Flow Mathematik.
Sinan und ich dachten dann, geil boah, wir bringen jetzt ein Mixtape raus, aber Savas meinte dann, wir sollten es uns gut überlegen, denn jetzt fänden wir es vielleicht geil, aber in ein paar Monaten würden wir es bereuen und er hatte auch recht. Im Endeffekt haben wir es dann nicht rausgebracht, ich habe aufgehört auf Deutsch zu rappen, habe dann das Russische für mich entdeckt und gemerkt, dass ich da Gas geben kann, denn so was wie mich gab es noch nicht auf russisch, mit so einer Atemtechnik und so einem Flow.

rap.de: Warst du auch bei Touren und Auftritten dabei?

Igor: Ja, ich war auch mit auf der Bühne und habe Savas auch manchmal gebacked und so. Für mich war es aber wichtiger rauszufinden, was hinter den Kulissen abging, denn die Szene ist bei weitem nicht so rosig wie viele sich das vorstellen. Eines Tages habe ich dann versucht russichen Rap zu googlen, aber das was ich gefunden habe, war echte Sülze.
Gut, die Texte sind wirklich gut, aber vom Flow her und Schema, da ist nichts.

rap.de: So ein bisschen wie Fantastische Vier?

Igor: Ja, genau. Russischer Rap muss locker zehn Jahre aufholen. Sie fangen jetzt langsam an, sich zu entwickeln und orientieren sich nach deutschen und französischen Rappern. Manche wollen oft auch nicht preisgeben, dass sie aus Deutschland kommen. Das ist immer so das ganz große Geheimnis.

rap.de: Wer jetzt? Seryoga kommt aus Deustchland?

Igor: Ja, oder sein Schützling, Stim, der hat die ganze Zeit hier in Deutschland gelebt und jetzt erzählt er auf russisch, dass er der King of Rap ist und so weiter. Die Leute, die sich ein bisschen mit der Mucke hier auskennen wissen natürlich, dass es nur übersetzt ist von Savas. Also nix, was ich mir geben will. Ich habe diesen roughen Sound gesucht und den gab es nicht. Also musste ich den selber machen.
Ich wusste, dass der Begriff Optik seinen Job machen wird. Optik Russia steht hier für Qualität in russischer Sprache. Das war am Anfang ein Spaß. Ich habe irgendwann gesagt: Okay, OR steht jetzt für Optik Russland und nicht mehr für Optik Records. (lacht)