I.G.O.R.

Russen in Deutschland stellen mit ihren 5 Millionen Mitgliedern eine der größten Einwanderergruppen in der Bundesrepublkik dar. Die meisten von ihnen sind junge Menschen und eigentlich ist es verwunderlich, dass es noch keinen russischen Megastar made in BRD gibt.
I.G.O.R., der russische Bär von O.R. will das ändern. Optik Russia heißt das schon seit längerem bekannte Projekt, das von einem Witz zu einer Idee heranreifte und nun auch seit letzter Woche als CD im Handel ist.
Wir haben uns mit Igor in einem rustikalen russischen Lebensmittelladen in Berlin-Charlottenburg getroffen und anhand von Wodka und getrocknetem Fisch (den man als kleinen Snack so zwischendurch isst) live miterlebt, dass die Russen da sind. Mitten unter uns. Und wir haben uns richtig gut dabei gefühlt.

 

rap.de: Du bist in der Ukraine geboren und mit sieben Jahren nach Israel gezogen. Warum seid ihr da hingezogen?

Igor: Man muss dazu sagen, dass meine Eltern sich geschieden haben, als ich zwei Jahre alt war. Aber in der Sowjetunion war das so, dass der Vater das Sorgerecht bekommen hat. Und mein Vater hatte halt die tolle Idee aus der Sowjetunion auszuwandern, weil sich das schon 1988, -89 schon herauskristallisierte, dass es einen Umbruch geben wird, wollte er nach Südafrika auswandern. Meine Mutter war voll dagegen und wollte nicht mit, es kam zum Streit, aber schlussendlich haben sie sich auf Israel geeinigt, wo meine Mutter aber eigentlich auch nicht hin wollte. Sie wollte eigentlich da bleiben.

rap.de: Ist dein Vater Jude?

Igor: Mein Vater ist russischer Jude. Meine Mutter ist Ukrainerin. Bei meiner Mutter weiß man das nicht so genau, weil mein Opa ein Findelkind war, das man in Nordkorea gefunden hatte.

rap.de: (lacht) Ist das jetzt eine Geschichte, oder was? Warum ist der in Nordkorea gefunden worden?

Igor: Nein, das ist die Realität. Einfach vor der Tür abgelegt und geklingelt. Er hat keine Schlitzaugen, ich glaub, das ist ein Mischling zwischen einer Nordkoreanerin und einem russischen Soldaten, so wie es aussieht. Die waren ja damals dort auch stationiert. Ich glaube, er weiß das selber nicht so genau.

rap.de: Wie ist er jetzt wiederum aus Nordkorea in die Ukraine gekommen?

Igor: Na ja, auch durch die Armee damals. Erst nach Usbekistan und dann weiter in die Ukraine. Aber zurück zu Israel, wir sind dann dahin ausgewandert, haben dort ein knappes Jahr gelebt, dann hat man angefangen Gasmasken an uns auszuteilen für Kinder und Hunde. Dann sind die ersten Bomben gefallen, die ersten Luftangriffsirenen. Das war vor dem ersten Golfkrieg, Sommer, Herbst 1990. Meine Mutter wollte sowieso nicht dort sein und dann sind wir gegangen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Ich kann mich nur noch erinnern, dass ich geweckt, aus dem Bett rausgezerrt wurde, Taxi, Flughafen, dann bin ich eingeschlafen, am nächsten Tag war ich in Berlin. Dann im Zug, in Lichtenberg und dann war ich schon im Asylbewerberheim.
Meine Mutter ist einfach geflüchtet vor meinen Vater, vor der ganzen Situation. Mit einem Koffer und 50 Dollar in der Tasche, ein Kind, 29 Jahre jung. Einfach so, in ein anderes Land. Das war dann Immigration Nummer zwei, innerhalb von eineinhalb Jahren.

rap.de: Bist du manchmal noch in Israel?

Igor: Ich darf nicht. Ich war vor zehn Jahren das letzte mal in Israel, meine Oma besuchen. Aber ich darf ja nicht, weil ich einen Israelischen Pass habe. Ich hätte dann drei Jahre Wehrdienstpflicht. Aber nicht für dieses Land, ich fühl mich damit nicht politisch verbunden. Ich sehe das nicht als richtig an, was da passiert.