rap.de: Wie würdest du denn Aschaffenburger Rap charakterisieren? Kann man das überhaupt?
Olli Banjo: (seufzt) Die stellt Fragen, Alter. Die Aschaffenburger Rapszene ist Manolito Mengele, kennst du den? Mein Back-Up MC, auf jeden Fall ein schräger Typ. Rap aus der Provinz hat sowieso immer eine Klatsche, im positiven Sinne. Die Leute leben zum Beispiel ein klein wenig wie im Gefängnis. In Berlin hast du diese breiten Straßen, kannst raus, bist am Nabel der Welt, ihr seid ein eigener Planet, eine Insel, und in Aschaffenburg ist natürlich alles enger, es gibt viele Kids die auch so Kopfprobleme haben. Ich ja auch. Das spiegelt sich dann auch in der Musik wieder. Das ist echt coole Musik, aber es ist auch schwierig für junge Rapper aus Aschaffenburg, Erfolg zu haben. Ich wohne ja seit sieben Jahren in Köln und von da aus ist es viel leichter. Das war in Aschaffenburg nie möglich, aber es gibt auf jeden Fall Rapper von da, die ich super finde. Mädness zum Beispiel, der ist zwar aus Darmstadt, aber ist auf jeden Fall auch so Aschaffenburger-Clique. Das ist ein übertrieben krasser aber auch übertrieben unterschätzter Rapper, was mir auch sehr Leid tut. Deswegen geht raus, Mädness kaufen. Unterstützt ein bisschen Rhein/Main-Rap, Underground. Haltet ein bisschen die Augen offen, nicht alles passiert in Berlin.
rap.de: Ein Aufruf an alle jungen Menschen in Kleinstädten und Dörfern, aus ihrer Langeweile etwas Sinnvolles zu machen?
Olli Banjo: … und real zu sein! Nicht irgendwie Gangsterstorys aus Hintertupfingen erzählen, weil die gibt’s da gar nicht, diese Storys. Da hör ich lieber was übers Kühe melken und wie jemand über die Zitzen von der Kuh flowt.
Jonesmann: Da gab’s doch damals „Mein Dorf“!
Olli Banjo: (laut) Ach stimmt! „Meine Kuh, mein Ort, mein Pferd, …“, aber das war wenigstens real gewesen. Aber man kann ja auch coole Sachen draus machen: „Okay, ich hab meiner Kuh 21er Rims draufgemacht.“ (Gelächter) Nein, Spaß. Aber es geht halt einfach um Realness. Sei einfach echt.
rap.de: Also habt ihr noch zumindest so etwas wie einen Authentizitätsanspruch. Oder ist es okay, wenn jemand sagt, dass er eine Rolle spielt und seine Musik ein Film für die Ohren ist und das gut ankommt?
Jonesmann: Also bei mir ist es so, dass die deepen Rhymes, die Storys, die ich erzähle, alle zumindest in meinem Umfeld bei Freunden passiert sind. Oder es ist wirklich mir selbst passiert und kommt aus meinem Kopf, aus meinem Herz. Ich versuche da auf jeden Fall ehrlich zu bleiben. Natürlich haben wir jetzt auch einen Track auf dem Album, „Columbine“, wo ich in eine Rolle schlüpfe und einfach eine Story erzähle. Aber sonst ist alles schon wirklich so gemeint und auch so passiert, wie ich es sage.
Olli Banjo: Mich fasziniert es bei Künstlern, wenn ich fühle, dass er etwas aus seinem Leben erzählt. Deswegen ist für mich Eminem so interessant, weil er so krass ehrlich intime Sachen über sich oder seine Frau sagt. Wo er sagt, dass er den Exfreund seiner Frau fast abgeknallt hat und so weiter. Das ist das Faszinierende an einem Künstler. Von mir aus kannst du auch Gangsterstorys erzählen, ich bin da auch so „Komm, mach doch, dann bist du halt wie so ein Drehbuchautor, dann ist es auch Kunst.“ Jetzt sind wir schon wieder da gelandet, geil. (lacht) Wie gesagt, mach es, aber mir gefällt es halt nicht.
rap.de: Wo liegt da bei euch denn die Hemmschwelle, persönliche Sachen preiszugeben, wie es eben Eminem tut?
Olli Banjo: Also ich bin schon relativ persönlich. Ich pack immer viel aus, ich erzähle auch viel von Schwächen. Auf meinem letzten Album hatte ich ja auch einen Track „Gimme the Light“ mit Schivv, wo ich auch sage, dass ich mich manchmal unter Menschen voll unwohl und minderwertig fühle. Da habe ich auch keine Angst, solche Schwächen zu zeigen. Also da bin ich schon sehr persönlich, aber ich weiß nicht, ob ich jetzt, wenn ich Frau und Kind hätte, bereit wäre, Namen zu nennen. Aber ich finde es natürlich bewundernswert, wenn es jemand macht.
Jonesmann: Wenn ich irgendwelche deepen Sachen oder Abfucks aus meinem Kopf erzähle, dann erzähl ich wirklich alles, weil ich denke, das macht das Ding auch aus. Ich therapier mich ja auch selbst damit, deswegen muss ich alles aufschreiben. Es gibt da einfach keine Grenzen, weil ich wirklich alles schreibe, einfach damit ich diese Last von mir hab und dann fühl man sich auch gut damit, sich selber damit therapiert zu haben.
rap.de: Dann bedanke ich mich für das Gespräch.