Olli Banjo und Jonesmann

rap.de: Es ist übrigens auffällig, dass viele kommerziell erfolgreiche Rapper, unabhängig davon, was sie für Musik machen, sich in Interviews von Rap distanzieren. Dass Hip Hop also gar nicht die Kultur ist, in der sie verwurzelt sind, sondern sie einfach sagen „Ich benutze zwar Rap, um mich auszudrücken, aber an sich habe ich mit Hip Hop gar nichts zu tun.“

Jonesmann: Das ist bei mir anders. Ich bin da mit 14 Jahren rein gewachsen und habe auch immer wahnsinnig viel Rap gehört. Heute höre ich nicht mehr so viel Rap, weil ich aktuell einfach viel Soul und R’n’B höre, zum Chillen daheim und so. Ich drücke mich definitiv mit Rap aus, aber ich mache demnächst ein R’n’B-Album und drücke mich dann auch mit dieser Musik aus. 

rap.de: Rap wird ja auch von außen häufig als musikalische Ausdrucksform der Unterschicht betrachtet. Man sieht ja, dass in solchen Resozialisierungsprogrammen für straffällige Jugendliche immer gerappt wird. Findet ihr das gut?

Olli Banjo: Es ist ja auf jeden Fall so, dass Rap auch aus der Unterschicht entstanden ist, das ist ja auch die Idee davon. Wenn du eine gut behütete Kindheit hattest und ein tolles, reiches Elternhaus, dann wirst du mit sechs Jahren einfach zum Klavier- oder Gitarren- oder Klarinettenunterricht gebracht und dann übst du. Fürs Rappen brauchst du nicht viel, nur ein Stift, ein Zettel und ganz viel Herz und dann kotzt du dich aus. Das ist die Idee von Rap. Deswegen war es für jeden auch sofort machbar, deswegen war Rap auch sofort so ein Straßending und ist auch dort entstanden. Darum macht es auch Sinn mit Leuten zu arbeiten, die jetzt nicht die gleichen Chancen hatten, wie du, Jones oder ich. Ich unterstütze so etwas ja auch, ich hab ja auch schon Workshops gegeben, wo ich gesagt habe: „Ey, schreib doch einfach mal deinen Scheiß auf.“ Ich war sogar bei der „Super Nanny“. Das war ein übertriebenes Erlebnis, als wir da in irgendein Dorf in die Nähe von Halle gefahren sind, wo einfach NICHTS war. Das kennen wir in Westdeutschland nicht. Da hast du immer noch Sportplätze oder mal einen Basketballkorb, und da war einfach nichts. Öde, Leere. Ich hab so was noch nie erlebt, Alter. Die Kids waren einfach so vernachlässigt, dass ich mir auch gedacht hab, was eigentlich Aufbau Ost sein soll. Was bedeutet das? Dass ich eine Kirche in Leipzig restaurieren lasse? Oder dass ich zu den Kinds gehe und sage „Hier hast du ein Jugendzentrum, hier einen Billardtisch“? Keine Ahnung! Das war einfach ein krasses Erlebnis, wo ich gemerkt habe, dass Rap da auch ein Instrument sein kann, um solchen Leuten wenigstens ein bisschen aus der Scheiße zu helfen.

rap.de: Gut, dass du das mit der „Super Nanny“ angesprochen hast. Wie bist du dazu gekommen? Wurdest du angesprochen oder wie lief das?

Olli Banjo: Götz Gottschalk, der Manager von Curse, hat bei uns angerufen und gefragt, ob ich das machen will. Ich meinte sofort: „Ey, klar mach ich das, das ist ne super Sache.“

rap.de: Hattest du nur während des Drehs Kontakt zu dem Jugendlichen oder hast du dich auch nach dem Dreh noch mal mit ihm zusammengesetzt?

Olli Banjo: Ich hab die ganze Zeit versucht, mit ihm zu reden. Er war aber erst 14 und in diesem Alter schon Schwerstalkoholiker. Der hat 14 bis 15 Bier am Tag getrunken, hat in diesem verlassenen Haus da in einer total tristen Gegend mit seinem Kumpel gelebt. Du kommst nicht direkt durch zu den Kids. Ich kam in dieses Dorf rein, hatte ein rotes T-Shirt an und trug eine Kette und dachte nur: „Ey, was machst du? Du bist voll overdressed, was soll die Scheiße?“ Ohne dass ich irgendwas gesagt hatte, dachte ich, ich bin voll arrogant. Einfach so von außen mal kurz in seine eigene Welt rein zu gehen, und zu sagen „Ey, mach mal ein bisschen Rap, dann wird alles besser.“ Ich hab das schon bewusst wahrgenommen und auch die Verantwortung gesehen, aber eben auch gemerkt, dass man nicht so leicht an die Kids rankommt. Du musst schon dauerhaft dort sein, als Erzieher oder so was, und versuchen, über ein, zwei Jahre mit denen zu arbeiten. Das ist einfach ein langwieriger Prozess.

rap.de: Werden aber nicht gerade solche Familien aus dem Osten, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht, immer häufiger einfach nur vorgeführt in solchen Sendungen? Dass das genutzt wird, damit sich Leuten, denen es nicht so geht, sich das anschauen können, um sich selbst besser zu fühlen?

Olli Banjo: Das ist auf jeden Fall eine große Sensationslust, die da befriedigt wird. Wenn ich mir die Talkshows angucke, was da für ein mitmenschlicher Müll produziert und auch provoziert wird, auch in diesen ganzen RTL2-Shows oder dieser peinlichen HipHop-Sendung, da wird ja das Dumme regelrecht provoziert, gekitzelt. „Komm, noch ein bisschen dümmer, da geht’s noch ein bisschen dümmer und noch ein bisschen.“ Das ist einfach das Ding, das machen die Medien und da musst du dann entscheiden, wo du zusagst und wo nicht. Die „Super Nanny“ war für mich so was total Krasses. Ich find die Frau toll und ich weiß auch, dass das echt ist. Das ist real, was die Frau da macht und die tut da etwas Gutes und deshalb habe ich da auch zugesagt.