Caput’s erstes Soloalbum "Caputalismus“ ist bereits auf dem Markt gelandet und hat vielleicht mitllerweile schon in eurer CD-Sammlung einen hübschen Platz gefunden, deren Volumenzuwachs womöglich in Zukunft stagnieren wird. Denn laut Caput muss sich die Musik-Industrie geschickt den Bedingungen anpassen, gemeint ist der kriminelle Handel mit Kunst und damit meint er die Musik. Um Musik ging es auch an jenem Interview-Tage. Nach vielen kräftezehrenden aber durchaus positiven Auftritten, war er mit dem Rest der nicht weniger bedeutenden Optik Crew nun bei der letzten Station der TOL Tour im Huxley’s angelangt. Der Auftritt wurde kurzfristig verschoben, die Columbia Halle ist einfach zu klein. Die Stimmung aber, ist euphorisch.
Caput: rap.de ist im Haus Boy. Jea, Jea, Jea.
rap.de: Hier (im TOL Tour-Bus, Anm.d.Red.) ist man ja sehr nah beieinander. Lernt man sich da noch einmal neu kennen?
Caput: Ja schon, aber wir hängen auch so immer alle zusammen rum.
rap.de: Wie ist das Fazit eurer Tour: tot oder lebendig?
Caput: Lebendig im höchsten Maße. Das ist ja eigentlich Savas’ Solotour. Sein Albumtitel sagt ja schon sehr viel aus. Für ihn war es die Frage ob tot oder lebendig. Mit dem Album hat sich das schon heraus gestellt und jetzt hat es sich noch einmal glasklar heraus kristallisiert, dass er noch LEBT.
rap.de: Du bringst gerade dein erstes Album "Caputalismus“ heraus. Deine Diskographie ist trotzdem schon sehr lang, wann genau wusstest du, dass du und dein Stoff nun bereit für ein Album waren?
Caput: Es gab bestimmt nicht nur einen Punkt an dem ich mir das gesagt habe. Okay, das war vielleicht der Punkt, an dem ich sagte: "Jetzt mischen und mastern wir das Album“. Aber es gab immer Momente, an denen ich sicher war, dass etwas unbedingt mit auf das Album muss. Als ich einen besonderen Text geschrieben hatte oder einen besonders guten Beat gemacht hatte. Und irgendwann habe ich dann für mich selber wissen können, was auf das Album gehört oder was das Level hat, was ein Albumtrack haben sollte. Das hat sich wie ein Puzzle zu einem kompletten Werk zusammen gefügt. Ich fühle mich damit selber wirklich sehr, sehr wohl. Ich fühle mich wohl mit dem, was ich mache, wie ich mich gebe und mit dem, was bei mir läuft. Das ist für mich sowieso Grundvoraussetzung dafür, Musik zu machen. Ich sehe das Ganze, was ich vorher gemacht habe als Ausbildung oder gewisse Testversuche. Und jetzt mit dem neuen Album beginnt eine neue Ära – Caputalismus eben – ich läute sie ein und genieße es.
rap.de: Stichwort "Weiterentwicklung" – hast du gezielt an etwas gearbeitet?
Caput: Es gab viele Punkte, in denen ich mich weiter entwickeln wollte. Das waren natürlich inhaltlich die Punchlines, vor allem aber auch Musikalität und ein gewisses Auge oder Ohr für das Komplette. Ich habe probiert, dass das was man versucht zu schreiben oder aufzunehmen schon vorher als Bild im Kopf besteht, sodass man eine komplette Vorstellung von dem hat, was man da eigentlich fertig macht. So weiß ich wie das am Ende klingt, und was ich verändern muss oder was da noch passieren muss. Das sind viele Sachen, die da zusammen kommen, Live-Erfahrung zum Beispiel. Ich war ja jetzt schon, diese Tour eingeschlossen, auf vier Touren und da hat sich immer etwas gesteigert, ich habe immer mehr Struktur hinein bekommen und diese kontrollierte Kraft gesportet – am Anfang ist es noch total ruff, dann schreit man, brüllt man, hüpft man, was weiß ich. Aber irgendwann ist eine Struktur drinnen und man weiß genau Alter, welche Knöpfe man drückt, um gewisse Sachen zu erzeugen.
rap.de: Wer oder Was prägt diese Entwicklungen, inwiefern hat Savas Einfluss auf deine Musik?
Caput: Also er hat jetzt keinen unmittelbaren Einfluss darauf, er lenkt mich nicht in irgendeine Richtung wie ein Experiment oder so etwas. Ich war schon immer sehr unabhängig, habe schon immer independent gearbeitet, was Musik angeht. Ich habe mein Studio in Iserlohn, arbeite da viel an mir, baue Beats, nehme Sachen auf. Aber er hat schon einen gewissen Einfluss, was das Gesamtpacket betrifft. Er hat Ideen, die mir zugute kommen und er hat auch, und das gefällt mir wahnsinnig, Lust dazu. Ich muss ihm nichts aus der Nase ziehen oder ihn zwingen sich meine Musik anzuhören. Sondern ich merke, dass er total interessiert ist und einfach Bock drauf hat. Und das ist, wie ich finde, die perfekte Voraussetzung für eine Zusammenarbeit.
rap.de: Erwischt man sich dabei, etwas unbewusst kopiert zu haben oder so ähnlich zu klingen?
Caput: Ne, auf keinen Fall, das glaube ich nicht. Das wäre ja auch Trauer, wir sind ja alle darauf ausgelegt, dass wir das vermeiden und dass jeder seinen eigenen prägnanten Style hat und jeder auf eine andere Art und Weise in eine Richtung wächst. Wir sind wie die Äste eines Baums, die zwar den gleichen Ursprung haben aber alle in eine andere Richtung gedeihen. Im Moment hat Savas eben die dicksten Früchte an seinem Ast. Aber das hat nichts damit zu tun, dass wir schlecht sind. Es geht einfach darum, dass er schon sehr lange am Start ist, dass er ein Pionier ist und extrem viel vorgearbeitet hat. Natürlich können wir alle davon profitieren, was das Label angeht und was generell die Möglichkeiten angeht. Ich denke jeder von uns, sei es Amar, sei es Erc, ist bedacht darauf, sein eigenes Ding zu machen und eine Richtung zu gehen, die etwas komplett anderes darstellt.
rap.de: Tupac inspirierte dich schon in jungen Jahren, reißt dieser Inspirationsfaden langsam?
Caput: Es nimmt auf jeden Fall ab. Es ist nicht mehr wie mit 16, 17, 18, als ich mich komplett auf seine Musik versteift habe, aber es ist schon so, dass ich ihn in mir habe in einer gewissen Art und Weise, weil ich ihn einfach zu oft hörte in der Vergangenheit und er derjenige war, der mich zum Rap gebracht hat. Wodurch Rap für mich interessant wurde, vorher habe ich zum Beispiel gebreaked, aber Rap gab es erst durch ihn. Natürlich werde ich das niemals abschalten können oder wollen, aber es ist nicht mehr wie früher, nichts ist mehr wie früher, als Tupac noch der Rote Faden war. Es ist ein Teil von mir, aber eben nur EIN Teil, das darf man nicht missverstehen.
rap.de: Was für Schlagzeilen lese ich in der letzten Zeit. Melbeatz gerät unverschuldet in eine Schlägerei in Münster bei einer Aftershow Party, Savas wird in Flensburg beworfen. So etwas erwartet man doch nicht auf einem Optik Konzert.
Caput: Das hat jetzt auch gar nichts mit dieser Gewaltherrschaft zu tun, die gerade ihr Unwesen treibt. Weil du fragst woher so etwas kommt: Das kommt von Menschen, die dumm sind, die gibt es überall – an Bahnhöfen, in Kneipen, überall. Man kann es nicht ausschließen, dass die überall am Start sind. Wir sind auch nicht immer auf Aftershow Partys, das war glaube ich nur zwei Mal auf der Tour, und bei diesem einem Mal ist eben etwas eskaliert. Keine Ahnung, ich kann das auch nicht beurteilen oder komplett nachvollziehen. In den Köpfen mancher Menschen ist eben manchmal… (lacht) Traueralarm.
rap.de: "Cyberfolk“ – Chorus: "Krieg ohne Sebel und Dolch, Flinte und Kolt". Propagiert ihr in diesem Song eure Form der Gewalt?
Caput: Auf jeden Fall, für uns findet der Kampf ja auf Beats statt. Wir sind ja künstlerische Menschen, die etwas formen können, Techniken beherrschen, die dafür sorgen, dass andere Rapper erstmal ein bisschen schlucken müssen. Ich denke, das ist die Beschreibung dafür. Und der Sinn des Songs ist halt, dass wir das überlegene Cyberfolk sind, gegenüber diesem ganzen Robotermüll, der da draußen überall rumhängt. Dieser 08/15-Standard-Fließband-Roboter-Scheiß. Dagegen sind wir einfach die High-End Version mit Fünfhunderttausend Bonusfeatures.
rap.de: Habt ihr auch überraschende Geschichten auf eurer Reise erlebt?
Caput: Alles war positiv, die Resonanz war positiv, der Kontakt mit den Menschen, mit den Fans. Es war wirklich schön, wir haben einfach eine gute Zeit und viel Spaß gehabt.
rap.de: Dresden war Favorit unter den Auftritten, blieb das letztendlich so?
Caput: Dresden war der Hammer, Hannover war auch geil, hoffentlich brennt Berlin heute noch ab. Es gab eine Verschiebung von der Columbia Halle in das Huxley’s, weil der Gig komplett ausverkauft war und die Leute wollten aber noch Karten.
rap.de: In Bremen haben du und Savas euch tätowieren lassen, was war das für ein Motiv?
Caput: "Optik 4 Life" haben wir uns auf den linken Arm tätowieren lassen. Und das mit spezieller UV-Farbe. Das Tattoo siehst du also bei normalem Licht nicht, nur im Schein von Schwarzlicht. Wir fanden das irgendwie voll verrückt und es ist auch mal etwas Anderes. Für Leute, die unentschlossen sind, ist es eine gute Alternative. Guck mal, in irgendwelchen Bewerbungssituationen kommt so etwas sicher nicht so gut an. Man kann sich auch näher über die Farbe informieren, dann stellt man fest, dass das sogar noch ungefährlicher ist als normale Tinte. Mit diesem Tattoo haben wir den Moment verewigt.
rap.de: Wie definierst du den Albumtitel "Caputalismus"?
Caput: Wie gesagt, es läutet eine neue Ära ein, man kann viele Sachen hinein interpretieren. Zum Beispiel, dass meine Stimme mein Kapital ist und ich versuche damit richtig an den Start zu kommen, damit einfach durchzubrechen. Andererseits verkörpert meine Musik nicht diese allgegenwärtige Fast-Food-Musik, sondern es stehen Werte wie Langlebigkeit im Vordergrund. Ich finde es ist auch ein extrem cooles Wort, das mir da eingefallen ist, ein schönes Wortspiel und etwas noch nie da gewesenes, eigentlich ein komplett neu geformtes Wort. Und mein neues Album ist auch eine komplett neue Form von mir, die es so vorher nicht gab. "Caputalismus" steht einfach für Musik, die nicht langweilig ist und nicht überzogen, ich stehe auch nicht auf diese viereinhalb oder fünfeinhalb Minuten Songs, bei denen du dann irgendwann keinen Bock mehr hast. Ich sage auch gar nicht, das ist DAS Album der Superlative und jeder muss es feiern, aber es sollte jeder einmal gehört haben, einmal abgecheckt haben, um das nicht verpasst zu haben.
rap.de: Ja, das mit der Länge fällt auf. Meistens sind es lediglich zwei Strophen.
Caput: Ja genau, zwei Strophen, eine Bridge und meistens ein Chorus.
rap.de: "Sechzehn“ – "[…] mit 16 hatte ich schon so viel vor […]“ – was hattest du denn alles vor?
Caput: Damit meine ich, dass ich mit 16 zwar 16 war, aber schon eine Menge vor hatte. Ich habe mir sehr viele Gedanken darüber gemacht, was ich tun soll, in welche Richtung es weiter gehen soll. Das war natürlich nicht nur Rap. Nebenbei habe ich viele Sachen gemacht, die großen Wert für mich hatten aber die nicht gleichzeitig einen Aufstieg bedeuteten oder einen Karrieremove. Mit 16 wird ja auch so langsam klar, wohin man treibt, also was man demnächst tun wird und wohin man sich entwickelt. Rap gehörte da für mich auch dazu.
rap.de: Dein Album soll auch auf einer Speicherkarte veröffentlicht werden, also digital. Glaubst du, dass sich so etwas ein Musikliebhaber besorgt?
Caput: Was? Das wusste ich ja noch gar nicht. Aber hört sich voll interessant an. Ich glaube schon, ich bin auch fest davon überzeugt, dass es innerhalb der nächsten zehn Jahre überhaupt keine CD’s mehr geben wird. Sodass es die dann nur noch als Promo oder Werbemittel zu Merchandise dazu gibt, dass man sich dann kaufen muss. Dadurch, dass diese Internetgeschichte so extreme Ausmaße annimmt, muss sich einfach etwas in der Verkaufsstrategie verändern.
rap.de: Ich hoffe die "Caputalismus" Strategie geht auf. Möchtest du deinen Fans noch etwas mitteilen?
Caput: Keine Ahnung, ich bin ein ziemlich schöner Mensch, die Leute sollten das wahrnehmen und realisieren und jeder der mich sieht, sollte mir einen Kuss geben.
rap.de: (stutzt)
Caput: Du kannst mir auch auf die Stirn Küssen. Nein. Auf jeden Fall mein Album anhören, kaufen und bei TRL für mich voten, dafür sorgen, dass "Caputalismus" verbreitet wird und macht euer Ding, weil, ich mache meins. "John Bello Story Teil 2" ist fertig, wir haben es komplett aufgenommen in Heidelberg, das "Best Of" von Ercandize kommt, Franky Kubrick’s Album "Drama King“, Kaas‘ "Amokzahltag“, Mel und Moe machen gerade ihr Album, das soll auch dieses Jahr noch heraus kommen. Also aufgepasst.