Damion Davis

Nachdem Morlockk Dilemma‘s Bericht vom "Feuer Über Deutschland 2" allerorts für Gesprächsstoff sorgte, haben wir dieses Mal zwei Produzenten gefunden, die für uns die Fragen stellen, auf die ein Journalist nicht unbedingt kommt. Die Herren V.Raeter (Spoken View/Berlin) und Dexter (Wortsport/Heilbonn) haben bereits häufiger mit Damion Davis zusammengearbeitet und sind diesmal  im Namen von rap.de unterwegs. Aber nicht nur das. V.Raeter ist Damion’s Haus-Hof und vor allem live-DJ. Näher dran geht also kaum. Dementsprechnd heimelig ging es beim Interview irgendwo im Prenzlauer Berg zu. 3 Mann, eine Leidenschaft: HipHop. Let’s get it on…

Dexter: Wieso hast du eigentlich gleich zwei hochwertige Alben ("Am Ende Des Tunnels" und "Lichtermeer") unmittelbar hintereinander veröffentlicht? Hast du zuviele Tracks oder einfach nur kein Geld?

Damion Davis: Ich bekam für zu viele Tracks zu wenig Geld. Nein im Ernst, ich habe einfach nur sehr viel Material zur Verfügung gehabt. Ich hatte Texte für über 50 Songs in meinen Reimbüchern im Rucksack! Ich wollte nach fast drei Jahren ohne HipHop-Release soviel wie möglich den Leute geben, die so lange warten mussten.

V.Raeter: Eigentlich wollten wir ja ein Doppelalbum veröffentlichen…

Damion Davis: Genau, ich hatte eigentlich vor ein Doppelalbum daraus machen, aber das wäre vielleicht ein bisschen viel auf einmal gewesen, deshalb habe ich zwei Teile daraus gemacht. "Am Ende Des Tunnels (AEDT)" ist ein wirkliches HipHop-Album, als würde ich noch mal alle stilistischen Register meiner Interpretation von Untergrundrap ziehen. So als würde ich das Abenteuer Untergrundrap Revue passieren lassen, dieses Album ist wie ein Jump and Run-Spiel durch die Rapszene. "Lichtermeer" ist eher ein privates und sehr musikalisches Album. Es ist in musikalischer Hinsicht zukunftsweisend für die weitere Entwicklung meiner Karriere. Es ist eher Musik als „nur“ Rap. Um es auf den Punkt zu bringen "AEDT“ ist extrovertiert und "Lichtermeer“ introvertiert.

 

Dexter: Mir persönlich hat dein Mixtape einen Tick besser gefallen, bei meinem Kollegen ist es nun genau anders herum. Wie hast du die Tracks für beide Projekte unterschieden?

Damion Davis: Zwischen dem stilistischen Abschluss mit der Vergangenheit und dem Neubeginn in meiner musikalischen Zukunft. "AEDT" ist mein letztes wirkliches Rapalbum, "Lichermeer“ ist mein erstes Album auf dem Weg zu einem gereiften Musiker.
Dexter: Verstehe. Inwieweit ist denn dein Videotrack "Rooftops" Fiktion und in wie weit stecken da eigene Erinnerungen/ Erfahrungen drinnen?

Damion Davis: Es ist alles eine Kollage aus vielen Ereignissen aus der Vergangenheit in meinem Viertel Berlin-Buch. Es geht um das Schicksal der Jugend einer Ostberliner Plattenbausiedlung ohne Perspektive. Viele "Plattenbauern“ werden Geschichten von sich und ihrem Umfeld in dem Song wieder finden. Über die Hälfte aller Szenen sind Originalschauplätze an denen wir wirklich damals herum gehangen haben. Das Video war eigentlich ursprünglich als Kameratest für den Clip zu "Kuck Hear" feat. Mr. Mick und Sir Serch gedacht. Zufällig hatte dann der Regisseur "Telemach“ soviel Material gesammelt, dass er einen ganzen Clip daraus schneiden konnte. Der Song war also eigentlich gar nicht als Single geplant.

V.Raeter: Stimmt, ich erinnere mich. War das nicht sogar unser erster gemeinsamer Song?

Damion Davis: Ja. Es war der erste Song den ich mit dir jemals aufgenommen habe. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich den Text eines schönen Vormittags in deinem Studio geschrieben habe. Der Himmel war blau an diesem Tag, ich hörte den Beat als ich am Fenster stand und hatte sofort die Idee parat. Den Text habe ich dann in fast einer Stunde geschrieben. Wir haben ihn dann sofort aufgenommen. Es war einer der schnellsten Tracks für mich. Dann wurde der Song aber umso länger ausproduziert.
V.Raeter: Übrigens, der Geiger von unserem neuen SpokenView Signing H.B.L., Paul, hat gleich noch ein paar Melodien eingefiedelt, ISO, unser Masteringgenie und Damion‘s Executive Producer, spielten noch den Bass ein.
Damion Davis: Beim Video ging das dann ja genauso weiter. Da hatten wir am Ende 5 verschiedene Schnittversionen zur Auswahl.
Dexter: Du hast teilweise höchst abgedrehte Liedideen: Wie kommt man denn auf ein Thema, etwa bei "Bandecho"?

Damion Davis: Ich kam eigentlich ganz spontan auf die Idee. So etwas nennt man wohl einen Geistesblitz. Aber eine kleine Vorgeschichte kann ich doch erzählen: Mein WG-Mitbewohner PeBe rappt bei der Berliner Soundforum PeBe. Bei dem Track "Nothing But Love" auf meinem Mixtape "Am Ende Des Tunnels" kann man ihn auch hören. Wir beide haben so ein Freestyle-Text Session Projekt, welches sich "15 Min" nennt. In diesen 15 Min. of Fame muss man es schaffen 16 Takte zu schreiben. Du musst praktisch in einer Viertelstunde einen kompletten 16er Freestyle auf das Blatt bringen. Diese Methode fördert manchmal echt die größten kreativen Schätze zu Tage. Eines Tages schrieb ich einen dieser „15 Minüter“ nur mit den Namen von Rockbands. Dieser Text brachte mich dann auf die Idee das gleiche mal mit deutschen Bandnamen zu versuchen. Jetzt ist dieser Track einer der Favorites meiner Fans. Eine gute Liedidee ist meist schon die halbe Miete, der Rest ist dann eigentlich nur Fleiß. Wenn man die richtige Initialzündung oder Eingebung zum richtigen Zeitpunkt erfährt, läuft alles wie von Geisterhand, als wär es Fügung des Schicksals.
V.Raeter: Du bist jemand, der permanent auf der Suche nach dem passenden Wortspiel ist. Wie kommen denn die Leute damit klar. Beim Einkaufen, auf Tour, beim Mädels Anlabern im Club?

Damion Davis: War ja klar, dass du mir diese Frage stellen musstest du großer V.Raeter. Viele Leute sind manchmal etwas überfordert, wenn man ohne Vorwarnung anfängt wild zu assozieren. Manche Menschen, die einen länger kennen, steigen dann irgendwann darauf ein und finden auch schnell und stark suchtgefährdet Gefallen an der Abstraktion der deutschen Sprache. Ich denke da zum Beispiel an meinen Tour-DJ, wie war noch mal der Name: V.Raeter glaube ich (lacht). Es gib unendlich viele Möglichkeiten in unser Sprache mit Worten zu spielen, dass ich es oft nicht verstehen kann warum viele hier solche plumpen Texte schreiben. Das Potential der deutschen Sprache ist aufgrund des reichen Wortschatzes, der grammatikalischen Komplexität und der vielen Redenwendungen so unerschöpflich, dass es mich nicht wundert warum wir lange als Land der Dichter und Denker galten.

Dexter: Bist du denn zufrieden mit deinen Albumverkäufen? Oder wurde doch wieder nur mehr runtergeladen?

Damion Davis: Verkaufzahlen zählen für Verkäufer. Doch für mich zählt nur Freundschaft, das Seelenfeuer… Wer hat schon Geld, für mich hat Geld keinen Wert. Egal ob kostenloser Download oder bezahlter Auftrag, der wahre Wert ist nicht immer der, der sich auszahlt. Ich bin in erster Linie sehr zufrieden mit der Resonanz der Hörer und Hater. Ich bin auf jeden Fall sehr überrascht, dass es eine Menge Leute gibt, die aus Anstand das Album trotz vorherigen Downloads noch mal bestellen. Besonders gute Erfahrungen haben wir mit unserem Onlineshop gemacht. Der Preis ist hier, im Vergleich zum Großmarkt, am geringsten für die Fans, und es gibt immer noch ein paar kleine Tools mehr als nur das Album und den Kassenbon. Also kauft mein Album dort. Ich habe ja zum ersten Mal überhaupt einen Überblick über Verkaufszahlen von einem eigenen Release. Bei "Kehrseite Der Medaille“ hatte ich keine Kontrolle über den geschäftlichen Part des Albums.

V.Raeter: Wer ist denn zur Zeit dein Lieblingsproduzent und warum?

Damion Davis: Ganz klar, Hazeem The Lost Files und Digital Invaders Invasion. Das sind ein paar Produzenten aus Berlin, Paris und NewYork, die mir ein Kollege namens Nestor empfohlen hat. Wir haben zusammen ein Feature auf einen Beat von den Jungs gemacht. Man kann sich deren Instrumental-Mixes über MySpace umsonst ziehen. Die Beats treffen meinen persönlichen Geschmack zurzeit am meisten, weil sie eine perfekte Balance zwischen sphärischer Harmonie und druckvollem Chaos bilden, sowie mir als Texter genug Raum bieten, um mich über dem Instrumental auszuleben. Sonst wäre da noch…Rick Rubin für die beiden letzten "System Of A Down“ Alben. Außerdem mag ich alle Beats vom Lupe Fiasco Album "The Cool". Die Hi-Tek Beats fand ich bei "Hi-Teknologie 2" auch ganz gut und "Eardrum" von Talib Kweli mochte ich auch.
Dexter: Und wer ist dein aktueller Lieblingsrapper bzw. Sänger?

Damion Davis: Lupe Fiasco ist meiner Meinung nach, zurzeit der beste Poet auf dem HipHop-Markt. Er hat sehr smarte Songideen, eine bildhafte Sprache, verschachtelte Reimschemen, eine gesellschaftlich wertvolle Aussage, moderne fast monumentale Instrumentale, die seinem ganzen Album ein kunstvollen, fast schon avantgardeartigen Charakter geben. Sonstige Inspirationen 2007 waren die Alben von Pharoahe Monch, Wu-Tang und Kanye West.
V.Raeter: Wie gehst du denn beim Beats picken vor, und wann entscheidest du, ob du lieber darauf singst, oder lieber rappst, oder gar beides?

Damion Davis: Ich erkläre es dir anhand eines Bildes. Meine Texte sind ein stiller Ozean und der Beat ist wie der Wind auf hoher See. Der Wind hält die Wellen in Bewegung und gibt meinen Worten einen Fluss. Es kommt auf das Wetter an, ob meine Flaschenpost ans Ufer des Strandes gespült werden kann. Der Beat ist der Transporter der Nachricht, jedes Instrumental hat auch eine Botschaft, die es beim Schreiben zu dekodieren gilt. Ich persönlich mag gerne mal regnerische Beats, plätschernde Pianos…. Ein kleiner Bach der langsam zu einem reißenden Strom wird. Für mich ist das mit dem Beat picken wie beim Surfen, nur ich kann mir je nach Lust und Laune, Wetter und Wellen frei wählen. Manchmal habe ich Lust auf Riesenwellen, manchmal will ich mit einer leichte Briese einfach nur gechillt segeln.

V.Raeter: Du spielst ja auch Gitarre. Machst du eigentlich mittlerweile auch selber Beats? Könntest du dir überhaupt vorstellen, als Multitalent neben Rapper, Sänger und Schauspieler auch noch Produzent zu sein?

Damion Davis: Ich habe seit 2007 ein Elektroprojekt unter dem derzeitigen Namen Vogelhaus und würde die Musik als schranzartigen digitalen Bigbeat-Triphop bezeichnen. Ich werde hoffentlich so bald wie möglich eine MySpace-Seite einrichten und schon mal ein paar Hörproben von den Dächern zwitschern lassen. Ich produziere dieses Album unter dem Arbeitstitel "Panne!" komplett mit dem Musikprogramm Reason und es sind meine ersten selbst komponierten Elektronsongs. Es ist eine absolut freie und unbefangene, ehrliche Arbeitsweise, da ich völlig unvorbelastet mit dieser Stilrichtung spielen kann und keiner bestimmten Idealvorstellung nacheifere, sondern mich einfach bei der Produktion selbst überraschen lasse.
V.Raeter: Da fällt mir ein, was ist eigentlich mit deinem Gesangs-Alter-Ego "D.Shawn" passiert?

Damion Davis: Er arbeitet grade in einer französischen Senffabrik. Nach Feierabend feilt er aber weiter mit seiner geliehenen sechsseitigen Elektrogitarre an einem abgepsychten Garagen-Punk-Projekt.

Dexter: Da bin ich dann ja mal gespannt was da noch kommt. Wie kam es eigentlich zur Zusammenarbeit mit musikalisch eher gegensätzlichen Leuten wie V. Mann & Morlockk Dilemma?

Damion Davis: Ich kenne V-Mann schon von meinen ersten Freestyle-Sessions ’99, als den rappenden Klaus Kinski des Kolwitzer Platzes. Wir haben oft zusammen gereimt auf TwenFm, einem damaligen Piratenradio, auf diversen Auftritten, bei Open Mics usw. Morlockk Dilemma kenne ich von unserer gemeinsamen "Kuck Hear Tour 07". Ich denke wir schätzen uns gegenseitig sowohl musikalisch als auch persönlich, so dass eine Zusammenarbeit ganz automatisch zu Stande kam. Wir kommen halt irgendwie alle aus ähnlichen Hintergründen und stehen auch ohne arrogant sein zu müssen, stellvertretend für qualitativen Rap mit Hirn und Technik aus dem Osten. M und V sind die ersten Ostdeutschen Rapper, die spitten wie Amis zu Hochzeiten der goldenen "Mitte 90ger Ära“. Sie verkörpern für mich HipHop in solch purer aber gleichzeitig hochkomplexen Form, dass es mich echt unglaublich motiviert wieder mal richtig rough zu rappen. Wir fahren natürlich mittlerweile musikalisch, als auch thematisch auf unterschiedlichen Schienen im Zuge der Entwicklung, aber unser Ursprung war einst der gleiche. Mitte 90!!! Wir haben auf Tour einen Deal ausgehandelt, ich darf auf Ihren Alben nur singen und sie auf meinen nur rappen. Smith ‚N Wessun haben auch Features mit Talib Kweli, Kanye rappte zusammen mit Young Jeezy usw.
V.Raeter: Apropos ungewöhnliche Kombinationen: Wie kam die Verbindung zwischen dir und Jungtalent F.R. zustande?

Damion Davis: Ich höre in der Frage so einen eingewissen Unterton im Subtext mitschwingen…no pedo. Ich kenne F.R. schon seit seinem ersten Album, er rief damals einfach mal bei mir an und wir unterhielten uns über Gott und die Welt. F.R. war damals schon geistig sehr weit und ich hoffe, er wird der nächsten Generation das geben, was ich in unserer oft vermisst habe: Rapmusik mit inhaltlicher und stilistischer Qualität auf höchstem Niveau. SpokenView hatte schon einige Treffen mit F.R. und seinem Management gehabt, das gerade den Markt zwecks möglichen Signingoptionen sondiert. Wir haben schon einige Features releast und planen auch eine EP zusammen zu starten. Erstmal kommt ’08 sein drittes Album mit 18!!! Und dann sehen wir mal was passiert….Möglicherweise gehen wir dieses Jahr noch zusammen auf Tour.

Dexter: Wo wir gerade bei Dilemma und F.R. waren. Ich bemerke gerade einen ziemlichen Umbruch in der deutschen (Underground) Rapszene. Neue Leute wie Huss & Hodn, V Mann und Morlockk Dilemma, F.R. und eben auch du machen mit eigenem Trademarksound von sich Reden und bekommen positive Resonanz. Siehst du dich als Teil dieser neuen Bewegung?

Damion Davis: Unbedingt…für mich sind auch Künstler wie Maeckes & Plan B, F.R., Sir Serch, Sichtbeton und Sera Finale Teil einer Bewegung, für die es sich lohnt doch noch weiter an HipHop zu glauben. Das es immer wieder Umbrüche in der Szene gibt ist klar, aber jetzt haben diese Acts endlich mal Qualität und Anspruch egal in welche Richtung es auch geht. Für mich hinkt Deutschlands Rapszene trotz Internet immer noch 10 Jahren der amerikanischen HipHop-Kultur hinterher. Ich will damit sagen, ich habe das Gefühl, dass wir erst heute das umsetzten können was uns Mitte der Neunziger so inspiriert hat. Alle diese Acts und sicherlich auch noch ein paar andere ungenannte mehr, verkörpern für mich, das damalige Level von Rawkus oder Soundbombing.
V.Raeter: Jeder der dich schon mal live gesehen hat, weiß, dass du auch ein hervorragender Entertainer bist. Was hat es mit dem Konfetti auf sich und wie sieht eine Damion Show im Allgemeinen denn so aus?

Damion Davis: Meine Show steht dafür, dass die Leute abgehen wie jemand der die Schule schmeisst, für greifbare Energie, den ein oder anderen Stagedive, für 2,3 gute Accapellas, wenn die Technik nicht vollkommen versagt für verständliche Parts, für Action, Spannung, Spiel und Vanille. Bei allen Konzerten kann sicherlich nicht alles 100% davon abrufen, aber ich versuche immer alles zu geben sobald ich am Mic bin. Ich bin auch immer noch tierisch aufgeregt vor dem Gig, doch irgendwie brauche ich eine gewisse Anspannung, um auf der Bühne richtig agil zu sein. Umso mehr Lampenfieber hinter dem Vorhang, desto heller scheine ich bei der Show im Spotlight.
Dexter: Äh, und das Konfetti?

Damion Davis: Das Konfetti steht dafür, dass ich mir einen bunten auf der Bühne machen kann, so als ob es in einem geschlossenen Raum Farbe regnet, das Konfetti ist lebendiges Graffiti, living colour, materialisierter Ausdruck meiner variablen Vitalität.

V.Raeter: Ein Feature mit Nas, Jay Z, Wu Tang oder ein Auftritt vor einer halben Million         Zuschauer?

Damion Davis: Ein Feature mit Nas, Jay Z, Wu Tang vor einer halben Million Zuschauer. Oder eine halben Million Zuschauer featuren mich vor Nas, Jay Z, Wu Tang. Vielleicht nehme ich aber doch erstmal den 50/50 Joker…. Ach was soll’s, ich nehme das Feature mit Nas.

Dexter: Vielen Leuten, die dich hören und die dich auch persönlich kennen, fällt deine auffallend freundliche, positive Art auf. Ist es manchmal anstrengend positiv zu sein, oder bist du einfach so?

Damion Davis: Es wird anstrengend, wenn positive Ausstrahlung bei Fremden eine negative Reaktion hervorruft. Wenn man oft nett ist verstehen manche nicht, dass man ab und an auch mal das absolute Gegenteil verkörpert, an solchen Punkten entscheidet sich wer wirklich zu einem hält oder wer einen richtig kennen lernen will. Ich versuche größtenteils offen und optimistisch auf Menschen zuzugehen um Skepsis und Vorurteile zu vermeiden, um in Einklang mit meiner Umwelt zu kommunizieren. Es gibt schon zu viele ignorante, großkotzige Charakterschweine, die die Szene mit Ihrem Auftreten immer mehr auseinander treiben. Lieber friedlich zusammenkommen, als sich im Streit zu trennen.
V.Raeter: Die nächste Frage kannst du vermutlich kaum mehr hören. Deshalb stelle ich sie dir jetzt auch: Du spielst ja in Florian Gaag’s "Wholetrain" eine der Hauptrollen. Kannst du kurz erzählen, um was es in diesem Film geht und wie es zu deiner Rolle kam?

Damion Davis: Ich denke alle wissen, um was es geht, wie der Name schon vermuten lässt. Ich kam zu der Rolle über 8 harte Vorspielrunden eines bundesweiten Streetcastings an dem jeder Interessent teilnehmen konnte. Meine damalige Agentur kam nicht auf die Idee mich für den Film vorzuschlagen, kassierte aber trotzdem 10% Provision von meiner Gage. Ich habe eine Menge damaliger Freunde zu den Castings mitgeschleppt, von denen alle auch besetzt wurden. So saß ich dann aufeinmal zusammen mit Sir Serch, Aesop ( Fotograph bei SpokenView) Mike Fiction und Ninjah /Jeneez in München und drehte einen Kinofilm. Jakob Matschenz, der die Rolle des "Greenhorns“ Achim spielt, wuchs in meinem Viertel um die Ecke auf, doch wir trafen uns zum ersten Mal beim Dreh zu "Wholetrain". Ich habe in den Castings so viele verrückte Ausdrücke verwendet und so energisch abgepsycht, dass sie scheinbar keine andere Wahl hatten, als es einfach mit mir zu versuchen.
V.Raeter: Musstest du für den Film extra das Malen üben, oder hattest du schon vorher Kontakte zur Graffitiszene?

Damion Davis: Ich hatte schon immer Kontakt mit Writern, aber mein Talent war nicht das Malen sondern das Reden. Obwohl ich eine zeitlang auch auf Aktion war, erkannte ich schon früh, dass Musik meine Leidenschaft ist. Ich konnte das Bild vor meinem inneren Auge auf Grund von feinmotorischer "Canhandlingschwäche“ nie so an die Wand bringen wie ich es gern wollte. Ich hatte trotzdem das Vergnügen einige Ostberliner und Münchner Legenden kennen zu lernen. Es gab einen Workshop mit allen beteiligten Schauspielern und deren Ghostwritern. Die Bilder in dem Film wurden ausschließlich von besagten Legenden gemalt. Uns wurde am Set die Skizze gezeigt und wir zogen Outlines und machten Fills usw. unter der Aufsicht bzw. der Anleitung der Urheber.

Dexter: Und ein für allemal: ist Tino auch Damion?

Damion Davis: Wenn überhaupt, dann wohl eher Florian.

V.Raeter: Ok, hast du denn schon die nächsten Rollenangebote bekommen, Florian?

Damion Davis: Es stand gerade ein Casting zu einem Film in Marokko an über eine deutsche Band die nach Tanger reist um dort zu musizieren. Ich habe aber meine Agentur von damals nach dem Siegeszug von "Wholetrain" verlassen, weil ich zu viele Rollenangebote einfach ablehnen musste, aus Angst vor einem Imageverlust bzw. Rufschädigung. Wenn man bei Soaps, Werbespots oder irgendwelchen TV-Filmen spielt, die einfach nur peinlich sind, kann man nicht mehr authentisch auf die Bühne gehen und die Revolution predigen. Ich habe irgendwann die Entscheidung getroffen, mich auf mein eigenes Drehbuch zu verlassen, anstatt mich in diesem Filmbiz an den Teufel zu verkaufen. Wenn ich drehe, dann sind das meist Videos für SpokenView oder eine Dokumentation über das echte Leben ("Drehmoment") oder einfach nur abstrakte Aufnahmen von Lichterspielen in der Stadt ("Analoge Bildschirmschoner"). Für mich ist diese ganze Filmsache ein Hobby, ich habe keine professionellen Ambitionen, das ernsthaft zu betreiben. Es war ein hartes Stück Arbeit, diesem Film und die Vorstellung des Regisseurs der Figur zu realisieren. Ich habe einen heiden Respekt vor professionellen Schauspielern, aber wenn, dann bin ich der Typ hinter der Kamera, ein Drehbuchautor oder zumindest ein kreativer Ideengeber.

Dexter: Soweit ich das aus der Ferne beurteilen kann, bis du ja schon sehr lange aktiv in der Berliner Szene und du hast eine stetig wachsende treue Fanbase, was man an den täglich unzählig neuen MySpace Comments sieht, die du bekommst. Was möchtest du noch mit der Musik erreichen, wo möchtest du hin?

Damion Davis: Ich will noch viele verschiede Alben raus bringen und auch in anderen Genres Fuß fassen. Wenn ich ehrlich bin, wünsche ich mir endlich auch mal etwas Kohle machen zu können. Ich weiß, dass ich noch verdammt viel Arbeit vor mir habe und ich bin sehr dankbar das machen zu dürfen, was ich wirklich will und kann. Ich hoffe, ich kann mich nicht nur als Rapper, sondern auch als Musiker in den nächsten Jahren am Markt etablieren. Des weiteren würde ich mich freuen, wenn das Label SpokenView sich weiter so prächtig entwickelt wie ’07 und, dass wir es schaffen stetig zu wachsen, sowohl musikalisch als auch geschäftlich.

V.Raeter: Sag mal, welcher musikalische Streich ist denn in naher Zukunft geplant?

Damion Davis: Ich werde mich 2008 auf mein Rock Album und mein Elektroalbum konzentrieren. Bei beiden Projekten gibt es schon eine ganze Menge viel versprechendes Material. Watch out on MySpace für die neuen Seiten…soon in your room!!! Dann stehen einige exklusiv Tracks, Kollaborationen und Samplerbeitrage an, sowie ein Projekt mit F.R. Ich plane auch mit einem guten Freund einen neuen Film mit dem vorläufigen Arbeitstitel "Analoge Bildschirmschoner". Natürlich wird 2008 auch wieder getourt werden. Informiert euch unter spokenview.com oder meiner MySpace-Seite.