Sprachtot

Sprachtot ist "der Junge mit der Bassstimme" und dem mehr als imposanten Auftreten. Nach diversen Kollabo Projekten, einer beeindruckenden Mixtape Reihe kommt nun noch ein Mixtape von Sprachtot. Der Deutsch Amerikaner hat sich hierfür mit den Phlatlinern DJ Ron und DJ Shusta zusammen getan und am 29. Februar wird "Gottes Blutiger Pfad" in den Läden stehen. Wir redeten mit Sprachtot über (zu?) starken Output, Politik in seinen Texten und "richtige" Alben. Dabei kamen wir nicht unbedingt auf einen Nenner aber es kam ein interessantes Gespräch zu stande.   

rap.de: Fangen wir direkt mit etwas an, was mir aufgefallen ist: Juice exclusive, eine Line über Kollegah ("Ich sag diesem Kollegah wenn er will kann er Supporter sein"). Und plötzlich wird in den gängigen Foren diskutiert wie bescheuert. Geht da ein Konzept auf? Heißt das als Fazit nicht einfach ein bisschen Namedropping machen und zack ist man in aller Munde?

Sprachtot: Die Leute denken immer es geht um Namedropping. Aber ich weiß nicht, ich hab Rap immer so interpretiert, dass ich sagen kann was mir durch den Kopf geht…und die Leute sollen sich mal nicht daran aufziehen wie so kleine Kasperle Puppen. Um meine Zeilen auf der Juice CD mal sinngemäß wiederzugeben: Ich habe Kollegah ja gefragt, ob er mir als Supporter helfen kann. Das war doch eine Bitte an ihn, kein Diss. Und er hat mir auch auf MySpace geschrieben, dass er das gerne machen würde. Also gar kein Stress. Die Spaßkanone wird mein Supporter. Sind doch gute Neuigkeiten!
rap.de: Ja. Du sagst in eben jener Juice, dass dir der finanzielle Rückhalt für ein Album fehlt? Heißt das im Klartext ein Majordeal? Ich persönlich finde du verkaufst dich unter Wert, weißt du was ich meine?

Sprachtot: Hab ich gesagt einen Majordeal? Kuck mal, was ich sage meine ich auch. Ich habe nicht mal Geld um die Miete zu zahlen. Ich brauche keinen beschissenen Major. Ich brauche ein Studio und einen Typen, der mich aufnimmt, ungefähr 2-3 Monate und ein paar Leute die sich um die Promo kümmern. Dann wären alle Probleme gelöst. Ich hab Geldsorgen, deswegen kann ich mich nicht um Musik kümmern. Ich muss erstmal krumme Dinger machen, damit ich überhaupt leben kann. Aber ich bin gerade dabei das auf die Reihe zu kriegen, und zum Glück habe ich krasse Fans, die mich überall unterstützen. Und auch in meinem Umfeld hat sich einiges positiv geändert. Und ich habe mich noch nie unter Wert verkauft, aber schau, ich probier soviel zu releasen wie möglich, meine Musik wird den Leuten schon noch die Augen öffnen. Ich habe Verlags Angebote und auch Labels sind interessiert. Es ist so, ich hätte schon längst unterschreiben können! Aber ich bin kein Schnäppchen, im Supermarkt zahlt man auch was draufsteht oder?
rap.de: Auf das Releasen kommen wir gleich noch zurück. Wenn du die Wahl hättest zwischen allen deutschen Labels, wo würdest du am liebsten signen/gesignt werden? Nur so aus dem Bauch raus, welchen Labelnamen würdest du gerne auf deinen Platten lesen?

Sprachtot: Meinen eigenen Labelnamen würde ich gerne lesen. Aber mir reicht im Moment auch, dass ich releasen kann. Der Punkt ist, ich hatte mit allen Labels Gespräche. Die einen waren mehr, die anderen weniger begeistert! Ich denke das Wappen/Logo ist mir egal, Hauptsache ich fühl mich dort wohl.

 

rap.de: Ich finde, der Output den du angekündigt hast (drei, vier Releases für 2008) bedenklich. Hast du nicht Angst damit den Markt mit Sprachtot zu übersättigen?

Sprachtot: Was übersättigen, ich hab kaum released! Irgendwelche Vögel bringen jeden Tag was raus und werden gefeiert, und sagen nix aus in ihren Texten. Und ganz ehrlich 3-4 Projekte sind nicht viel! Es gibt Künstler die haben weitaus mehr Output, und keiner sagt: „Bitte nicht soviel!“ Ich glaube wir kommen wieder in eine Zeit in der die Leute Musik anfangen wieder zu schätzen und froh sind über gute starke Zeilen und Songs! Und die Projekte die ich im Kopf habe sind sowieso anderes Level.
rap.de: Doch, ich bleibe dabei, mir zum Beispiel geht das auf die Nerven, wenn ein Künstler hintereinander weg released und ich kaum Zeit habe mich damit anzufreunden, weil gleich das Nächste kommt. Ich sage ab und zu: "Bitte nicht soviel!! Egal. Was für Projekte sind das, was meinst du mit "sowieso anderes Level“?
 
Sprachtot: Ja das ist dein Bild! Und vielleicht denken Andere anders. Das kann man nie wissen, ich weiß nur eins, ich glaube ich bin ein paar Leuten einfach gute, neue Musik schuldig, und da das meistens Projekte mit Anderen sind, hab ich keine Angst, dass ich sie übersättige, und ganz ehrlich von guter Musik kann man doch nicht genug kriegen, oder? Kuck mal ich werde mit den Beatgees ein komplettes Projekt machen, mit einigen Gastauftritten zu denen ich jetzt noch nix sagen will, nur soviel…damit hättet ihr nicht gerechnet! Und dann hab ich auch das Projekt mit Raf Camora. Zurück zur Frage. Mit anderem Level meine ich, das wird komplett anderer Sound, frischer Wind, nicht dieses GummiGangsterRap Gelaber, das hier schon seit 2-3 Jahren fabriziert wird! Einfach wieder Straßenmusik mit Anspruch. Ich schäme mich manchmal für Rap, ich hab gerade vor kurzem mit jemandem aus Hamburg telefoniert, der ist da der gleichen Sicht! Heutzutage muss man sich als vernünftiger Rapper schon schämen, weil alle denken dieses "Yo Yo Gangstershit!“ wäre unsere Sprache. Aber wir haben mehr auf dem Kasten als eine Waffe zu laden und abzufeuern.

rap.de: Ich finde du bist im Moment auf jeden Fall in den Medien präsent, Juice, Backspin, Bravo etc, wäre es da nicht eher Zeit das auszunutzen und endlich mal mit einem kompletten Album an den Start zu kommen?
 

Sprachtot: Finde ich nicht! Weißte ich meine die ganze Welt kann denken was sie möchte, ich bin kein Idiot dem man erzählen muss wie es läuft. Ich hab zu oft in den letzen 2-3 Jahren talentierte Künstler gesehen, die gute Alben gedroppt haben, und ihnen wurde das nicht gedankt, weil ihre Plattenfirmen, oder die Typen dahinter zu dumm waren. Oder weil es zu wenig Geld für Video und Promotion gab. Das wird mir mit meinem Album nicht passieren!

rap.de: Ich habe immer noch nicht verstanden was dein konkreter Plan ist um an den Punkt zu kommen, wo dir das nicht passiert…?

Sprachtot: Wenn ein Mensch alles verstehen würde, müsste er auch keine Fragen stellen, oder? Ums noch mal zu erläutern, ich habe eine Vorstellung wie ich es nach oben schaffe, und die verfolge ich. Darüber können wir uns dann noch mal in 1-2 Jahren unterhalten, dann werde ich es dir genau sagen können, was geklappt hat und was nicht!



rap.de: Ok, anderes Thema. Fühlst du dich eigentlich von der "Szene“ übergangen? Du bist ja nun schon lange dabei und Fakt ist, dass du ein guter Rapper bist, aber nicht die Anerkennung bekommst die du verdienst, oder siehst du das anders?

Sprachtot: Ach was. Ich konnte wegen privaten Konflikten nicht wirklich auf diese Kinderszene, die sich "Deutschrap“ nennt eingehen. Ich bin auch kein Teil irgendeiner Szene. Ich bin erstmal froh, dass ich noch nicht im Knast war, und dass ich vor älteren Menschen immer noch Respekt habe. Und in der Zeit, wo ich mich durch das Leben geschlagen hab, haben andere halt Musik gemacht. Ich nehme das keinem übel. Aber jetzt bin ich eben da! Also Vorsicht!

rap.de. Bei einer Querbeetrecherche ist mir aufgefallen, dass in der Diskografie auf deiner MySpace Seite kaum Feature Tracks gelistet sind, obwohl es da doch noch viel mehr gibt. Heißt das, du stehst nicht mehr zu den alten Sachen?

Sprachtot: Das heißt eher, dass ich manche Features nicht mehr zu erwähnen nötig finde. Ich meine, kennst du deinen Kindergartenfreund noch mit Namen? Dinge ändern sich, auf die meisten Leute komm ich eh nicht mehr klar. Und ich möchte auch nicht, dass die Leute auf die Gedanken kommen ich käme auf sie klar!

rap.de: Du hast es vorhin schon angesprochen, werden wir konkreter: Verdienst du eigentlich mit Rap/Musik dein Geld, oder hast du auch noch ein "anderes“ Leben?

Sprachtot: Sagen wir mal so, ich habe keine Ausbildung und keinen Nebenjob. Ich mache halt ab und zu so mein Geld. Ich komm so über die Runden. Aber das ist nicht trauer-mäßig gemeint, es gibt Menschen denen geht es weitaus schlechter als mir, denen weint auch keiner eine Träne nach. Also soll auch keiner bei mir damit anfangen. Ich kenne meine Situation, bin mit ihr nicht zufrieden, und werde versuchen sie zu ändern!

rap.de: Du stimmst in der aktuellen Juice der Frage, ob Rap wieder verstärkt politisch werden soll, zu. Was ist dein politisches Statement? Mir wird das aus "Gottes Blutiger Pfad“ nicht unbedingt ersichtlich.

Sprachtot: Muss ein Mixtapetitel politisch sein? Oder muss ein Albumname die Essenz aller Weltpolitik verkörpern? Wo steht das? Hörs dir mal richtig an, vielleicht kannst du dir dann was politisches daraus erschließen.

rap.de: Nö, muss es nicht, eh klar. Aber wenn du der Aussage zustimmst, gehe ich natürlich auch davon aus, dass das dein Anliegen ist und das du dieses dann entsprechend umsetzt. Ich habe das Interview gelesen, bevor ich überhaupt in "Gottes Blutiger Pfad“ reingehört habe. Deswegen war ich natürlich auf der Suche nach dem politischen, habe das dann aber vermisst und der härtere Battlekram überwiegt ja eindeutig, oder verstehe ich da grundsätzlich was nicht? Dann erkläre es mir doch einfach.

Sprachtot: Battlekram? Sorry, aber so was mache ich nicht! Es ist schade das in der heutigen Zeit ein Text in dem Schimpfwörter vorkommen, als Battlekram abgestempelt wird. Ich denke das Problem ist, dass du es nicht verstehst, oder nicht ganz peilst, dass du Politik anders interpretierst als ich. Für mich ist Politik, dass junge Mädchen zu Müttern werden, ohne Unterstützung leben, und ihre Kinder aus Frust schlagen. Für mich ist Politik, dass ich den Film Blood Diamand schaue, registriere dass es in Afrika wirklich so zu geht, und es mich 2 Minuten später nicht mehr juckt. Politik ist, dass Leute gezwungen werden kriminell zu sein, weil für sie kein Platz in der normalen Gesellschaft gemacht wird. Das ist meine Sicht der Politik. Wenn du den Bundestag, Angela Merkel, Minister, Staatsverschuldung, Verkehrswesen, Ölverschmutzung, Amerika, Krieg und so weiter als Politik siehst, ist es klar, dass wir nicht dasselbe darunter verstehen und du keine Politik in meinen Releases finden wirst.
rap.de: Ok, vielleicht war ich da kurzsichtig, vielleicht haben wir tatsächlich andere Vorstellungen, ich werde das noch mal überprüfen. Welche Sparte Rap bedienst du denn dann? Wo würdest du dich einordnen?

Sprachtot: Sollen mich die Pressespezialisten und andere Leute einordnen. Ich muss mich um andere Dinge kümmern.

rap.de: Wenn du endlich ein "richtiges“ Album in die Läden bringst, zu einem theoretisch richtigen Zeitpunkt, mit Deal, Promo, allem drum und dran und das dann unter Umständen trotzdem wenig erfolgreich wird, was wäre für dich die Konsequenz daraus?

Sprachtot: Dass ich mit dir nie wieder ein Interview führe! Spaß beiseite, damit befass ich mich wenn es passieren sollte. Ich bin ein Mensch der sich mit Dingen befasst die passieren, nicht mit Theorien!
rap.de: Auch hier noch mal: Wie kamst du mit DJ Ron und DJ Shusta zusammen, warum die beiden, warum nicht jemand anderes?

Sprachtot: Das hat mein Manager in die Wege geleitet. Und es ist gut, dass es passiert ist!
rap.de: Na komm, das geht auch ausführlicher.

Sprachtot: Schau, es ist so, durch meinen Manager hab ich eine Beat-CD von den Beiden bekommen, und ich finde gerade Shusta hat so seinen eigenen Sound. Dann kam mir gleich in den Kopf, dass er der DJ von Tefla ist/war, wie auch immer man das ausdrücken möchte. Das hat auch mein Interesse geweckt. Und eins kam zum anderen. Ich bin sowieso der Meinung solche DJs wie man sie sich vorstellt, gibt es kaum noch, da kann ich doch froh sein, wenn ich gleich 2 erwische! Aber die Zusammenarbeit ist wirklich spontan entstanden. Ich meine, als ich den Jungs so 4-6 Acapellas von vor 2 Jahren gegeben hab, und die einfach eine gute Beat Produktion darunter gelegt haben, war für mich klar, dass man da mehr machen kann! Weil ich viele Perlen auf dem Rechner habe und dachte schon, ich kann mit den Tracks nix mehr machen. Aber Shusta hat diesen Perlen den Schliff verpasst, und sie aufgerüstet. Das war auf jeden Fall eine gute Sache! Und so sind auf dem Mixtape auch 4-6 Songs die schon vor 2 Jahren aufgenommen wurden, aber die noch keiner gehört hat. Von daher immer noch aktuell, und das beweist auch nur, das ich meiner Zeit voraus bin!



rap.de: Schon besser. Jetzt ist es unausweichlich. Am 29. Februar kommt "Gottes Blutiger Pfad“. Letzte Worte bei rap.de bevor es passiert?

Sprachtot: Als allererstes mal vielen Dank für das Interview. Ich finde du bist seit langem eine gewesen, die mal ein bisschen Spiff ins Gespräch gebracht hat, und auch nachgehakt hat. Ich mag solche Art von kritischen, aber objektiven Gesprächen. Dafür danke ich dir. Und jetzt zu mir und meinem neuen Release. Jeder der von sich ein bisschen was hält sollte mal in "Gottes Blutiger Pfad“ reinhören. Der Rest sollte weiterhin bei der ersten Spax CD bleiben! Ich mach anderen Sound! Und schaut euch das Video an, egal wo…und besucht meine  MySpace-Seite. Gruß an die Leute aus dem Forum! In diesem Sinne: Auf Wiedersehen!

rap.de: Ich bin wiederum dankbar dafür, dass du dich im Gegensatz zu vielen Künstlern nicht angebiedert, sondern konsequent deine Meinung vertreten hast. Auf Wiedersehen.