K.I.Z.

K.I.Z. ziehen über das Land und hinterlassen eine Spur der euphorischen Begeisterung. Nicht nur die Fans feiern die vier Jungs, auch die Medien sind allesamt hellhörig geworden, was sich da in Berlin Kreuzberg zusammengebraut hat. Inzwischen steht ihr drittes Album in allen Läden und geht weg wie warme Semmeln. K.I.Z. sind "die Rettung des deutschen Raps". K.I.Z. sind anders als Berliner Klischee Rapper. K.I.Z. sollen den Karren aus dem Dreck ziehen. Ist das tatsächlich so und wollen K.I.Z. diese Position überhaupt einnehmen? Wir diskutierten mit Rapper Maxim und Sil-Yan alias DJ Craft über "das Phänomen" K.I.Z., die Arbeit mit Universal, die letzten zwei Jahre,  Zukunftspläne und Nonsens.

rap.de: Ihr seid heute nur zu zweit hier…

Sil-Yan: Die anderen beiden sind gestern leider gestorben, beim Videodreh.

Maxim: Das war ein bisschen zu hart für sie.

rap.de: Und wie geht es dann mit K.I.Z. weiter?

Sil-Yan: Es wird jetzt noch härter. Wir sind jetzt ein Duo, so wie Static

Maxim: (lacht) Was redest du nur? Nee, keine Ahnung, wir sollten nur zu Zweit sein, den meissten Leuten ist das angenehmer, zu viert werden wir oft anstrengend.

Sil-Yan: Wir sind jetzt wie Dendemann. Wir machen das jetzt solo, DJ und Rapper. Das haben wir ja eigentlich auch schon immer so gemacht. Wir sind ja das musikalische Duo, wir machen schon lange zusammen Musik.

Maxim: Wir waren zusammen in einer Metall Band zum Beispiel.

rap.de: Stimmt, die Geschichte kursiert.

Maxim: Und sie stimmt wirklich.

rap.de: Kennt ihr euch am längsten?

Sil-Yan: Nee, ich kenne Tarek am längsten. Aber Tarek war damals noch sehr fly und hat amerikanische Musik gemacht (lacht) mit einem anderen Rapper zusammen und wir haben dann erst später musikalisch zueinander gefunden.

rap.de: Ich würde euch bitten mal die letzten zwei Jahre zu resümieren…

Sil-Yan: Also, es ging 2005 los mit dem "Rapdeutschlandkettensägenmassaker", im Mai, das war unsere erste Veröffentlichung auf Royalbunker, das war übertight.

Maxim: Ausser mein Solotrack.

Sil-Yan: Ja, der is scheiße geworden. Mein Solotrack hat es dafür nicht mal auf die Platte geschafft. Damals hatten wir auch unsere erste Tour, als Supportact für Rhymin Simon, zusammen mit den Big Bud Jungs, das war eine wunderschöne Zeit. Dann kam der Sommer mit dem ersten Splash! Auftritt auf der Mzee Bühne im Regen und Matsch, das war aber trotzdem schon ziemlich cool. Das war im Rahmen dieser Rock’n’Roll Streetoffensive. Es gab halt einen Auftritt bei dem alle Royalbunker Künstler innerhalb von einer Stunde aufgetreten sind.

rap.de: Zwischenfrage: Ihr seid die einzigen die von der Royalbunker Streetoffensive übrig geblieben sind, oder?

Maxim: Stimmt. Tua ist jetzt woanders, der hat einen Produktionsdeal mit Deluxe Records, das finde ich schade, also nicht das er bei Deluxe ist…oder doch, das finde ich eigentlich auch schade. Catee und Derill gibt es noch,  wer war denn da noch?

Sil-Yan: MOR zum Beispiel…

Maxim: Wobei das sind ja Leute die selbst sagen: „Das ist jetzt vorbei, das war noch mal nett, aber ist jetzt vorbei.“

Sil-Yan: Rufmord konzentriert sich auf seine Grafiker-Karriere und macht halt in dem Bereich noch Sachen für uns. Den Flyer für die Tour zum Beispiel hat Rufmord gemacht. HACK gibt es auch nicht mehr….

Maxim: Das findet auch echt keiner schlimm.

Sil-Yan: Zurück zum Thema. Dazu kamen dann verschiedene kleinere Auftritte, es ging halt so langsam los und wir haben zu der Zeit halt geiles Feedback bekommen und sind auch gut bei der Presse und den Kritikern angekommen, aber auch bei der Szene. Wir haben ja dann angefangen für uns selbst Promo zu machen und uns selbst geil zu finden. Danach kam das Mixtape "Böhse Enkelz", da hatte ich dann auch als DJ ein wenig mehr zu tun. Auf "Böhse Enkelz" haben wir ein paar HipHop Klassiker verwurstet und somit neue geschaffen, dann kamen weitere Auftritte und dann auch schon die Konzerte, wo wir als Support Act gespielt haben. Das ging los mit Auftritten vor der Bloodhound Gang, die waren eine riesige Sause. Wir haben Flaschen an den Kopf bekommen…

Maxim: Becher.

Sil-Yan: Ok, Becher. Wir wurden aber auch geliebt, das war so ein hin und her zwischen Liebe und Hass, was natürlich eher so mittelprächtig ist.

Maxim: Dafür waren die Jungs cool, muss man schon sagen.

Sil-Yan: Bloodhound Gang waren supercool, auf jeden Fall. Die älteren Fans auf den Bloodhound Gang Konzerten waren auch richtig cool, die haben dann auch am Merchandise Stand hinterher noch mit uns gefeiert.

Maxim: Komischerweise waren das halt nicht die Kiddies, die uns gefeiert haben sondern die älteren Leute. Die Kids waren immer viel zu sehr auf ihrem Film: „Das ist Rock, maaan! HipHop hat hier nichts zu suchen ok? Ihr seid doch Möchtegerns.“ Also egal was für Möchtegerns, aber wir waren halt in jedem Fall Möchtegerns und die Leute, die uns gefeiert haben waren irgendwelche alten Trucker und so. Woran liegt das eigentlich?

Sil-Yan: Dann hatten wir unseren zweiten Auftritt auf dem Splash! 2006, also der erste Richtige bei dem wir alleine als K.I.Z. aufgetreten sind. Zeitgleich mit dem Headliner Seeed und trotzdem waren bei uns jede Menge Leute.

Maxim: Ungefähr 1000, der Platz vor der Bühne war komplett voll…Voller als davor und danach auf jeden Fall.

rap.de: Genauso wie man sich das als Künstler wahrscheinlich wünscht.

Maxim. Genau. Also jetzt nichts gegen Seeed, aber hey.

Sil-Yan: War auf jeden Fall ein sehr krasses Erlebnis und auch eine riesige Bestätigung von Seiten der HipHop Szene, was uns auch sehr gefreut hat. Danach kam der Support für The Game, das war nicht so geil, weil The Game einfach ein Spast ist. Ausserdem hat sein Publikum nicht zu unserem Publikum gepasst. Es gab da so ein paar sozialkritische Songs die wir dann performed haben, die kamen gut an, aber auf die Partysachen kamen die Fans von The Game gar nicht klar.

Maxim: Aber bei The Game habe ich etwas interessantes entdeckt, nämlich das es in Düsseldorf, Hamburg und Berlin auch Bloods und Crips (Gewalttätige, verfeindetete Gangs amerikanischen Ursprungs, Anmerkung der Redaktion) gibt und das die alle weiß sind. Davon war ich sehr fasziniert. Hatte also immerhin einen Lerneffekt.

Sil-Yan: Die haben sich auch richtig untereinander auf dem Konzert geprügelt.

Maxim: "Gab Beef" um das mal korrekt auszudrücken. (lacht)

Sil-Yan: Dann kam der erste große Erfolg als Suppertact für Prinz PI auf der Donnerwetter! Tour, das war richtig hammer, da war auch Kollegah dabei und da sind die Leute dann schon richtig ausgerastet und wir wurden durchgehend bei jedem Konzert euphorisch gefeiert. Das war echt gut. Auch für unser Ego übrigens. Wir haben da auch jede Menge Routine bekommen. Und es war halt auch eine der größten und längsten HipHop Tourneen von Underground oder Independent Künstlern.

rap.de: Wie lang war die Tour?

Sil-Yan: Das waren so 22 oder 23 Auftritte, das war schon ganz schön krass. Außerdem waren halt erstmals drei sehr unterschiedliche Acts auf Tour. Kollegah hat ja ganz andere Fans als Prinz PI und wir haben auch noch mal sehr andere Fans, aber auf diesen Konzerten hat sich das alles gemischt und wir haben gemeinsam gefeiert und wir haben gemerkt das ein K.I.Z. Fan auch einen Prinz PI cool finden kann und umgekehrt, das war schon eine sehr besondere Tour für die Hip Hop Szene in Deutschland und auf jeden Fall sehr geil.

rap.de: Damit befinden wir uns dann in der Jetztzeit und bei "Hahnenkampf".

Sil-Yan: Genau. "Hahnenkampf" befand sich in Arbeit und wir wollten es unbedingt schon bevor es fertig war allen zeigen und haben die „Das Album ist fast fertig und wir zeigen es euch Tour“ gemacht. Das wurde dann auch ein großer Erfolg, da waren wir das erste Mal als Headliner auf Tour, leider nur für eine Woche, aber trotzdem cool.

Maxim: Es war halt auch überall voll. Wir hatten am anfang ein bisschen Angst weil wir bei der Donnerwetter! Tour ja quasi ein Familien Paket angeboten haben, aber als wir zum Beispiel in Köln aufgetreten sind, waren da genauso viele Leute wie bei der Donnerwetter! Tour. Es war eigentlich überall brechend voll. In Berlin war es voller als bei Sido.

Sil-Yan: Jetzt ist "Hahnenkampf" seit dem 24. August draußen, unser Major Label Debüt und wir gehen ab dem 5. September auf Tour und wir haben Mach One, Vork und Darn dabei…

Sil-Yan: Die haben auch ein Album, das müsst ihr auch alle kaufen, das ist auch super.

Maxim: Also es geht um das Album "Freak Show" von Darn und Mach, das ist gleichzeitig mit unserem released worden. Da sind wir übrigens auch drauf, mit einem sehr guten Track. Mit einem sehr sehr guten Track.

Sil-Yan: Egal. Also, Massimo ist auch auf Tour dabei, der ist auch auf "Hahnenkampf" als Feature und bringt demnächst ein Album mit Tarek raus. Die Tour heißt „Raus aus dem Körper, rein in den Club“ und unterhaltungstechnisch wird es jede Menge geben.

rap.de: Ich finde den Tour Titel übrigens super. Was erwartet uns…

Maxim: Ich habe das irgendwann als Zeile in einem Track geschrieben und völlig absurd meinte Nico dann: „Lass‘ mal die Tour so nennen.“ Und jetzt gibt es diese genauso absurden Poster dazu wie wir aus unserem Körper rauskommen. Kennst du das Poster?

rap.de: Nein.

Maxim: Gucks dir auf jeden Fall an, wir haben das da schön verbildlicht.

rap.de: Ok. Also die Tour…

Maxim: …ich freue mich schon total, das wird auch eine sehr lange Tour, das sind 25 Termine glaube ich und das ist dann für Deutschrap im Moment das Längste. Mal abgesehen von Sido oder Bushido oder so. Egal. Ich freue mich, mir macht touren eigentlich auch am meisten Spaß.

Sil-Yan: Culcha Candela haben mehr Termine.

Maxim: Das sind aber keine Rapper. Die Rapper haben die, glaube ich, aus der Band ausgeschlossen.

rap.de: Ihr kündigt im Trailer zur Tour acht Meter große Hähne an…

Sil-Yan: Genau, außerdem haben wir Elefanten dabei, wir haben Kleinwüchsige dabei…

Maxim: Viele brennende Reifen und Löwen…

Sil-Yan: Und ich mache mich vielleicht auch nackich.

Maxim: Dem werden wir nicht entgehen können, fürchte ich.

rap.de: Es lohnt sich also.

Maxim: Auf jeden Fall. Ghetto Party.

rap.de: Ihr hattet gestern einen Videodreh. Zu welchem Lied war das?

Maxim: Zu "Spast".

rap.de: Das wird also die nächste Single…

Maxim: Richtig.

rap.de: Was wird im Video zu sehen sein?

Maxim: Das wird dann sehr sexy, wir sind alle nackich. Jeder Darsteller ist nackich. Pimmel mussten wir aber leider zensieren. Es spielt in der Pathologie, wir sind alle gestorben und machen da halt Party.

rap.de: Spannend. Habt ihr eigentlich Anteil daran wie eure Videos aussehen?

Maxim: Ja klar, also bei diesem Video war ich bei der Besprechung nicht dabei, also sind da von mir jetzt nicht so die krassen Ideen dabei, ausser Pisse zu trinken…

Sil-Yan: Aber wir haben uns vorher getroffen, machen dann immer Brainstorming, schreiben alles auf was uns so einfällt, dann einigt man sich auf ein Thema, was allen gefällt, oder man entscheidet über Köpfe hinweg (Blick auf Maxim) und dann denkt man sich speziell für diese Story Sachen aus, jeder macht Beiträge oder auch nicht (Blick auf Maxim) und der Regisseur, Jörg Heitmann, der auch das Video zu "Geld essen" gemacht hat, der hat sich dann auch noch Gedanken gemacht und sich parallel auch noch Stories ausgedacht.

Maxim: Bei Video zu "Geld essen" war es auch so, der Ort kam dann vom Regisseur aber wir hatten die Ideen, bla hier, Hitler, Hahnenkampf, was noch? Egal, wir sind immer stark beteiligt an den Videos.

rap.de: Ihr seid ja eigentlich zu viert, heute nur als Duo, aber wie laufen Entscheidungsprozesse grundsätzlich bei euch ab?

Maxim: Das ist immer ein großes Chaos. Wir haben keine Person bei uns die alles entscheidet. Wir entscheiden immer alles zusammen, sobald einer dagegen ist, dann passiert das meistens nicht…na ja, kommt darauf an was für eine Entscheidung es ist. Aber wenn es jetzt zum Beispiel darum geht, anstelle von Clueso vor Freundeskreis irgendwo aufzutreten, dann wird das schon per Veto Recht entschieden, also wenn einer damit wirklich ein Problem hätte, dann würden wir das nicht machen. Wir sind da sehr demokratisch.

rap.de: Stimmt, ihr tretet beim IFA Sommergarten Konzert auf, eigentlich passt ihr da theoretisch ja gar nicht rein.

Maxim: Das ist auch das Problem, was wir am Anfang damit hatten. Im Endeffekt haben wir uns aber gedacht, wir haben 1000 Konzerte gespielt, die genau das gleiche waren, wo wir nix gekriegt haben oder vielleicht noch ein Arschtritt wenn es gut kam und jetzt bekommt man dafür auch noch Geld, also warum sollten wirs jetzt nicht machen, da wären wir doch blöd. Wir machen da auch unsere normale Show, wir werden mit "Hurensohn" auf die Bühne gehen und wenn die Zuschauer es mögen, dann tun sie es und wenn nicht eben nicht. 

rap.de: Man darf gespannt sein, sonst ist der IFA Sommergarten ja vor allem politisch korrekt.

Maxim: Stimmt. Gentleman und so.

rap.de: Anderes Thema: Kommt ihr ursprünglich aus Berlin?

Maxim: Ja, wir beide sind aus Kreuzberg, die anderen sind irgendwo anders aus Berlin und sind jetzt auch nach Kreuzberg gezogen. Na gut, außer Tarek, der ist in Freiburg geboren, hat dann in Spanien gelebt, riesige Weltreise und wohnt jetzt halt auch in Kreuzberg.

rap.de: In euren Texten kommt ja auch immer so ein gewisses Maß an Berlin Patriotismus durch. Würdet ihr euch als Klischee Berliner bezeichnen? Kindl, Currywurst, Hertha?

Maxim: Bisschen, ja. Wir sind jetzt nicht so die Fußball Menschen, aber Currywurst auf jeden Fall, Pommes ja, Schranke ja, Kindle joar. Kindle ist ok, aber eigentlich mehr Pilsator, Sternburg, die Richtung.

rap.de: Kommen wir zum Eingemachten.

Maxim: Unbedingt.

rap.de: Das Phänomen K.I.Z. Als ich die Review zu "Hahnenkampf" geschrieben habe, fiel es mir extrem schwer zu beschreiben oder zu definieren was an euch anders ist als an anderen Rappern. Weil ihr letztlich faktisch ja doch….

Maxim: …wir das Gleiche machen.

rap.de: Genau.

Maxim: Wir haben uns ja auch nie hingesetzt und gesagt wir wollen das jetzt parodieren oder so. Wir haben ja nie gesagt dieses ganze Gangster-Zeug kotzt uns an, wir sind ja keine anti Gangster, anti Aggro, anti irgendwas Front…Wir haben so was immer gehört, wir hören so was auch immer noch, also dieses typische, harte, berliner Zeug. Natürlich wollten wir ein bisschen was Eigenes schaffen, aber eher folgendermaßen: „Der macht den Vergleich, dann muss unserer noch krasser sein.“ oder „Der sagt das und das, dann müssen wir das noch viel mehr übertreiben“ und dadurch ist das gekommen, wir haben uns aber nie hingesetzt und gesagt: „Wir machen was anderes!“.

rap.de: Aber woher kommt es, dass ihr plötzlich diejenigen seid denen Subtexte zugeschrieben werden?

Sil-Yan: Die Leute suchen immer Personen der ihre Fantasien und ihre Wünsche erfüllen oder verkörpern. Ich glaube es gibt halt Leute, die finden diese ganzen harten Texte scheiße und sitzen jetzt also da und wünschen sich heimlich, dass endlich mal jemand kommt, der da irgendwie eine Front gegen bildet. Und dann hören diese Leute unsere Musik und hören ihrer Meinung nach genau diese Sachen raus und bilden sich dann ein wir würden diese Front bilden wollen. Am besten sie interviewen uns dann noch und legen uns Sachen so in den Mund, dass ich mich wenn ich es lese frage, ob ich bei dem Interview eigentlich da war. Das sind dann Interviews, wo Sachen drin stehen, die wir nicht gesagt haben, die aber geschrieben werden weil der Interviewer schon vorher ein ganz bestimmtes Bild von uns hatte und in der Frage steht sozusagen schon drin: „Ihr seid die rettende Front“ und es wird nicht mehr gefragt ob wir das überhaupt darstellen wollen oder nicht, sondern einfach durch die Medien so festgelegt.

Maxim: Klar verarschen wir auch ein paar Sachen, aber nicht von Oben herab oder von Außen. Wir sind Teil von diesen Leuten, diesen Prolls, die wir angeblich immer aufs Korn nehmen oder verarschen, wie auch immer. Das wollen halt nur viele Reporter, Redakteure, Magazine nicht so sehen und deswegen haben wir plötzlich Subtexte. Wir machen uns eigentlich über uns selbst lustig, kann man sagen.

rap.de: Als Teil dieser Gruppe macht ihr euch über euch selbst und die Gruppe lustig. Punkt. Meinst du das?

Maxim: Ja. Ich glaube das macht den Unterschied. Wir sind nicht von Oben herab und sagen: „Boah, der Typ is ja ein Gangster Rapper Spast, sondern wir machen genau dasselbe und überziehen es einfach. Wir erheben keinen Zeigefinger: „Das ist Scheiße, sonst was“,  sondern harte Texte sind halt auch mein Stil und ich übertreibe und kritisiere dabei natürlich auch diese ganze Szene, aber als Teil von ihr, nie von Oben herab.

rap.de: Kann man viele Artikel über euch vielleicht mit dem schulischen Deutschunterricht vergleichen, in dem halt auch in alles krampfhaft etwas reininterpretiert, alles überinterpretiert wird?   

Maxim:Ja. Ich finde immer faszinierend wenn ich die Texte über mich selbst lese und die selber nicht mehr verstehe und ich mich erst eine Weile hinsetzen und überlegen muss, was die meinen…

Sil-Yan: Genau. Aber das Schlimmste ist eigentlich, wenn dann da Sache stehen wie „Verantwortung übernehmen????“ und dann der Interviewer in unseren Augen angeblich zum Thema Verantwortung nur Fragezeichen gesehen hat.

Maxim: Da wird dann irgendwas in unseren Gesichtern gelesen was die Reporter lesen wollen…

Sil-Yan: Und das wird dann hingeschrieben, obwohl wir niemals sagen würden: „Nö, wir übernehmen keine Verantwortung“. Völliger Blödsinn.

Maxim: Na ja, das würden wir vielleicht sagen, aber das haben wir einfach bisher noch nirgendwo gesagt. (lacht). Das ist genau das was ich meine. Die Leute gehen einfach davon aus, dass wir so sind und ähm…wie war die Startfrage?

rap.de: Schule, Deutschunterricht, Überinterpretiert.

Maxim: Nee. Ich habs vergessen. Keine Ahnung.

Sil-Yan: Interpretation, Subtexte, …

Maxim: Hm. Nee. Vergessen. Keine Ahnung.


rap.de: Bleiben wir bei dem, was über euch geschrieben wird. Ich habe hier ein Zitat gefunden, sagt mir, ob ihr da mitgehen könnt oder nicht: „..und mit dieser Provokation stoßen K.I.Z. gezielt die eigene Zielgruppe vor den Kopf und sorgen für Verwirrung…“. Und, stoßt ihr eure eigene Zielgruppe vor den Kopf?

Maxim: Ja, auf jeden Fall. Also was auch immer man jetzt als unsere Szene definiert, aber klar stoßen wir Leute vor den Kopf wenn wir zwei sich küssende Männer zeigen. Wir versuchen trotzdem damit nicht fremde Kinder zu erziehen sondern unsere eigenen.

rap.de: Noch ein Zitat, diesmal aus einer "Hahnenkampf" Rezension: „Und auch "Klassenfahrt" reist mich nicht wirklich vom Hocker, was auf die von der Gruppe selbst gelegte Messlatte zurückzuführen ist…“

Maxim: Bei "Klassenfahrt" hören wir so was oft, einerseits feiern die Leute das Lied extrem, ist ja auch geil als Lied, andererseits messen sie es an den Punchline Sachen von uns und da kann es eindeutig nicht mithalten. Ist halt eher ein Themensong mit Atmosphäre, sage ich jetzt mal.

rap.de: Bei euch liegt inzwischen ja wirklich die Messlatte extrem hoch.

Maxim: Ja, das ist ganz schön scheiße.

rap.de: Ich meinte was anderes, hat man als Künstler nicht jetzt Angst? Ihr habt doch quasi schon alles erreicht. Euer Album wird gefeiert, die Shows auch, überall in den Medien, was kann denn überhaupt noch kommen? Wie verhindert ihr Qualitätsverlust?

Maxim: Hm. Ich denke, wir müssen jetzt einfach sachte vorgehen und uns weiter Mühe geben. Wir haben bei dem Album jetzt auch nicht mehr gemacht als bei „Böhse Enkelz“, sondern uns einfach weiter Mühe gegeben. Bei 10.000 Fans hast du immer 1000 Idioten dabei, die alles feiern, was du machst. Bei vielen Leuten die sehr bekannt sind und bei denen alles immer schlechter wird was sie machen ist das halt genau das was sie rettet. Die sehen dann nicht: „Das was ich mache ist Kackmusik“, sondern „Ach da feiern noch ein paar Leute, ich bleib dabei“. Ich denke ganz wichtig ist, dass wir alle weiterhin auf einander hören und wenn einer von uns Sachen scheiße findet, dann stimmt das schon, letztlich sind wir damit bisher sehr gut gefahren.

Sil-Yan: Ich finde wichtig, dass wir einfach weiterleben, Erfahrungen sammeln, uns entwickeln. Wir wollen ja auch nicht ewig in der Rap Szene leben sage ich jetzt mal, sondern auch noch andere Dinge erleben.

Maxim: Ach so. Und wichtig für uns: Nicht zuviel mit Groupies machen, sondern auch mal mit Frauen die einen rausschmeißen. Das ist gesünder fürs Ego. (lacht)

Sil-Yan: (zweifelnd) Aha.

Maxim: Nein, quatsch. Koks ist alles.

rap.de: Erklärt mir doch bitte mal den Wechsel oder die Kooperation mit Universal.

Maxim: Wir haben bei Royalbunker einen Vertrag, und Royalbunker hat einen Sublizenz Deal mit Universal, das bedeutet, die Lizenzen sind abgegeben an Universal, zum Teil zumindest. Das heißt wir sind bei Royalbunker aber finanziell und logistisch unterstützt uns Universal. Ziemlich perfekt eigentlich.

rap.de: Wie funktioniert so was? Ruft Universal bei Staiger an und sagt: „Wir wollen gerne K.I.Z. haben?“ Ruft Staiger bei Universal an und sagt: „Ich hab hier so vier Jungs…“

Maxim: Wir waren am Anfang mit Staiger alleine, dann ist unser jetziger Manager dazu gekommen. Der ist immer noch unser fester Manager und der hat hier bei Universal gearbeitet, hat bei Sony gearbeitet, der kennt sich also ein bisschen aus, hat sich umgehört. Und dann kamen Angebote von allen großen Labels also Warner, Sony, BMG, Universal….Es wurde dann viel verhandelt und dann ist die Wahl auf Universal gefallen, weil die am wenigstens Geld geboten haben. Klar. Nein, wir haben uns natürlich aus anderen Gründen für Universal entschieden und zwar weil es in Berlin ist und weil unser Manager die Leute schon kannte und einschätzen konnte.

Sil-Yan: Uns gefällt auch das Umfeld. Wir sind ja nicht bei Universal HipHop sondern bei Universal Domestic, in der deutschsprachigen Rockabteilung von Universal und die Leute sind hier einfach gut drauf. Die HipHop Abteilung hat uns ja zum Beispiel gar nicht gefeiert und wollten uns da auch nicht haben, aber die Rockabteilung fand und findet unsere Musik halt geil. Die Leute die hier arbeiten mögen den Humor und fühlen den Scheiß einfach.

rap.de: Maxim, du hattest es ja gerade schon Mal angedeutet, aber jetzt noch mal genauer. Ist die Arbeit mit einem Major Label einschränkend oder eröffnet sie euch neue Möglichkeiten?

Maxim: Auf jeden Fall neue Möglichkeiten. Uns wurden nie irgendwelche Grenzen gesetzt, also bei der Musik kam nie irgendwer an und wollte, dass wir Sachen anders machen. Klar wurde uns gesagt: „Überlegt euch dies, überlegt euch das.“ Aber das war halt genauso wie Staiger uns Tipps geben würde, genauso wie wir uns das untereinander überlegen. Uns wurden Ratschläge erteilt, so ein paar Sachen haben wir daraufhin nicht gemacht, das ist aber nicht schlimm. Es geht nur um so ein paar Textzeilen und letztlich machen wir sowas dann unter uns aus. Wir bewegen uns ja immer schon sehr hart an der Grenze, „Dein bester Gang Bang war die rote Armee“, und so weiter, die haben wir zum Beispiel intern, unter uns diskutiert, da hat Universal nichts zu gesagt. Wir haben sie ja dann auch so gelassen. Universal ist wie ein Kumpel der uns berät, die zwingen uns zu nichts. Als es zum Bespiel an die Single Wahl ging, wollten wir eigentlich „Spast“ auskoppeln, dieses Popding und da hat uns Universal zum Beispiel zu was härterem geraten. Wir sind eigentlich so die netten, poppigen Typen und die sind so die Untergrund Idioten. (lacht)

rap.de: Mal was ganz anderes. Deutscher Rap wird von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ganz besonders genau beobachtet. Fakt ist, dass eure Texte ziemlich hart sind. Besteht die Gefahr der Indizierung? Habt ihr das im Hinterkopf?

Maxim: Klar, wir haben ja auch schon in einer Zeile in einem Lied ein Wort umgedreht von dem viele gesagt haben, dass das zur schnellen Indizierung führen könnte. Ich glaube für mich ist das Verkaufargument weniger wichtig, aber es bringt mir einfach nichts viel Arbeit in ein Album zu stecken und kurz darauf auf dem Index zu stehen. Wir haben hier auch einen Rechtsanwalt der sich das Album noch mal durchgehört hat und jetzt schon einige Argumente parat hat für eventuelle Verhandlungen. Wir sind vorbereitet. Unsere Musik würde aber anders nicht funktionieren. Wir wollten schon immer schöne poppige Musik mit harten Texten machen. Wir haben keine andere Wahl, wir können nicht anders.

rap.de: Apropos poppig, ich freu mich, dass "Spast" dann die nächste Single ist. Super Hook.

Sil-Yan: Ist halt gut zum dancen. Und überhaupt total geil.

rap.de: Kann man halt auch jemanden gut an den Kopf knallen. Wie ist eigentlich eure Arbeitsweise wenn ihr ein Album macht? Macht ihr 60 Tracks und nehmt davon die besten?

Sil-Yan: Wir haben genauso viele Tracks gemacht wie jetzt auch auf dem Album sind.

Maxim: Na ja, ein oder zwei Tracks sind rausgeflogen, aber wir überlegen uns bei jedem Track den so zu machen, dass er auch aufs Album kommt. Wir arbeiten auch sehr intensiv an unseren Tracks. Wir treffen uns nicht mal für ein paar Stunden und machen direkt einen Track fertig. Meistens sitzt erst die Hook, dann machen wir ein anderes Mal die Strophen. Dann finden wir die Hook meistens scheiße und machen die noch mal neu oder Tarek, die eine Zeile in deinem Text knallt wirklich nicht, die muss neu gemacht werden.“, oder „Da an der einen Stelle rappst du irgendwie scheiße, das geht besser.“. Wie schon gesagt, wir kritisieren uns untereinander sehr viel. In fast jedem Text von jemanden ist eine Zeile von jemand anderem die derjenige eingeworfen hat.
 
Sil-Yan: Ich zum Beispiel bin der Einzige, der wirklich in der Lage dazu ist gute Punchlines zu schreiben und gebe die dann an die anderen weiter. Ich kann sie halt nicht rappen, dafür habe ich kein Talent, aber ich bin der beste Schreiber in unserer Gang.

rap.de: Glaubt ihr, dass das euch auszeichnet? Das ihr euch Mühe gebt wie Maxim vorhin so schön beschrieben hat?

Maxim: Ja, ganz klar. Ich sehe das ja auch bei anderen Rappern, auch bei welchen die ich kenne und persönlich mag und auch bei relativ bekannten Leuten, die über ihre Featuregäste sagen: „Na ja, seinen Part fand ich jetzt nicht so geil auf meinem Track.“ So was geht doch nicht. Du kannst doch nicht ein Lied mit jemanden für dein Album machen und dann die Strophe von dem anderen nicht gut finden und es demjenigen nicht sagen. Und am besten sind die auch noch Kumpels. So was geht doch einfach nicht. Also zwei Punkte: Wir geben uns Mühe und wir kritisieren einander, wir reden über die Dinge die wir machen und das machen viele andere irgendwie nicht. Manchmal möchte ich auch zu Rappern sagen: „Sag mal hast du keine Kumpels die dir einfach mal sagen wie scheiße das ist was du da machst? Hast du keine richtigen Freunde?“

Sil-Yan: Ich denke es ist auch unsere Liebe zum Detail. Wir achten darauf das jede Zeile, jeder Metapher für sich Power hat und das wir entsprechend versuchen Füllwörter, Füllreime und Füllvergleiche zu vermeiden.

Maxim: Heißt natürlich nicht, das das immer gelingt. Wir haben natürlich auch ab und zu eine Scheißzeile drin.

rap.de: Wobei ihr insgesamt ja textlich schon sehr dicht und kompakt gepackt seid…

Sil-Yan: Genau.

Maxim: Mich nervt halt inzwischen wenn ich höre „Tief wie ein See, hoch wie ein Berg“. 1000 Mal benutzt worden, kann man doch nicht machen.

rap.de: Interessant ist, dass mir ganz viele Leute gesagt haben sie mussten eure Sachen drei- viermal hören um dahinter zu steigen und die Sachen dann gut zu finden.

Maxim: Das ist wirklich ganz oft so. „Hölle“ zum Beispiel haben wir ja mal als Juice exclusive gemacht und die Juice wollte den nicht haben. Später aber, die Jungs sind ja auch die Endfans inzwischen, haben die das in irgendeiner Review dann bedauert und meinten: „Muss man halt ein paar Mal hören und dann macht es knack".

Sil-Yan: Mittlerweile ist das einer unserer größten Hits….

Maxim: …den man nicht raus bringen kann übrigens.

rap.de: Warum?

Maxim: Weil die Autoren von dem Original zerstritten sind und die würden sich nicht zusammentun um mit uns über die Rechte zu verhandeln, aber um die Anzeige wegen Urheberrechtsverletzung gegebenenfalls zu schreiben reicht einer von denen. Egal. Ist aber mit "Hurensohn" immerhin einer der besten Livetracks.

rap.de: Zum Abschluss noch ein paar ganz kurze Sachen: Welche Frage nervt in Interviews am meisten? 

Maxim: „Was bedeutet euer Bandname?“, eindeutig. Oder: „Wie kamt ihr auf die Sache mit dem Fleisch?“ Also ich will jetzt nicht jeden Interviewer der das gefragt hat schelten, aber kann man halt auch nachlesen.  

rap.de: Es gibt in „Tanz“ einen französischen Part von dir Maxim. Warum nur da?

Maxim: Ich komme aus Frankreich von daher ist das sprachlich halt kein Problem, aber wir sind halt extreme Sprachmenschen. Wir spielen viel mit der Sprache. Und mir ist halt auch wichtig, dass die Leute mich verstehen, nach Möglichkeit alle. Ich lebe das französische auch nicht. Ich spreche nur mit meiner Mutter und ein paar Kumpels ab und zu französisch, aber ich lebe ja die deutsche Sprache. Mein französischer Part in "Tanz" war cool, vielleicht passiert es wieder, aber es bleibt auf jeden Fall eine Ausnahme.

rap.de: Ist Musiker, Rapper, wie auch immer, eigentlich ein Traumberuf für euch?

Maxim: Bei mir nicht. Auf jeden Fall habe ich mich nicht hingestellt und gesagt: „Ich werde Rapper“ aber ich bin halt jemand der viel Aufmerksamkeit will und braucht und zwinge gerne den Leuten meine Meinung auf und das finde ich am „Rappersein“ schon super, aber ich hätte jetzt nicht um jeden Preis versucht Musiker zu sein. Ich habe Physiotherapeut gelernt, das finde ich zum Beispiel auch super. Wenn ich merken würde, meine Musik will keiner, würde ich sie weiter machen und gucken, dass ich was anderes mache, um Geld zu verdienen.

Sil-Yan: Bei mir war Musik immer ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens, es war immer das was für mich ein Ziel dargestellt hat. Ich bin immer viel als DJ unterwegs gewesen, wenn sich gerade keine Auftritte ergeben haben, dann habe ich mir neue Leute gesucht mit denen man Musik machen konnte, habe neue Projekte gestartet. Ich habe auch neben K.I.Z. noch eine andere Band mit denen ich auch auftrete, ich lege auch in Clubs auf, mache Scratches für andere Rapper, tausche mich viel mit anderen Musikern aus, mir ist Musik sehr sehr wichtig und ist auch immer wichtig gewesen. Wenn ich zum Beispiel an die Schulzeit zurückdenke, waren immer 30% meiner Aufmerksamkeit beim Unterricht und der Rest bei Musik. Ich habe deswegen auch zwei Mal hintereinander mein Abitur verkackt, was mich natürlich ärgert, was ich aber nicht bereue weil ich heute das mache, was ich wollte. Musik.

Maxim:Bei unserer Recordrelease Party war übrigens Polizei vor der Tür. Zwei Wannen. Voll Gangster. Wollte ich mal erzählen. (lacht)

rap.de: Super Geschichte zum Schluss. Und jetzt die obligatorischen letzten Worte bitte…

Maxim: Ok. Kauft unser Album. Kauft es ganz oft. Kauft es am besten in beiden Versionen. Mehrmals.

Sil-Yan: Kommt auf unsere Tour!

Maxim: Stimmt, die Tour ist mir eigentlich wichtiger. Kauft unser Album nicht und kommt lieber auf die Tour.

Sil-Yan: Kauft das Album auf der Tour.

Maxim: Sehr gut. Genau. Da verdienen wir glaube ich auch mehr dran. Lasst uns zusammen ausrasten und uns vollschwitzen, Stage diven, pogen, alles…kommt auf jeden Fall.

rap.de: Ich sage danke.

Maxim: Wir auch.