Olli Banjo

"Deutschland / blond und blauäugig / haust Deine Kinder / Claudia Schiffer / Boris Becker / blasse Aushängeschilder!"

Anno 2003 wurde diese These von Olli Banjo in seiner Vaterlandsabrechnung "Deutschland" proklamiert. Seitdem sind einige Tage ins Land gegangen, ganze 2 mal stand er im Ring einigen deutschen Rap-Hochkarätern gegenüber, musste erst "schizo" werden um als "Genie" durchzugehen und überhaupt… ist doch alles ganz anders!

Nun sitzt er im Wohnzimmer, die Tagesschau flimmert über den Screen und rosig sieht’s nur zwischen den Beinen der guten alten Verona aus. Nein, auch auf Albumlänge. Da präsentiert Olli Banjo ein weiteres Mal seine Weltauffassung, gibt Tipps, wettert gegen Gechlechtsverkehr ohne Präservative und gibt Anleitungen zur Findung der eigenen kulturellen Identität.

Wer den Wahlkölner kennt und sich mit seiner Person vormals beschäftigt hat, weiß, dass man hier kein 08/15-Palaver zu erwarten hat. Interessant und lustig ging’s somit auch in Kollegen Julian’s Loft bei unserem 50minütigen Gespräch zu.

rap.de: Deine erste Single heißt "Tagesschau" und ist schon mitsamt Video unterwegs. Man kommt nicht gleich dahinter, worum es in dem Track geht, da es für einen Olli Banjo ein doch eher ungewohntes Thema ist. Wo liegt die Aussage, die du hiermit vermitteln möchtest?

Banjo: Im Endeffekt wollte ich damit nur aussagen, dass wir in einer Dreckswelt leben, die korrupt und wertfrei ist. Ich sitze vorm Fernseher und bin einfach abgeturnt. Das Gefühl kennt ihr mit Sicherheit auch. Da überkommt einen die totale Ohnmacht, da man nicht aktiv eingreifen kann und sich irgendwie fehl am Platze vorkommt.

rap.de: Bist du nun auch jemand, der die Tagesschau täglich verfolgt?

Banjo: Ab und an schau ich mir schon die Tagesschau oder CNN an. Man kriegt auf jeden Fall schon mal mit, was passiert.

rap.de: "Tagesschau" ist ja kurz nach dem neuen Warheit-Track herausgekommen, der ja auch mit der Politik hart ins Gericht geht. Wie waren deine Gefühle, als du den Track gehört hast, der ja vor "Tagesschau" erschienen ist und denkst du, dass es an der Zeit ist, sich vermehrt dieser Thematik anzunehmen?

Banjo: Ich wusste nicht, dass die Jungs "Hölle auf Erden" herausbringen und in dieselbe Kerbe wie ich schlagen würden. Ich war jetzt nicht abgeturnt, dass Warheit mit ihrer Single auch in die Richtung gehen. Es ist ja für eine gute Sache. Da interessiert es nicht, wer wann was herausbringt. Meine persönlichen Heroes waren früher ganz klar Public Enemy, die bekanntlich auch brutal politisch waren. Ich fände es gut, sollte jetzt ein Trend in diese Richtung folgen. Sowas ist bei mir aber nichts Neues und findet man mit "Deutschland" und "Schrei" auch. 

rap.de: Was sagst du zu Public Enemy heute und wie findest du das, was Flavor Flav auf MTV veranstaltet, wenn wir gerade beim Thema "alte Rapgrößen" sind? KRS One & Marley Marl feiern ja auch gerade ihre Rückkehr ins Rap-Geschehen…

Banjo: Raptechnisch sind Public Enemy heute natürlich schon Rap-Opas. Zeitgemäß ist das nicht mehr wirklich. Aber die Sendung von Flavor Flav finde ich schon lustig (lacht). Da stört auch mein Bild von Public Enemy nicht. Das sind und bleiben Heroes. Früher war ohnehin klar, dass Chuck D die politischen Statements macht und Flavor Flav nur als Hypeman agiert. KRS One & Marley Marl sind auch so Legenden, die gerade wieder was machen. KRS One, so habe ich gehört, muss menschlich jedoch ein brutaler Wichser sein. Bekannte von mir waren mit ihm auf Tour und KRS hat ihnen damals verboten, den Vorraum zum Backstage zu betreten, weil er darin gechillt hat und sie seines Erachtens nach nicht würdig seien, mit ihm in einem Raum zu sein. Er hat wohl auch noch seinen Manager mitten auf der Autobahn aus dem Auto geschmissen. Richtig schlimme Sachen halt. Wenn man sowas hört, dann bröckelt das Bild von seinen damaligen Legenden schon extrem.

rap.de: Damals auf "Deutschland" hast du ein sehr hartes, realistisches Bild von Deutschland projiziert. Hat sich an jenem Bild etwas geändert und trift es auch heutzutage noch so zu?

Banjo: Es hat sich auf jeden Fall schon Einiges zum Positiven gewandt. Jedoch nicht in allen Bereichen. Bei der Polizei würde ich mir definitiv wünschen, dass sie etwas mehr differenzieren würden. Grundsätzlich könnte ich ein vergleichbares Lied wieder schreiben. Dieses Thema bietet noch viel Gesprächs- bzw Rapstoff.

rap.de: Speziell befasst sich der Song ja mit Ausländerhass, in diesem Fall speziell auf farbige Deutsche bezogen…

Banjo: … Durch solche Dinge wie die WM im vorherigen Jahr hat sich dahingehend viel getan. Es war ja auch ein krasses Symbol an dieses Land gewesen, dass Schwarze, Türken, Italiener… OK, Italiener vielleicht weniger (Gelächter)… sich mit Deutschland identifizieren konnten und das auch repräsentiert haben. Das trägt natürlich auch zu einem kollektivem Volksbewusstsein bei. Ansonsten ist es in Deutschland jedoch immernoch so, dass du dir als Schwarzer irgendwie beobachtet vorkommst und teilweise mehr Probleme hast als jemand, der eine weiße Hautfarbe hat.

rap.de: Du thematisierst auf dem Album ein weiteres Mal die Beziehung zu deinem Vater. Obwohl du es gewohnt ironisch verpackt hast, kann man heraus hören, dass du stets darum bemüht bist, einen Grund für das Fehlen seiner Präsenz in deiner Erziehung zu finden. Nun könnte der Zuhörer meinen, dass du seine Abstinenz dahingehend erklärst, dass auf kultureller Ebene keine Möglichkeit für deinen Vater gegeben war, in Deutschland zu bleiben. Also eine Art Culture-Shock?

Banjo: Das könnte man so sagen, ja. Mein Vater kommt aus einer gut situierten afrikanischen Familie, wurde jedoch von seinem Vater nie wirklich respektiert. Er musste sich auch alles selbst erarbeiten. In Afrika hatte er auch studiert, was jedoch hier nicht anerkannt wurde. Somit stand er hier vor dem Nichts und begann noch die ein oder andere Ausbildung. Einmal, so hat mir meine Mutter erzählt, stand er kurz vor der Prüfung und hat sich noch alles versaut, da der Prüfer ihn beleidigte. Am Prüfungstag hat mein Vater dem Prüfer auf’s Maul gehauen. Das ist schon alles ein bisschen unglücklich gelaufen. Letztendlich ist es jedoch keine Entschuldigung dafür, dass er sein Kind sozusagen im Stich gelassen hat.

Wenn ich Vater wäre und ein Kind hätte, dann würde ich das nicht machen. Man hat dann eine große Verantwortung, die man auch wahrzunehmen hat. Kulturell gesehen sind da natürlich schon große Lücken auszumachen zwischen der afrikanischen und der deutschen Kultur, was sich auch teilweise in Kommunikationsproblemen niederschlägt. Die Frage ist halt auch immer, inwieweit man auf einen kleinen gemeinsamen Nenner kommt und das ist leider bei vielen einfach nicht möglich. Da kann ich noch viele andere Beispiele heranziehen.

rap.de: Für dich spielt das "Deutschsein" und das damit einhergehende Wertesystem auch schon immer eine große Rolle in Deinen Texten. Selbst sagst du von dir, dass du diese Werte auch annimmst und lebst. Hast du dann vielleicht damit Probleme, deine afrikanische Seite auszuleben oder würdest du sagen, dass sich beide Seiten perfekt in deiner Identität wiederspiegeln?

Banjo: Ich würde schon sagen, dass ich beide Seiten in mir und auch nach außen trage, obgleich ich kulturell ja nichts von Afrika haben kann, da ich dort nicht aufgewachsen bin bzw. nicht dort gelebt habe. Was ich jedoch definitiv bei mir feststellen kann, sind Verhaltensweisen, welche ich meinem Vater andichten würde. Ich meinerseits habe eine ausgeprägten Schlafsinn, was konkret heißt, dass ich gerne und lange schlafe und auch nur sehr schwer zu wecken bin. Hinzu kommt eine ausgeprägte Sportlichkeit. Deshalb würde ich schon sagen, dass viel Afrikanisches in mir steckt.

Wenn du mich jedoch nach meiner Mentalität fragst, so bin ich einfach deutsch, was auch logisch ist. Jeder, der aus Deutschland kommt, hier aufgewachsen ist und nichts mit seinem afrikanischen Vater zu tun hatte, ist nunmal deutsch. Ich liebe das auch. Das ist schon eine Hassliebe, wie ich es in "Deutschland" schon gesagt habe. Da gehört für mich Fussball, Stammtisch, Sauerkraut,  Äppelwoi, Bembel und was weiß ich nicht noch dazu. Meine ganzen Freunde haben halt auch "Gude" gesagt. Deshalb bin ich auch deutsch und das ist auch wichtig für mich, diese Identität zu haben.

Heutzutage betiteln sich viele Türken und Araber als "Kanaken", Schwarze nennen sich untereinander "Nigger". Das ist ein neues Selbstbewusstsein, was vor allen unter Jugendlichen sehr wichtig ist. Ich meinerseits kann mich damit nicht unbedingt identifizieren, sondern sage ganz klar, dass ich deutsch bin und stehe da voll dahinter.

rap.de: Mittlerweile sieht man ja vermehrt, dass deutsche Jugendliche sich auch dieses Image geben, "Kanake" zu sein, obgleich sie nicht aus dem arabisch-geprägten Kulturstamm kommen. Dies schlägt sich derweil auch im deutschsprachigen HipHop nieder. Wie bewertest Du diese Entwicklung?

Banjo: Ich halte das für absoluten Schwachsinn. Das ist wie, wenn ein Weißer behaupten würde, er sei ein "Nigger". Jeder braucht eine eigene Identität. Wenn sich ein Deutscher nun aber als "Kanake" tituliert, dann ist es für mich nur schwachsinnig. Ich habe auch sehr viele türkische Freunde – Brüder könnte man auch sagen – und ich bin auch mit denen aufgewachsen und liebe die Jungs einfach. Nichtsdestotrotz würde ich mich selbst nicht als "Kanake" bezeichnen. Das ist momentan nichts als Mode. Ein weiterer Trend, der da entstanden ist, aber es ist albern, sich damit zu schmücken.

rap.de: Du für deinen Teil nutzt in deinen Songs schon mal das ein oder andere Schimpfwort, ohne jedoch explizit andere Mütter zu penetrieren oder sie in den Berufstand der Prostitution zu erheben. Wie beurteilst du die momentane Verrohung des deutschen Rap, bei der gerne Mal die ein oder andere Mutter "gefickt" wird und "Hurensohn" mindestens 10 Mal im Song untergebracht werden muss?

Banjo: Für mich ist das einfach nur Behinderten-Rap! Es kann ja durchaus Battle-Rap geben, der auch hart ist, aber gut sein muss. Kommt jedoch immer darauf an, was es ist. Wenn du jedoch tatsächlich darüber rappst, dass du jemanden abstichst, bekommst du von mir weniger als null Respekt. Ich kann sowas nicht unterstützen und würde auch niemanden featuren, der soetwas von sich gibt. Da bin ich absolut dagegen.

rap.de: Würdest Du sagen, dass Leute, die Rap machen, der derart gewaltverherrlichend ist, sich darüber im Klaren sein müssen, dass Jugendliche teilweise von ihren Texten animiert werden und deshalb mit erhöhter Gewaltbereitschaft durch’s Leben gehen?

Banjo: Das trifft schon zu. Wenn du ein Vorbild bist und junge Leute deine CD kaufen bzw. sie kaufen können, dann ist die Gefahr da, dass sie das, was du ihnen erzählst, auch umsetzen. Im Mainstream findet man das jetzt zum Glück nicht so stark aber viele der sogenannten "Underground"-Sachen gehen schon in die Richtung. Dieses Verantwotungsbewusstsein kommt jedoch wirklich erst im Alter und ist Teil eines Prozesses. Ich jedenfalls würde solche Sachen nie von mir geben. Viele der Leute, die derartiges Zeug von sich geben, wollen provozieren und dadurch auffallen. Ich kann das schon ein bisschen nachvollziehen.

Früher habe ich auch schon strange Sachen gemacht, um aufzufallen, aber ich würde nie so gewaltverherrlichende Dinger bringen. Ich könnte nicht dahinter stehen und auch nicht mit den Folgen leben. Die Kids setzen das ja wirklich teilweise um, was auch ein Grund für die momentane Verrohung der Gesellschaft ist. In München hat mir ein Kid ein Video aus dem Jugoslawien-Krieg gezeigt, wo jemand mit einem Messer den Kopf abgeschnitten kriegt. Ich fand das richtig schlimm, denn der Kleine war erst 14 oder so. Wenn du in dem Alter schon sowas siehst, dann macht dich das kaputt. Das zerstört deine Seele und stumpft dich emotional total ab.

rap.de: Auf deinen Alben widmest du dem Thema A.I.D.S. und Drogenkonsum immer einen eigenen Song und gehst jene Themen stets recht offensiv an. Auf "Lifeshow" gibt es auch wieder Songs dazu. Weshalb gehst du diese Themen auf jedem Album auf’s Neue an?

Banjo: Natürlich, weil ich diese Themen extrem wichtig finde. Ich schau auch manchmal Talkshows und so ’nen Scheiß und wenn ich dann manchmal höre, dass irgendwelche Typen da meinen, sie würden alles bumsen  und das auch noch ohne Kondom, dann finde ich das extrem behindert. Jeder, der schonmal beim A.I.D.S.-Test war, der weiß, wie man sich da in die Hose scheisst. Ich habe auch mal einen Test gemacht, obwohl ich wusste, dass da eigentlich nichts sein kann. Trotzdem habe ich mich die ganze Woche hindurch gefragt, was wäre, wenn ich doch A.I.D.S. hätte. Zum Glück war alles gut aber das hat mir nochmal vor Augen geführt, dass man einfach vorsichtig sein muss. Diese Krankheit ist auch einfach noch da und viele Kids wissen überhaupt nicht, dass sie das schon haben. Das ist kein Lepra! Es ist viel präsenter. Der Glaube, dass das nur Schwule und Junkies bekommen, ist immernoch weit verbreitet, obgleich ganz normale, heterosexuelle Menschen das auch haben. Deshalb habe ich auch ein großes Bedürfnis, den Kids das stets zu sagen.

Bei den Drogen war es halt so, dass ich früher auch mal gern gefeiert, Pillen gefressen und Koks gezogen habe. Vor allen Dingen im Dorian Grey in Frankfurt habe ich immer bös gefeiert, auf der Box gestanden und –  "Yihaaa!" – abgegangen. Auf jedmögliche Musik – von HipHop bis Techno (lacht). War mir scheißegal, denn ich war ja zugeballert. Ich fand das irgendwo lustig und kann immernoch über "Fear Loathing in Las Vegas" lachen aber andererseits sag ich in dem neuen Track "Don’t Do Drugs", dass man keine Drogen nehmen soll. Sonst geht’s einem so wie mir und ich habe auf jeden Fall physisch und geistig noch dran zu knabbern.

rap.de: Einen ausgeprägten Frust auf die deutsche Rapszene und dein eigenes Standing darin hast du dir ja während deiner gesamten Karriere beibehalten. Nun gibt es ja eigentlich niemand mehr, der dir keinen Respekt gibt. Ist das etwas zur Attitüde verkommen oder hegst Du noch solche Gefühle?

Banjo: (lacht) Ich verstehe, was du meinst. Wenn ich aber nichts mehr zu meckern hätte, dann könnte ich keinen Battle-Rap mehr machen. Und das wäre traurig (lacht). Somit muss ich etwas künstlich meine schlechte Laune aufrecht erhalten… nein, quatsch. Mittlerweile sagen die meisten Leute, ich sei der beste Rapper in Deutschland, was mich sehr, sehr stolz macht. Über dieses Standing bin ich sehr glücklich. Nichtsdestostrotz gibt es immernoch Sachen, die ich scheisse finde. Es wäre ja auch schlimm, wenn ich diese nicht ansprechen würde. Ich meckere ja jetzt auch nicht mehr über die selben Dinge. Da hat sich auch ein Wandel vollzogen.

rap.de: Muss man ja immermal nachfragen – wie ist dein momentanes Verhältnis zur Backspin?

Banjo: Ist ok soweit. Ich war schon etwas enttäuscht, dass ich in der aktuellen Ausgabe nur 2 Seiten bekommen habe (eine Seite davon füllt ein Foto, Anm.d.Verf.), was ich bei meinem Album echt etwas unangebracht fand. Sonst jedoch ist alles cool und es gibt keine Probleme. 

rap.de: Wie siehst Du die Entwicklung, dass sich Major-Labels einen Künstler nehmen, da anständig Geld rein investieren und am Ende ein Produkt präsentieren, also das Produkt mehr zählt als der eigenständige Künstler?

Banjo: Da gibt es ja immer zwei unterschiedliche Blickwinkel. Die Majors schauen ja ohnehin  stets, in welche Richtung sich etwas entwickelt und orientieren sich dann dementsprechend. So ist das ja immer hier in Deutschland. Ein Freund von mir war jetzt in England und dort funktioniert das zum Beispiel nicht so. Wenn du da zu einem Label gehst und sagst, du klingst wie The Streets oder Dizzee Rascal, dann wollen die das nicht. Die wollen was Neues, was Frisches. In Deutschland hingegen kommt Tokio Hotel raus und daneben gibt’s dann Nevada Ten oder so. Ähnlicher Name, ähnliche Musik. So ist das halt.

rap.de: In Deutschland wird das wohl noch etliche Jahre dauern, bis hier irgendetwas neues Welle schiebt…

Banjo: …weil in Deutschland alle Hater und Neider sind. Nimm mal nur Roman aka Roe Beardie. Der Kerl ist so innovativ. Ich sag ihm immer, er solle doch mal nach Amerika gehen. Der wäre dort der Überstar. Er hat einen eigenen Sound. "Hallo, wie geht’s?" zum Beispiel. Gib dir das mal. Was für ein Beat! Du kannst aber einfach aus Deutschland keinen Sound etablieren. Würde dieser Beat aus Amerika kommen und Jay-Z hätte drauf gerappt, dann wäre das wieder der absolute Hit gewesen. Oder die Neptunes machen eine Snare, eine Hi-Hat und eine verkorkste Bassdrum drauf und jemand schreit einen Satz darüber – schon wäre es der heiße Scheiss! Wir haben einfach nicht diese Mentalität, uns selbst zu feiern. Wir sind erstmal neidisch und müssen haten. Das ist das größte Problem der hiesigen Szene.

rap.de: Du redest in letzter Zeit sehr offen über deine psychischen Probleme. Hast Du nicht Angst davor, dass jemand das gegen dich benutzen könnte oder das zum medialen Dauerthema wird?

Banjo: Nein, eigentlich gar nicht. Da habe ich gar keine Angst vor. Mein Selbstbewusstsein ist groß genug, so dass mir sowas am Arsch vorbei geht. Das ist ja ein ernstes Problem, womit ich kein Problem habe, es auszusprechen. Ich hab auch kein Problem damit, Schwächen zuzugeben wie ein "Mann" (lacht). Das ist ja auch gerade sehr modern, dass man sagt: "Wie ein Mann! Bist Du ein Mann, Alter? Bist Du ein Mann?" (Gelächter). Ja, ich bin ein Mann und kann über soetwas stehen. Deshalb scheiss ich auf so ein Gelaber.

rap.de: Du sprichst in deinen Texten auch öfter religiöse Themen an. Gehst du selbst zur Kirche?

Banjo: Ich bin früher öfters zu Gottesdiensten gegangen, aber selten in die Kirche. Ich war viel in Freikirchen unterwegs z.B. im CZF (Christliches Zentrum Frankfurt). Eine gute Freundin von mir ist ein Jesusfreak. Mit solchen Leuten habe ich einfach zu tun gehabt. Aber im Moment gehe ich selten zu Gottesdiensten. Ich schäme mich auch ein bisschen (lacht).

rap.de: Wie reagieren diese Leute auf deine radikalen Songs?

Banjo: Am Anfang habe ich natürlich ein paar harte Songs gemacht. Klar. Ich war jung und braucht das Geld (allgemeines Gelächter)! Natürlich gab es früher Songs, die ich heute so nicht mehr schreiben würde. Man lernt ja auch als Mensch dazu. Teilweise war es schon unter der Gürtellinie, aber es gibt keinen Song, zu dem ich jetzt nicht mehr stehen könnte. Wenn ich jetzt einen krassen Song über’s Ficken geschrieben habe, so ist das doch auch Teil meiner Persönlichkeit. Das ist ja nichts Schlimmes. Natürlich gestaltet es sich schwierig, mit jemandem darüber zu reden, der ein Pastor ist.

rap.de: Was vielleicht auch einige deiner Fans erzürnen und was sich im Nachhinein etwas negativ auf deine Albenverkäufe auswirken könnte, ist der Song "FC Bayern München". Hat man dir von Seiten des Labels nicht mal empfohlen, den Song als Hidden-Track zu setzen oder ihn ganz vom Album runter zu nehmen?

Banjo: (lacht) Vor allem nach dieser Saison. Haste schon recht. Ich weiß, dass dieser Song auf jeden Fall die Gemüter spalten wird, aber ich bin ja auch vor ein oder zwei Jahren auf dem Splash! mit einem Bayerntrikot aufgetreten und zum Glück ging alles gut. Von daher mache ich mir da wenig Sorgen.

rap.de: Du gehst mit einem Mainzer (Separate, Anm.d.Verf.) auf Tour. Wie groß war der Spott und könnt Ihr noch über Fussball reden?

Banjo: (lacht) Wir reden andauernd über Fussball. Er hat mir auch gesagt, dass er sehr traurig war, als Mainz abgestiegen ist, was ich gut nachvollziehen kann. Als Bayern die Champions-League damals gegen Manchester United noch aus der Hand gegeben hat, habe ich gar geweint. Wir verstehen uns sehr gut und ich bin froh, dass Separate mit dabei ist. Das ist definitiv ein Kerl, den ich sehr respektiere – nicht nur rapmässig, sondern auch menschlich.

rap.de: Vielleicht ein paar Worte der Ermutigung für einen Mainz-Fan…

Banjo: Mainz ist ein ultrasympathischer Club mit dem geilsten Trainer der Welt, meiner Meinung nach. Nun gut – Zidan und viele andere Leute werden jetzt gehen, aber ich drücke denen die Daumen, dass sie wieder aufsteigen, obwohl es sehr schwer werden wird. Es wird die beste 2.Bundesliga seit Jahren. Mönchengladbach, Köln, Aachen, Kaiserslautern. Ich drücke auf jeden Fall Mainz die Daumen, dass sie wieder aufsteigen. Zu Seperate wollt ich noch sagen: Ab Juni sind wir zusammen auf Tour. Kommt alle vorbei! Das wird übertrieben krass. Jeder, der jemals auf einem Olli Banjo-Konzert war, weiß, das ich immer alles gebe und nach dem Konzert ein Sauerstoffzelt brauche, weil ich so am Arsch bin. Ich gebe mein Blut für die Leute. Das sind meine Brüder und Schwestern. Live ist das Wichtigste für mich! Separate ist der krasseste Kerl für mich, wenn es um HipHop geht. Der lebt das in jeder Faser seines Körpers. HipHop schuldet ihm was!

rap.de: Wie hältst du das mit Erfolgsfans, die nur mitziehen, wenn der Club oben steht? Keep it real?

Banjo: Das geht garnicht! Ich bin Bayern-Fan, seitdem ich ein kleines Kind bin. Ich hab mir früher schon Trikots gekauft und alles mitgemacht. Anders geht das garnicht. Mädchen sind eher so. Die halten zu den Schweden, weil die so hübsch sind oder so. Es geht nur ein Verein und sonst garnichts.

rap.de: Der Sound von "Lifeshow" klingt doch schon etwas ungewohnt für deine Verhältnisse. Könnte man angepasst sagen?

Banjo: Es ist auf jeden Fall etwas angepasster. Etwas normaler vielleicht, was aber auch mit meiner Entwicklung als Mensch und als Künstler einhergeht. Roman, Benny Blanco, Monroe, Drama Monks und Crada haben produziert und dieses Gemisch von Leuten hat halt etwas anderes ergeben. Es ist ein sehr ausgewogenes Album und ich bin mit dem Sound sehr zufrieden.

rap.de: Es gab ja seit jeher die Meinung in etwaigen Foren, dass du ein cooler Rapper bist, aber die Beats zu weit draußen. Hat da ein Umdenken deinerseits stattgefunden?

Banjo: Nein, überhaupt nicht. Das macht mich ja aus. Roman und ich sind eine Band und wir haben unseren eigenen Sound kreiert, den wir immernoch haben.

rap.de: Was kannst du uns über das Chamillionaire-Feature verraten? Wie kam es zustande, warum gerade er und war es teuer?

Banjo: Gezahlt habe ich nichts dafür. Ich wurde ja zuerst gefragt, ob ich Lust hätte, den Remix zu "Ridin Dirty" zu machen. Das hat denen sehr gut gefallen – auch den Labelleuten in Amerika. Chamillionaire habe ich dann mal in Frankfurt getroffen. Das war ein total relaxter, cooler Typ ohne Starallüren und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. So "eine Hand wäscht die Andere"-mässig hat er dann auch einen Rap für mich geschrieben. Das ist schon eine schöne Sache. Er hat mir auch dicke Probs für meine Strophe gegeben und er meinte, ich würde alles kaputt rappen.

rap.de: In letzter Zeit hat ja fast jeder deutsche Rapper, der im Mainstream aktiv ist, ein Ami-Feature. Findest Du es wichtig, dass auch in die Richtung mehr passiert oder ist es deiner Meinung nach besser, heimische Künstler zu featuren?

Banjo: Ich finde, es ist schon eine coole Sache. Es kommt natürlich immer auch darauf an, wie es zustande kommt. Letztens habe ich mich in Köln mit Planet Asia getroffen, den ich auch immer schon geil fand. Er meinte auch, dass wir mal was zusammen recorden sollten. Das ist dann natürlich schon cool. Schwierig wird es, wenn es nur über’s Management gehen würde und man keinen persönlichen Kontakt hat. Daran ist nichts Aufregendes, obwohl es trotzdem geil sein kann. Wenn mir jetzt jemand Eminem anbieten würde, dann würde ich sicher nicht nein sagen. So was fände ich für die Kids vor allen Dingen interessant. Olli Banjo Featuring Eminem, was natürlich sehr unrealistisch ist. Blöde wäre es halt, wenn du nur Geld bezahlst und es ein total künstliches Ding wird. Der Ami weiß am Ende nicht mal, wer du bist.

rap.de: Du behaarst ja immer auf der Meinung, dass Eminem der beste Rapper der Welt ist. Ludacris würde ich jetzt mal als besseren Rapper nennen wollen…

Banjo: Auf keinen Fall! Ich liebe Ludacris und verfolge ihn schon seit Day One aber rapmässig hat er keine Chance gegen Eminem. Schau dir mal Jay-Z an und was Eminem mit ihm auf "Renegade" veranstaltet hat. Em hat Jay-Z auf dem Song getötet! Eminem ist der übertriebenste Rapper und Ludacris hätte keine Chance. Ludacris hat nur das halbe Vokabular von Eminem, er hat nicht soviele Styles wie Eminem. Ludacris hat auch nicht soviele Flows wie Eminem. Er geht ganz hardcore auf diese Doppelreime und zwischendrin baut er gerne mal Doubletimes ein. Das könnte Eminem im Schlaf. Das könnte ich auch im Schlaf, was nicht heißen soll, dass ich besser bin als Ludacris. Faktisch gesehen, wenn du alles zusammen nimmst – Inhalt, Flowverständnis, Wortwitz, etc. – ist Eminem einfach der kompletteste Rapper der Welt. Es gibt keinen, der besser ist als er!

rap.de: Neben deinen HipHop-Sachen hast du ja noch zwei andere Projekte am laufen. Da wäre erst einmal das nach "Wie ein Schuss" ziemlich gefragte Rock-Projekt. Wie sieht’s damit aus und was kann der Fan sich darunter vorstellen? Richtung Metallica oder Linkin Park?

Banjo: Weder noch. Es wird auf keinen Fall nach Linkin Park klingen, da mich sonst mein Backup-MC Manolito Mengele töten wird, da der die hasst (lacht). Wir sind alle miteinander Korn-Fans. Die Gitarren sind alle hiervon beeinflusst. Tiefe, harte Gitarren, aber der Sound ist wieder ganz anders. Es ist da immer schwierig zu vergleichen. Auf jeden Fall ist es Musik, die es noch nie gegeben hat. Ein komplett eigener Film, da ich niemals anfangen würde, jemanden oder einen gewissen Sound zu imitieren. Es wird Musik, die ins Herz geht. Mit viel Gefühl. Trotzdem brachial brutalst harte Musik. Ich werde rappen, ich werde singen – auf deutsch und englisch. Verrückte Musik, die es auf diesem Planeten noch nie gab.

rap.de: Das zweite Projekt wäre jenes mit Jonesmann. Wie kommt ihr da voran?

Banjo: Wir haben derweil 7 Dinger gemacht, die sehr geil geworden sind. Er arbeitet parallel auch noch an seinem Gesangsalbum, dass irgendwann kommt. Wann wir das Album droppen, weiß ich leider noch nicht. Da müssen wir mal schauen, über welche Stelle wir das rausbringen. Ob es ein Major wird oder Independent. Jeder hat ja noch seine eigenen Zeitpläne und die müssen wir erstmal aufeinander abstimmen. 2008 wird es definitiv da sein.

rap.de: Ihr seid ja diesmal bei "Lifeshow" sehr vorsichtig, was Promo-Alben angeht. Habt Ihr schlechte Erfahrungen gemacht?

Banjo: Definitiv. Beim letzten Mal haben wir das Album an 4 vertrauenswürdige Adressen gegeben und 7 Wochen vor Release war das Ding im Netz. Diesmal haben wir es darum nur an eine Adresse gegeben und der Rest muss mit dem Snippet vorlieb nehmen.

rap.de: Wie sind die Erwartungen an das Album? Hast Du ein besonderes Ziel, was die Verkaufszahlen angeht?

Banjo: Das ist schwierig. Ich kann es jetzt nicht so abschätzen, aber ich würde mal halt einfach wünschen, dass wir relativ hoch charten. Wir sind mit unserem Label ja auch eher "Underground". Wir haben nicht die Mittel, die ein Majorlabel hat, sei es nun Promotion oder Sonstiges. Die können mit viel mehr Geld arbeiten. Wenn ich bei Platz 25 in den Albumcharts charten würde, dann wäre ich sehr zufrieden. Wenn’s höher geht, noch besser. Wenn’s nicht so hoch geht, werde ich auch nicht sterben. Wenn ich mit einem "Underground"-Label nach Aggro-Berlin die meisten Platten verkaufen kann, dann macht mich das stolz.

rap.de: So, hast du noch die obligatorisch letzten Worte für unsere Leserschaft?

Banjo: Ja, 8. Juni kommt mein neues Album "Lifeshow". Kauft meine Platte, Leute. Guten Rap unterstützen. Am nächsten Tag kauft ihr euch noch eine und am dritten Tag kauft ihr eurer Schwester noch eine, weil es sich lohnen wird. VOR ALLEM: NICHTS AUS DEM INTERNET ZIEHEN! Das tötet mich als Künstler. Kommt auf die Tour! Das wird ein übler Abriss! Ach, es gibt auch eine Bonus-CD mit zwei Tracks und einem Acapella für die Nachwuchsproduzenten.