rap.de: Du warst während der Schulzeit ein Jahr in den USA – wann war für dich klar, dass du das machen willst?
Pyranja: Einerseits hat mich HipHop nach der Wende gleich fasziniert – vielleicht auch, weil ich eben auch in ´nem Hochhaus groß geworden bin, und die Chancen, da rauszukommen, damals nicht so großartig schienen. Andererseits habe ich meinen Eltern dieses Interesse an anderen Ländern zu verdanken. Die haben das Geld, das sie hatten, immer nur in Reisen gesteckt, damit wir mal Europa sehen, nachdem wir vorher ja nicht aus der DDR raus gekommen sind. Mit 13, 14 habe ich dann zu meiner Mutter gesagt „Wenn ich 16 bin, gehe ich in die USA“. Ich habe dann ein Stipendium bekommen und war ein Jahr in Boston. Das war 95/96 und da kamen ja die ganzen geilen Platten raus – spätestens da war es um mich geschehen.
rap.de: Warst du auch in New York?
Pyranja: Ja, die Mutter meiner Gastmutter lebt in New York, und Boston-New York sind ja auch nur vier Stunden. Daher waren wir sogar recht häufig da. Meine Gastmutter ist sehr jung, sie ist nur drei, vier Jahre älter als ich und hat dann auch schnell kapiert, dass ich auf HipHop stehe. Also hat sie sich mit mir ins Auto gesetzt und mich in New York durch alle möglichen Ecken gefahren, die ich nur von Raptapes kannte – also Brooklyn, Flatbush Ave. usw. In Boston gibt es ja auch viele Platten-Läden, und damals kam halt die erste Maxi von Jay-Z raus, da kamen Mobb Deep raus, Heltah Skeltah – die ganzen alten Sachen.
rap.de: Bist du damals auch auf Konzerten gewesen?
Pyranja: Nein. Ich wollte zwar immer, aber meine Freunde haben mich nie mitgenommen, weil sie meinten, dass rassistische Übergriffe auf weiße Mädels da ganz krass seien. Mein Freund hat in Dorchester gewohnt, wo auch New Kids On The Block herkamen, und das war schon eine heftige Gegend. Die haben mich einfach nicht rausgelassen und auch nicht mit auf die Partys genommen, weil sie meinten, ich bekäme da von den Mädels für meine Hautfarbe auf ´s Maul. Ich habe solche Sachen auch mehrmals erlebt, nicht nur in der Schule. Wenn ich z.B. in den Plattenladen gegangen bin, wurden plötzlich alle ganz leise und fragten „Was machst du denn hier?“. Wenn ich dann angefangen habe, zu reden, merkten sie, dass ich nicht aus Amerika komme und nicht so „white trash“ bin, wie ich aussehe. Wenn ich dann noch erzählt habe, dass ich aus Deutschland komme und rappe, konnten sie es immer kaum glauben und dann ging es auch. Aber bei so Massenveranstaltungen haben meine Freunde immer gesagt, es wäre besser, wenn ich zu meiner eigenen Sicherheit zu Hause bleibe. Das war hart. Gerade in der DDR bist du ja auch zu Toleranz erzogen worden, hast beigebracht bekommen, dass Rassismus schlimm ist, und dass er nur von Weißen ausgeht. Dort habe ich das dann genau von der anderen Seite erlebt.