rap.de: Wie siehst du deine Situation als Independent Artist? Hast du das Gefühl, dass du dich als unabhängiger Künstler stärker in die Geschäftsprozesse einbringen musst, als wenn du bei einem Major wärst, wo eine große Maschinerie dahinter steht?
LB: Ich weiß nicht genau, ob mit einem guten Vertrag bei einem Major alles von selber läuft, aber bei mir ist das auf alle Fälle nicht so einfach. Aber ich bin es auch nicht anders gewohnt, weil ich es ja nie anders gemacht habe. Du musst immer eine Menge Zeit und Kraft in den geschäftlichen Teil stecken. Der Aufwand, den man als Künstler hat, ist alles andere als gering. Dies ist einfach ein ziemlich kompliziertes Geschäft. Du hast keine geregelten Arbeitszeiten, wie bei einem Bürojob oder anderen „normalen“ Jobs. Aber ich möchte mich nicht beschweren. Ich empfinde es nicht mehr als hart, ich schaue immer, dass ich soviel wie möglich für mich und meine Musik herausholen kann.
rap.de: Wie siehst du der gegenwärtigen Veränderung im Musikgeschäft entgegen? Die alten Geschäftsmodelle scheinen langsam auszulaufen und die Firmen machen jährlich ein Minus. Dafür sind neue Technologien, zumeist verbunden mit dem Internet, auf dem Vormarsch. Bist du offen für diese neuen Möglichkeiten?
LB: Auf jeden Fall. Ich würde mich zwar nicht als Technik-Freak oder so etwas bezeichnen, aber ich bin offen für Neues. Ich habe ein Notebook, einen iPod usw. Ich denke, es ist einfach wichtig, diese Neuheiten anzunehmen, ob sie einem gefallen oder nicht. Denn alles wird sich immer weiterentwickeln und wenn du die Zeichen der Zeit nicht erkennst und die Vorteile, die für dich dabei entstehen können nicht nutzt, dann wirst du zurückfallen. Dann lässt du ein riesen Potential einfach ungenutzt.
Ich finde es auch spannend zu beobachten, dass die neuen Möglichkeiten, den Leuten dazu verhelfen, an mehr Musik heranzukommen und sie so einfach viel mehr Musik kennen, als das früher der Fall war. Ein Beispiel: Wir haben in München mit den Souls Of Mischief gespielt und die Crowd war wirklich ziemlich jung. Wahrscheinlich im Durchschnitt zwischen 18 und 21 Jahre alt. Aber sie kannten all die alten Souls Of Mischief-Tracks, die immerhin schon 13 Jahre alt sind. Ich glaube, dass es vor fünf Jahren viel schwieriger war, an alte Souls-Sachen heranzukommen, die es hauptsächlich als Platten und CDs gab. Das ist nicht so einfach, gerade wenn es sich um ältere Stücke handelt. Heute ist es einfacher. Man geht ins Internet und kann sich relativ leicht und von überall die alten Tracks besorgen. Dadurch sind einige Independent Künstler überhaupt erst zu einer Karriere gekommen.
rap.de: Zumindest können die Leute, die vielleicht eh schon Fans waren, oder ein Interesse an der Gruppe oder dem Künstler haben, schneller an deren Musik herankommen – von Zuhause aus.
LB: Genau. Das Problem, das lange Zeit mit Underground HipHop oder Independent Musikern im Allgemeinen bestand darin, dass es ziemlich schwierig war, an deren Musik heranzukommen. Es gab nur einige wenige Läden, in denen man die Sachen überhaupt bekommen konnte oder sie waren nur in geringer Stückzahl vorhanden und schnell ausverkauft. Man musste sich schon echt auskennen, wenn man an solche Sachen herankommen wollte. Leute, die vielleicht eher in ländlichen Gegenden wohnten, hatten noch viel geringere Möglichkeiten. Deswegen sehe ich auch in erster Linie die positiven Eigenschaften der neuen Techniken. Man sollte seine Vorteile daraus ziehen.
rap.de: Wie sieht es denn heute bei DJ Shadow aus? Ist seine MP3-Sammlung schon so groß wie seine Plattensammlung?
LB: (lacht) Ich weiß es nicht.
rap.de: In Deutschland wird die Technik, bzw. die Software, mit MP3s aufzulegen, immer beliebter.
LB: Ich finde das voll in Ordnung. Das ist eine großartige Erfindung. Ich meine, für mich bedeutet das erst einmal, dass ich nicht immer so viele Platten durch die Gegend schleppen muss. Das ist auch besser für meinen Rücken und meine Gelenke (lacht).
rap.de: Zurzeit haben die meisten HipHop-Künstler ein Mixtape draußen. Wie steht es mit dir und was denkst du über diesen momentanen Mixtape-Hype – so will ich es zumindest einmal bezeichnen?
LB: Es ist schon so eine Art Hype und, du wirst lachen, ich habe tatsächlich Mixtapes am Start. Diese Mixtapes gibt es nur bei meinen Shows oder auf meiner Webseite. Es ist also etwas Spezielles für meine Fans. Ich glaube, dass aufgrund der Tatsche, dass es der Musikindustrie nicht besonders gut geht, viele Künstler die Form des Mixtapes benutzen, um ihre Musik unabhängig, von irgendwelchen Zwängen und Verträgen zu veröffentlichen. Viele haben ja auch gar nicht die Möglichkeit, überhaupt einen Vertrag zu bekommen. Viele Leute wollen bekannt werden, wollen sich einen Namen machen und wenn sie keinen Vertrag bekommen könne, ist ein Mixtape momentan die beste Alternative. Wegen dieser Einstellung der Künstler, gibt es momentan diesen Hype.
Es gibt natürlich noch eine andere Möglichkeit, nämlich das Mixtape dazu zu benutzen, ein neues Album zu promoten. Diese Do-It-Yourself-Attitüde der Künstler bringt uns diese vielen Mixtapes. Auch meines (lacht).
rap.de: Vielen Dank für das Interview.