Wenn man hört : “Er hat die Aufgabe im Rahmen seiner Möglichkeiten bearbeitet“, schwingt meist ein eher negativer Touch mit. Nicht so bei Chima, der den meisten durch sein Debut 2002 „Reine Glaubenssache“ und diversen Gastspielen mit Brothers Keepers bekannt sein dürfte. 2005 holt er zum nächsten Streich auf 3P aus. „Im Rahmen der Möglichkeiten“ heißt sein neues Album und rap.de sprach mit ihm über sein Pläne, die aktuelle Lage im deutschen HipHop und über Gott und die Welt.
rap.de: Du hattest heute sozusagen ein Heimspiel in der Frankfurter Union-Halle. Wie hast du den Auftritt empfunden?
Chima: Das war jetzt mein erster Auftritt nach der Releaseparty hier in Frankfurt, was für mich eine gesonderte Situation darstellt. Ein Vorteil ist der „Heimvorteil“ jedoch nicht für mich, da ich immer den Anspruch habe an meine Grenzen zu gehen, wenn ich performe. Für mich ist das Auftreten, die Interaktion mit dem Publikum, sehr wichtig und wenn ich in anderen Städten auftrete, muss ich mir alles verdienen. Hier in Frankfurt habe ich schon ein paar Boni, was nicht bedeutet, dass ich mich hier nicht bemühe. Nur in anderen Städten kommt die Reaktion ohne irgendwelche „Loorbeeren“, was mich die ganze Sache auch besser einschätzen lässt.
rap.de: Du hast heute Abend mit einem sehr reduzierten Line-Up performt, es waren nur eine Gitarre, du und Drums auf der Bühne. Stehst du auf diesen minimalistische Sound, der schon fast in die Unplugged-Richtung geht, oder welche Gründe hat das?
Chima: Das Stichwort lautet Kostenreduzierung! Ich möchte es erstmal klein halten, da ich vieles Neues auch ausprobieren will. Für mich ist diese Minimalbesetzung aber kein schlechter Kompromiss, sondern eine Möglichkeit alles entspannt auszuprobieren. Ich habe auch keine Lust, die komplette Produktion einfach zu zerstören, weil manche Sachen vielleicht noch nicht so tight klingen. Durch diese Reduzierung kann ich auch auf der Bühne mein eigenes Feeling überprüfen und das ist für mich sehr sinnvoll.
rap.de: Seit deinem letzten Album sind drei Jahre vergangen, 2002 hast du „Reine Glaubenssache“ veröffentlicht. Was ist seitdem neben dem Brothers Keepers Projekt sonst noch so bei dir passiert?
Chima: Ich bin gewachsen (lacht) und habe eine Transformation durchgemacht. Ich bin von einem Jungen zu einem jungen Mann geworden. Das zeigt sich daran, dass ich auf meine Karriere bezogen viel für andere gemacht habe, dass hat sich jetzt geändert. Ausserdem habe ich mit Musik rumexperimentiert und für mich selbst definiert, was wirklich wichtig und lohnenswert für meine Musik und mich ist.
rap.de: Auf deinem Album ist meines Erachtens der Hauptbetrachtungsgegenstand der Mensch, mit seinen Stärken, Schwächen und Beziehungen. Ist das für dich die Art, wie du das „Erwachsenwerden“, also die Transformation die du gerade ansprachst, verarbeitet hast?
Chima: Ja und das ist mir heute im Nachhinein erst klar geworden. Du kannst heute keinen klassischen HipHop mehr machen, ohne dein Ego ins Zentrum zu rücken. Wenn du aber dein Ego ins Zentrum rückst, ist es eine andere Musik. Ich finde das jedoch beim klassischen HipHop nicht schlecht, ich liebe HipHop… HipHop ist mein Ding! Aber es ist schwer, bei den klassischen Fans Zugang zu finden, da sie das „Ich…Ich…und nochmal Ich“-Ding gewöhnt sind.
rap.de: Würdest du diese Entwicklung im HipHop kritisieren, und wie bewertest du die aktuelle Situation im HipHop allgemein? Ist es nicht eher hinderlich für eine Entwicklung, wenn sich alle nur mit sich selbst befassen?
Chima: Nee, überhaupt nicht. Ich denke eher, dass es notwendig ist. Wenn man das Altersspektrum betrachtet, in dem sich HipHop bewegt, ist es für viele sehr wichtig in dieser Phase, das Ich ins Zentrum der Musik zu rücken. Und dann gibt es die Musik dafür, die das Ganze noch fördert, und das ist doch großartig!
rap.de: Wie siehst du dann deine musikalische Entwicklung in diesem Kontext. Du singst auf deinem Album und rappst deutlich weniger?
Chima: Ich denke, dass eine Emanzipation vom Jungen, der ich damals noch war, stattfand. Mir war früher der HipHop-Kontext sehr wichtig, wenn die Leute sagten: “Der Reim war dick“ oder „da flowst du krass“. Heute habe ich zwar den Fokus davon nicht komplett abgewendet, jedoch ist es mir wichtiger, ein bestimmtes Gefühl mit einem Song zu vermitteln. Dabei versuche ich diese Gefühle, die ich selbst empfinde, zu 100 Prozent in den Songs zu übersetzen.
rap.de: Wie autobiographisch ist dein Album, hast du alle Situationen selbst erlebt, oder versucht du, durch Fiktion den Leuten die jeweiligen Gefühle zu vermitteln und in die jeweilige Stimmung zu bringen?
Chima: Du hast einen Abstand zum Album und kannst da nachfragen, ich jedoch kann das nicht. Ich weiß, dass es ein Gemenge aus Autobiographie und Erfahrungen aus meinem Umfeld ist, zum Beispiel bei „Druck“. Auf der einen Seite bin ich dort sehr autobiographisch und am Ende der Strophe dann doch wieder allgemein. Ich verarbeite alle Gegebenheiten, die mich bewegen und mir auf irgendweine Art und Weise selbst passieren.
rap.de: Du beziehst dich auf deinem Album auf eine höhere Macht oder Kraft. Wie wichtig ist dir Gott oder der Glaube bei deiner Musik?
Chima: Ich bin nicht gläubig, ich würde eher sagen spirituell. Zwar irgendwie gläubig, aber ich mache das nicht an einer Glaubensphilosophie fest. Ich habe für mich die Erkenntnis gewonnen, dass es keinen Sinn macht, sich ein Bild von Gott zu machen. Viele Religionen beschäftigen sich mit der Definition von Gott. Das mache ich nicht. Wenn es einen Gott gibt, kann ich ihn eh nicht greifen. In der Bibel steht ja auch, dass man sich kein Bildnis machen soll und deswegen mache ich das nicht. Im Zentrum steht für mich eine Kraft. Wenn das Gott ist, OK. Ich mache mir aber keine Gedanken um die Definition.
rap.de: Nochmal zurück zu deinem Album. Hast du eine Phase gehabt, in der du das Album abgearbeitet hast? Wie kann man sich als Außenstehender den Prozess vorstellen?
Chima: Von Oktober 2004 bis jetzt vor einem Monat habe ich an der Platte gearbeitet. Ich habe die Zeit auch gut genutzt, da ich für alles, Musik und Text, verantwortlich war. So hatte ich auch immer einen guten Überblick über das ganze Geschehen.
rap.de: Die typische Singlefrage, warum hast du dich für "Wundervoll" als erste Single entschieden. Du thematisierst in dem Song ja deine Beziehung zu deiner Stadt Frankfurt. Hat der Titel im Vergleich zu anderen einen besonderen Stellenwert auf deinem Album?
Chima: Andre, hör dir den Titel an… Vergleiche ihn mit den anderen Titeln auf dem Album und vergleiche die Relationen der Songs. Die erste Single hat ja auch immer eine bestimmte Bedeutung und Funktion. Für mich ist das die lauteste Nummer auf dem Album und deswegen gibt es zu "Wundervoll" gar keine Alternative.
rap.de: Abschließend noch ein paar Auskünfte über deine Pläne in der Zukunft. Du bist jetzt mit Glashaus auf Tour, wann kommt die eigene Tour?
Chima: Wir sind gerade dabei, die Produktion zu einer Tour auszubauen. Ich werde noch jemanden auf Tour supporten und dann mal sehen. Mehr weiß ich bis jetzt echt noch nicht.
Das Album „Im Rahmen der Möglichkeiten“ und die Single „Wundervoll“ stehen seit dem 14.10.205 in den Plattenregalen deines Vertrauens. Mehr Infos über Chima unter www.Chima-Online.de.