Raptile ist fake. Raptile ist Pop, Raptile ist geldgeil und sowieso nur gecastet. Raptile ist für beträchtliche Teile der deutschen HipHop-Szene all das, was einen echten Sell-Out Artist ausmacht. Was davon wirklich stimmt, sei dahin gestellt. Eines ist Raptile definitiv: kontrovers. Dies drückt sich auch im Werdegang des gebürtigen Müncheners aus: Vom ehemals Main Concept – und Blumentopf-affiliated Conscious-Rappers, der bei den legendären Freestyle-Touren mit Samy Deluxe und anderen durch Deutschland zog, bis hin zum Chart-Rapper inklusive „The Game“-Feature. Warum es zu dieser Entwicklung kam und wieso Raptile ein gebrochenes Verhältnis zur deutschen HipHop-Szene hat, erklärte er uns in diesem äußerst angenehmen Interview.
Man kann viel über „Mozez“ sagen, doch auf keinen Fall kann man diesem unerwartet sympathischen und charismatischen Künstler eines absprechen: Dass er trotz starken Gegenwinds und Downs seinen Weg gegangen ist. Es wird Zeit, eine Menge Missverständnisse und Vorurteile aus dem Weg zu räumen, also: There you go!
rap.de: Was hat der Albumtitel „Mozez“ zu bedeuten?
Raptile: Mein Name ist Mussa. Übersetzt heißt das „Moses“. Ich will in meinem Leben, in meiner Karriere den nächsten Schritt machen. Das Album soll noch mehr auf mich fokussiert sein, also weg von den ganzen Features. Es geht noch mehr um Mussa, um Moses, um mich. Natürlich besteht auch die Querverbindung zu dem religiösen Moses, aber wir haben auch versucht, das durch die Schreibweise abzuschwächen, denn es ist kein religiöses Album wie das von Kanye West. Es ist so, dass ich mich als Vorreiter für englischsprachigen Rap aus Deutschland sehe. Ich bin der Erste, der wirklich viele Platten verkauft hat. Moses hatte als Prophet auch Probleme, bei seinem eigenen Volk anerkannt zu werden. Ich will mich jetzt nicht als Prophet darstellen, man sollte das als Metapher verstehen. Aber im Endeffekt geht es eben um Mussa, um mein Album, keine großen Features.
rap.de: Ähnelt das Album-Cover bewusst dem Cover von Nas’ „Nastradamus“?
Raptile: Ehrlich gesagt, wir hatten ein Foto-Shooting, bei dem wir etwas ganz anderes machen wollten: Ich sollte den Boden spalten. Irgendwann ist es aber so gekommen, dass wir dieses Motiv nicht mehr wollten. Auch von der Label-Seite her, denen war das zu religiös. Dann hatten wir aber nicht mehr so viele Fotos, die mich überzeugt haben. Letztlich war das das einzige Foto, was mir gefallen hat. Ich hab also nicht so sehr darüber nachgedacht. Fat Joe hat zum Beispiel auch nur sein Gesicht als Cover benutzt. Jetzt, wo du mir das sagst, stimme ich dir zu, dass man annehmen kann, es sei bewusst so gemacht. Aber eigentlich hatten wir kein weiteres Foto, das so ausdrucksstark war wie dieses. Ein ausdruckstarkes Cover ist eben enorm wichtig für ein Album.
rap.de: Worin liegt für dich der größte Unterschied zwischen „Classic Material“ und „Mozez“?
Raptile: „Classic Material“ war ein Album, was sich über drei Jahre hingezogen hat. Ich hab angefangen mit Main Concept und „Blumentopf“. Sozusagen die Deutsch-Rap Freestyle-Szene, die in der Gangster-Zeit von vielen als Gymnasiasten-Rap bezeichnet wurden. Wir sind auch nach wie vor sehr gut befreundet. Das sind auch die Einzigen, die sich mir gegenüber gleich verhalten haben egal, wie ich mich musikalisch entwickelt hab. Man hört natürlich auf „Classic Material“ Songs wie „Maestro“, oder „Everyday“, die eher in die Conscience-Richtung gehen. Dann hat man auch neuere Songs, wie „Unbeatables“, die das Album ziehen. Diese Tracks gingen in die Top-Ten und haben das ganze gepusht. Man muss sich entscheiden, was für eine Richtung man einschlagen will. Wenn du es lieber auf dem Backpacker-Level halten willst, brauchst du nicht zu einem Major gehen. Ich hab mich entschieden, dass ich international Erfolg haben will, weil es mir Spaß macht, Hits zu machen, Hits zu produzieren. Es ist einfach zu sagen, dass man underground ist und sein Ding macht. Aber sag mal, dass du einen Nummer-Eins-Hit machst oder einen Top-Ten-Hit. Das machen die wenigsten.
rap.de: Eine kritische Frage zum Stichwort Backpacker und gute Verkaufszahlen: Glaubst du denn, dass man, wenn man viel verkauft, automatisch Musik von guter Qualität macht? Stichwort Dieter Bohlen.
Raptile: Schau mal, Musik ist doch eine Kunstform, richtig? Da sind wir uns ja einig, und Kunst ist immer Geschmackssache.
rap.de: Also alles relativ?
Raptile: Ja. Es gibt einen Typen, der macht 34 Klekse in 14 Farben und dann kommen Leute, die dafür Millionen ausgeben, weil sie das unglaublich finden. Wenn ich als Raptile sage, ich hab ein „Mozez“-Album gemacht, das ich, obwohl ich ein Jahr lang daran gearbeitet hab, immer noch an einem Stück durchhören und darauf feiern kann, brauch ich mich in solche Fragen nicht reinstressen. Mir ist es dann auch egal, ob einer sagt, dass ich zu viele Synthies benutzt habe. Das ist dann deine Entscheidung. Du kannst dir auch Pete Rock, oder Bahamadia anhören. Mit diesem Zeug bin ich aufgewachsen. Ich hab mich aber entwickelt und stell mir natürlich die Frage, was zu meinem Rap-Stil am besten passt. Wie komm ich am besten rüber, wie fühl ich mich am meisten wohl? Ich brauche auf der Bühne etwas, auf das ich richtig abgehen kann, richtig ausflippen. Ich bin ein energiegeladener Typ. Ich kann das aber nicht auf beispielsweise Glammerlicous-Beats ausleben, auch wenn ich die Hammer finde. Er ist wirklich ein unglaublicher Produzent, auch Pete Rock. Das ist für mich sehr gute Musik, nur hilft mir das nicht auf der Bühne. Bei mir muss es eher in die DMX-Richtung gehen. Die Leute fühlen doch auch, ob man sich auf der Bühne wohl fühlt. Das ist für mich das Wichtigste.
rap.de: Dazu gleich eine Frage: Wie war das damals mit Roger Reckless? Was ist da passiert, warum habt ihr euch getrennt?
Raptile: Roger Reckless ist so ein Typ, der sein Ding machen will. Da geht es nicht darum, hohe Ziele zu erreichen. Er möchte Musik machen mit seinen Homies, und wenn es aus seiner Sicht zu kommerziell wird, hat er eben keine Lust mehr. Ich hatte damit auch kein Problem. Ich wollte einfach nur meinen Weg gehen. Wir haben uns das letzte Mal bei der „Main Concept Release Party“ getroffen. Wir sind dann auch aufgetreten und haben den Track „The World Ain’t Ready“ performt. Es war auch alles gut. Jeder soll eben das machen, was er will. Nur ich musste eben meinen Weg finden, wenn ich erfolgreich werden wollte. Da hilft es auch nicht, über Premo-Beats zu rappen. Das hat Guru schon gemacht. Über Kanye-Beats kann ich nicht rappen, obwohl ich die kriegen könnte. Ich rap auch manchmal auf Beats mit gepitchten Samples, z. B. „Falling Form Heaven“ auf dem letzten Album. Das ist einer meiner Llieblingsbeats. Ich krieg Gänsehaut, wenn ich den höre. Aber wenn Jay-Z drüber rappt, ist es eben noch mal geiler.
rap.de: Du suchst also Beats, die zu deinem heutigen Rap-Stil am besten passen?
Raptile: Ich versuche einen Stil zu kreieren, der um mich herum aufgebaut ist. Wenn du z.B. „Fight Back“ das erste Mal hörst, weißt du sofort, dass das Raptile ist. Plötzlich wurde für Raptile ein eigener Sound kreiert. Da verliert man vielleicht Leute, die meine alten Sachen gut finden, aber man gewinnt dann richtige Raptile-Fans. Es braucht einfach keinen Raptile, der auf Kanye-West-Beats rappt. Ich brauch meinen eigenen Sound, Monstablockaz-Sound.
rap.de: Vielleicht verstehen die Leute ja irgendwann, um was es dir geht?
Raptile: Es ist ja auch so: Viele von euren Lesern sind relativ jung. Ich bin 29. In dem Alter, in dem die jetzt sind, war ich auch so. Alles, was nicht so war, wie mir das „Main Concept“ vorgelebt haben, war Kommerz. Daher versteh ich schon, warum Leute negativ reagieren.
rap.de: Aber wen willst du dann ansprechen? Auf deinem neuen Album ist ja nicht mehr der für Main Concept typische Tiefgang.
Raptile: Wenn du ein deutscher Künstler bist, der auf Englisch rappt, hast du eine Ausgangsposition, die schlechter als schlecht ist, um gehört zu werden. Ich hab zwei Freestyle-Touren mit Main Concept, Samy und Blumentopf gemacht. Alle waren auf der Bühne und haben deutsch gerappt. Ich hab auch mit denen gefreestylt und zwar so gut, dass Samy am Ende auch ankam und zu mir meinte, dass ich geile Punchlines habe. Meinst du, es hat irgendeiner von den 600, 700 Leuten aus dem Publikum gecheckt, was ich gefreestylt habe? Also muss ich mir erstmal auf meinem Weg Gehör verschaffen. Du kannst nicht als neuer Künstler rausgehen und sagen „Hört mir zu, lasst euch das von mir erzählen“. Ich muss mir erst als Künstler Fans erarbeiten, die mir dann nachher zuhören. Du kannst nicht rausgehen und sagen: „Ich bin Raptile, und ich erzähl euch jetzt, wie es abgeht“. Solche Conscience-Sachen hab ich vor drei, vier Jahren gemacht, und keiner hat mir zugehört. Was nützt mir das, wenn nur ein paar Leute das hören, die Masse aber nicht?
rap.de: Du bist ja mittlerweile lang genug dabei. Wie erklärst du dir dann, dass heute trotzdem solch Sachen aufkommen, wie z.B. Fler, der in der Bravo über dich sagt, du wärst ein gecasteter Künstler?
Raptile: O.K., das war auch so eine Sache: Ich hab das Ganze auf rap.de ja ein wenig mitverfolgt. Ich kenn euch noch von damals, von „Basilisk’s Eye“. Da hatte ich vollen Ausschlag in der Review bekommen. Ich kenn euch so lange, dass ich ein wenig verwundert war, dass ihr als glaubwürdige Seite, die durch ihre lange Erfahrung eigentlich verstanden haben müsste, wie das läuft, einen Bericht über mich bringt, bei der die Hauptquelle die „Bravo“ ist. Geht gar nicht! Ich hab mich nur gewundert, was mit rap.de passiert ist.
rap.de: Das kann ich dir erklären. Zum einen waren Teile der News nicht wörtlich gemeint, aber wir gingen schon davon aus, dass die Aussagen in der Bravo ernst zu nehmen sind.
Raptile:Da kannst du mal sehen, wie die Leute nicht verstehen, dass du das nicht ernst meinst. Das ist genau das Problem, was ich auch hab. Wir sitzen im selben Boot. Wenn ich jetzt mit einer neuen Single rauskomme, die deep ist, auf einem geilen Pete-Rock-Beat, dann würden die Leute das nicht verstehen.
rap.de: Muss ja nicht Pete Rock sein. Zum Beispiel „Barrio“, auf deinem neuen Album ist ja
deep.
Raptile: Ja, aber in eurer Rezension habt ihr gesagt, dass es nur „halbwegs“ überzeugend ist.
rap.de: Ja, aber das liegt an Labbas Part. Es ist doch einfach seltsam, nach deinem Part
jemanden zu hören, der mir erzählt, wie er gerne mit Aguilera rummachen würde und Missy
küssen will.
Raptile: Du musst verstehen, dass es in dem Song um Träume und die Realität im Barrio geht. Ich hab in meinen Part darüber erzählt, was ich sehe, was ich erlebe, wenn ich durch die Welt reise. Ob ich jetzt in Deutschland, in Berlin bin und lauter Verderber sehe, die plötzlich auf Bushido machen und nicht verstehen, dass das nur ein Image ist, was er verkauft. Oder wenn ich in Amerika bin und mir dort, wenn ich zu einem Cypress Hill Konzert gehe, am Eingang gesagt wird, wir sollen aufpassen, weil grad jemand abgestochen wurde. Solche Dinge fließen bei mir ein. Bei Labba fließen eben andere Sachen ein, seine Träume aus der Zeit, als er noch im Ghetto war. Du musst den Leuten die Freiheit geben, ihr Zeug zu representen.
rap.de: Aber es ist doch nicht cool, wenn ein eigentlich guter Track durch eine Aussage,
oder einen Part kaputt gemacht wird.
Raptile: Der Reviewer muss doch aber auch differenzieren, wenn er sagt, dass es ihn nur zur Hälfte überzeugt. Dann muss er sagen, Raptiles Part ist gut, der Beat ist gut, die Hook ist gut, nur das Feature stört.
rap.de: Meiner Meinung nach, wurde das aber auch recht deutlich gemacht.
Raptile: Ich gehe jetzt auch nicht hin und zensiere einen Redakteur. Ich gebe das Thema vor, und der Rest ist sein Ding. Soll er schreiben, was sein Herz ihm sagt.
rap.de: Was sind die Auswahlkriterien für ein Feature? Hast du z.B. The Game genommen, weil er ein guter Rapper ist, oder weil er einen großen Namen hat?
Raptile: Ich hab gesagt, ich will ein großes Feature, was die alten Features toppt. Wer weiß, wie lange ich noch auf diesem Level Songs machen kann, auch ein Budget habe, mit dem ich solche Dinge realisieren kann. Aber dieses Mal konnte ich auch nicht mit zwanzig Features auflaufen. Wir haben nur 14 Tracks. Da kann nicht überall ein Feature dabei sein. Also hab ich geguckt, was ich für Möglichkeiten hatte. The Game hat erstens mal ein Killer Album gemacht. Das ist das erste Ami-Album seit langem, das ich mir von vorn bis hinten anhören kann, ohne zu skippen. Zweitens, hat Game natürlich einen gewissen Namen in Deutschland, wo es dann auch auf dem Business-Level Sinn macht. Ich könnte auch Pete Rock, oder Pharoahe Monch kriegen – um jetzt mal Leute zu nennen, die ich auch geil finde. Es geht aber eben auch um das Geschäft. Wobei wir das „Game“-Feature auch nicht wirklich ausgeschlachtet haben. Es ist nur auf der Limited Edition drauf. Das war für die Leute, die die ersten zwei, drei Wochen in den Laden gehen und sich das Album holen, weil sie es gut finden. Für die ist das ein kleines Sahnehäubchen. Wie gesagt, ich will mich nicht über die Features aufbauen. Sie sollen ein wenig helfen.
rap.de: Daher auch die eher reduzierte Feature-Liste?
Raptile: Ja.
rap.de: Du features auch deine Monstablokaz. Da Lioness zweimal und Cronite einmal.
Raptile: Da Lioness daher zweimal, weil sie seit acht Jahren an meiner Seite ist und jeden Scheiß mit durchgemacht hat. Zeiten, in denen wir ehrlich fertig waren und nicht mehr wussten, was wir tun sollten. Zeiten, als ich die geilen, deepen Tracks mit drei Charakteren gemacht hab und mir trotzdem keiner zugehört hat. Sie war überall dabei, hat mich immer gestützt. Und jetzt ist es eben langsam ihre Zeit, ins Game zu steppen. Sie arbeitet auch hart, sie hat auch viel durchgemacht. Das sind eben Dinge, die die Leute nicht wissen. Cronite kenn ich zwar seit 10 Jahren, aber er ist gerade eben erst dazu gekommen. Man muss auch so eine kleine Hierarchie haben. Einer war acht Jahre dabei, kommt also zweimal auf das Album und der andere, der neu dazu kommt, ist einmal drauf. Aber ich bin sehr überzeugt von ihm. Cronite ist ein Hammer Rapper, sehr motiviert, schreibt sehr viel. Er hat auch ein geiles Mixtape gemacht.
rap.de: Was hat die Zeile„Hitler’s Youth wanted me back of the bus” zu bedeuten?
Raptile: Das ist eine Metapher. Ich seh einfach jeden Tag, dass die Leute, vor allem die HipHop-Leute wie Hitler sind. Wenn du nicht in die Richtung läufst, von der sie sagen, dass es die richtige ist, bist du absolut abgefuckt. Deswegen sag ich auch „I’m used to fight Hitler’s Youth“, weil ich das seit zehn Jahren gewöhnt bin. Die Leute sagen mir die ganze Zeit, ich soll auf Deutsch rappen. Fuck you, HipHop ist das, was man lebt, was man liebt, was man fühlt. Und wenn mir danach ist auf Englisch zu rappen, oder auf Japanisch zu furzen, dann mach ich das. Wenn die Leute das mögen, mögen sie es. Wenn nicht, dann nicht. Im Endeffekt bin ich ja erfolgreich. Vielleicht verkauf ich noch nicht soviel wie andere, deutsche Künstler, aber dafür hab ich so viele Alben verkauft, wie noch kein anderer Englisch-Rapper aus Deutschland. Und ich bin der Erste, der das geschafft hat und zwar mit meinem Sound. Nicht wie die Deutschen, die machen sich das nämlich sehr einfach. Die holen sich eine Juelz Santana Platte. Atmen genauso, setzten die Worte genauso, kopieren die Beats eins zu eins, kleiden sich genauso und stellen sich dann vor 14-, 15-jährigen Deutsche hin und sagen: „Ey“. Das kann ich mir gar nicht leisten. Wenn ich in New York beim Publisher sitze, der „Fight Back“ jetzt für einen Kinofilm macht, und ich „EY“ mache, dann sagt er mir, dass er Juelz Santana selber anrufen kann. Der braucht was Neues. Ich kann es mir gar nicht leisten, mich anzuhören wie ein Ami. Alle sagen, dass ich auf Ami mach, Klamotten und so. Natürlich trag ich die Sachen, ich bin HipHopper, ich liebe das, ich fühl mich wohl. Aber ich höre mich nicht wie ein Ami an. Ich kann mich gar nicht so anhören. Ich hab nichts davon, eine Cam’Ron Duplikation zu sein.
rap.de: Wie ist die Atmosphäre, wenn du mit Ami-Acts im Studio bist? Wie hat man sich das vorzustellen?
Raptile: Es ist ganz unterschiedlich. Je größer die Acts sind, desto schwieriger ist es. Bei Xzibit war es schon so, dass er rein kam und sein Ding gemacht hat. Er hat den Beat laut aufgedreht, den Text geschrieben, seinen Part eingerappt und war fertig. Als ich aufnahm, hatte er auch zugehört und durch „talk-back“ ein bisschen Hilfestellung gegeben. Er sagte ganze Zeit „Say it like you mean it, spit it like you mean it“. Ich war schon voll am Anschlag, denn er hat ja so eine kräftige Stimme. Ich muss meine Stimme meistens doppeln. Ich mein, Xzibit ist ja auch schon in Amerika, mit DMX, von der Stimme her einer der Krassesten. Er hat eine Vocal-Spur aufgenommen und ich musste dann eben zwei machen. Aber das sind Erfahrungswerte, die mir keiner wegnehmen kann. Mit Rah Digga war es zum Beispiel sehr cool. Die war einfach relaxt. Die hat sich hingesetzt, ein paar Witze gemacht. Es war richtig entspannt. Bei Xzibit war es schon eher „Champions-League“-mäßig. Da ging es darum, einen fetten Track zu machen und mehr nicht.
rap.de: Kannst du dann auch sagen, dass der Rah Digga Track für dich cooler ist, weil man
da eine persönliche Ebene aufgebaut hat?
Raptile: Das ist ganz normal. Je größer die Leute werden, desto kleiner bist du für die. Rah Digga ist zum Beispiel ein geiler female-MC. Sie hat einen Take, vielleicht zwei Takes gebraucht, stand danach dann da, wie so ein kleines Mädchen. Sie hat aber eine Stimme gehabt, die war unglaublich. Wir haben uns echt gewundert, wo die Stimme her kommt. Sie stand nach dem Take da und hat sich von Yougn Zee knuddeln lassen. Die sind ja zusammen. Wir haben das ja auch alles auf dem „Making-of“. Der coolste im Endeffekt war Wayne Wonder, aber der ist auch kein Ami. Das ist ein Jamaikaner, also eher relaxt. Der hat auch das Video ganz cool durchgezogen, nur gchillt, alles easy. „Wordsworth“ was sehr cool. Den haben wir dann auch noch mal in New York getroffen. Mit denen bin ich auch noch in Kontakt, aber mit den Großen ist es einfach nur Business.
rap.de: Wie kam der Kontakt mit Necro zustande?
Raptile: Wir haben uns bei einem Auftritt in Kanada kennen gelernt und er hat mich dann irgendwann mal angeschrieben, weil er die Videoaufnahmen, die ich gemacht hatte, zugeschickt bekommen wollte. Das war kurz vor „Classic Material“. Ich hab ihm dann gesagt, dass ich an einem Album arbeite und ihn gefragt, ob er Lust hätte, einen Song zu machen. Wir haben den dann auch gemacht, aber seit dem hab ich ihn nicht mehr getroffen.
rap.de: Noch eine Frage zum Schluß: Wie sieht es aus mit den ganzen Beef-Geschichten?
Was hat dich inspiriert, diesen Disstrack gegen diverse Leute in’s Internet zu stellen?
Raptile: Es ist ja kein wirklicher Diss-Track gewesen, wo ich mich reinsteigere. Ich wollte den Leuten einfach nur zeigen, dass ich das schon mitkriege, aber es interessiert mich eben nicht so sehr. Außerhalb von Deutschland, der Schweiz und Österreich weiß niemand, wer Olli Banjo ist. Auch wenn ich ihn für einen guten Rapper halte. Genauso mit Bushido. Kennt kein Schwein. O.K, in Österreich kennt man ihn jetzt vielleicht ein bisschen mehr. Aber es ist doch so: Ich kann mich auf dem Album nicht so sehr darauf konzentrieren, denn die LP wird weltweit veröffentlicht. In Schweden interessiert es niemanden, was ich über Bushido, oder wen auch immer sagen. „Fight Back“ war jetzt die Ausnahme. Bushido hatte was auf seiner Single erwähnt, also wollte ich das schon auf dem selben Level halten. Aber generell muss ich universale Musik machen, die überall ankommt.
rap.de: Was ist mit der Fler-Geschichte?
Raptile: Die Fler-Geschichte? Ganz ehrlich, die Bravo ist absolut asozial. Die haben mich angerufen und wollten eine Exclusive-Story über „The Game“ haben. Vier Wochen vor Single-Release haben wir die angerufen und gefragt, ob die was mit uns machen wollen. Da haben die uns abgesagt. Jetzt, wo die Single fast Top-Ten ist, rufen die mich an. So ist zwar das Business, aber ich muss ehrlich sagen, „Yaam“ zum Beispiel haben mich von Anfang an unterstützt. Ich bin ein loyaler Kerl, daher hat die Story die Yaam und nicht die Bravo bekommen. Und ein-, zwei Wochen später sehe ich dann so eine Attacke gegen mich in der Bravo. Und ich weiß, wie es letztes Jahr war. Da haben die mich gefragt, wie ich Sido finde. Das war ungefähr zu der „Mein-Block“ Zeit. Ich meinte, dass ich ihn eigentlich nicht schlecht finde, das Lied ist cool. Auf dem Album ist nicht alles geil, nicht unbedingt mein Geschmack, aber trotzdem schon gut. Und was stand letztlich in der Bravo? „Raptile findet Sido scheiße. Er ist nicht in meiner Liga. Jetzt muss ich mich da natürlich reinversetzten. Im ersten Moment dachte ich: „Was, Fler? Komm her!“ Dann jedoch denkst du dir, dass das nur die Bravo ist. Vielleicht hat Fler etwas gesagt. Aber erstens ist es wichtig, wie die Fragestellung war. Die hätten ja genauso sagen können „Ey Fler, ich hab gehört Raptile hat über dich das und das gesagt“, dann ist es natürlich klar, dass er antwortet „Sag Raptile, ich fick ihn“. Wir waren eine Woche vorher bei „The Dome“, wo er mit Tomekk auch war. Wenn er also ernsthafte Probleme gehabt hätte, hätte er es mir auch wie ein Mann in’s Gesicht sagen können. Solche Sachen lassen sich entweder ausdiskutieren, auf dem intellektuellen Weg, oder eben auf Street-Level erledigen. Er hat seine Jungs, ich meine. Letztlich kenn ich ihn nicht. Ich will ihm nicht, aufgrund von Videos, oder wie er sich im Fernsehen gibt, nachsagen wie er jetzt drauf ist, ich kenne ihn ja nicht.
rap.de: Du sagst ja auf „Fight Back“, dass du Hip-Hop Open und Splash! nicht brauchst. Wie
ist das zu verstehen?
Raptile: Ich sag dir vorher das kommt. Xzibit war in den deutschen Charts für zwei, drei Jahre nicht existent. Ich bin da rüber gegangen und hab die ganze Arbeit gemacht. Ich stand auf der Straße, ohne Geld, habe Video-Probleme gehabt etc. Trotzdem mache ich einen scheiß Hit. Anfangs auch ohne die Hilfe von MTV oder VIVA. Die haben das Video nicht gespielt. Das lief nur auf VIVA-Plus. Natürlich, hat Xzibit einen Namen, aber ich habe den Song gemacht. Ich habe die ganze Arbeit gemacht und ihn wieder hierher geholt. Die Hip-Hop Open Leute sind Business-Leute. Die schauen dann, welcher Ami grad angesagt ist in Deutschland. Xzibit war gerade in den Charts. Doch wieso rufen die dann Xzibit und nicht Raptile an? Ich habe die ganze Arbeit gemacht. Ich habe eine Hit-Sinlge, die sich 50.000-mal verkauft und die buchen Xzibit und Strong Arm Steady, mit denen ich den Song hab, aber nicht mich. Sie hätten mich zu mindestens einladen können, oder mir anbieten, dass wir den Song zusammen performen. Irgendwas. Aber da kam nichts. Ich hab 100.000 Singles und 50.000 Alben verkauft. Ich würde jetzt auch für kein Geld der Welt mehr bei denen auftreten. Für die läuft das Game so. Na gut. Ich schaffe es auch ohne die. Und ich hab jetzt wieder bewiesen, dass ich es auch ohne die schaffe. Ich hoffe ihr habt ein wenig Einblick in mein Leben bekommen. Ich will nicht, dass ihr alles feiert was ich mache, aber dass ihr eben auch mal meine Seite seht.
rap.de: Danke für das Interview.