Wenn im Game einer den hohen Anspruch an sich selbst stellt, der Beste zu sein, dabei aber umgeben ist von einem hungrigen Rudel Wölfe, welches dies ganz klar ebenso für sich beansprucht und dabei auch noch Berlin als Adresse anzugeben hat, erweist es sich am Ende vielleicht als schlau, sich als der Größenwahn in Persona ins Gespräch zu bringen. Darum heißt Megaloh eben auch Megaloh – und seine Platte „Im Game“. Konzeptionell also eine einwandfreie Schiene, die da gefahren wird. Nach einer EP-VÖ mit den Berliner Kollegen Battle Rapp im Jahre Null-Drei, einem – noch nicht ganz so lang zurück liegendem Feature – auf Flers „NDW“ und einem fünfundzwanzig Track starken „#1 Draft Pick“ im vergangenen Jahr, geht es nun per Long-Player weiter forward für den Mann aus Moabit.
rap.de: Lass uns doch als erstes kurz mal über den Namen eures Label sprechen – „Level Eight“: Was hat es damit auf sich?
Megaloh: Das ist zu einer Zeit entstanden, in der ich noch gekifft habe und dann auf einem richtig schönen High war. Es ist also im Endeffekt ein Level, das noch mal eins höher ist als Wolke sieben. Und Wolke sieben ist das schönste der Gefühle – „Level Eight“ ist demnach noch einen Schlag drauf gepackt – und das machen wir eben auch musikalisch betrachtet.
rap.de: Sind Signings auf „Level Eight“ geplant?
Megaloh: „Level Eight“ ist das Label von KD Supier und mir, und es geht momentan in erster Linie um das Produkt Megaloh. Natürlich haben wir auch Pläne, in der Zukunft zu expandieren, aber jetzt erst einmal wollen wir das Ganze klein halten und das Maximale da raus holen.
rap.de: Was hat euch überhaupt dazu bewegt, dieses Label zu gründen?
Megaloh: Zu diesem Schritt hat uns zum einen bewegt, dass wir die kreative Kontrolle und hundertprozentige Freiheit haben wollten, zum anderen um eine bessere Verhandlungsbasis für später zu schaffen, denn in Deutschland gibt es kaum noch A&Rs, die Geld investieren wollen, und die vor allem auch Talent erkennen. Wenn es später mal zu Verhandlungen kommen sollte und man sich schon eine Fanbase aufgebaut hat, hat man einfach ganz andere Möglichkeiten zu verhandeln. Das war der eigentliche Plan.
rap.de: Als vor ca. zwei Jahren die EP „Game Set Match“ veröffentlicht wurde, bildete Megaloh noch zusammen mit den Jungs von BattleRapp eine Einheit. Wie kommt es jetzt, dass ihr eure Sachen getrennt voneinander veröffentlicht?
Megaloh: Im Endeffekt war es nur eine Kollaboration, die dann etwas enger geworden ist, da dies unser einziger Release war, der zu dieser Zeit heraus gekommen ist. Das heißt, die Leute haben Level Eight gleich identifiziert mit BattleRapp und Megaloh als Einheit. Aber es war eigentlich nur ein Song gewesen, den wir alle tight fanden und zu dem Zeitpunkt als Crew-Ding heraus gebracht haben. Da jetzt aber die beiden Alben am Start sind, ist es schwer, über ein Indie-Label beiden Produkten wirklich gerecht zu werden. Wir wollen uns mit der Promotion einfach auf ein Ding konzentrieren und das Maximale herausholen. Mit einem Major wäre das etwas anderes. So machen die Jungs ihr Ding auf ihrem Label und wir unseres auf unserem Label.
rap.de: Zwischen euch ist demnach aber kein Trouble am Start?
Megaloh: Auf keinsten!
rap.de:Du attackierst auf deinem Album häufig indirekt andere MC´s. Gibt es da konkret Leute, die du da im Auge hast?
Megaloh: Klar, aber da ich da schon keine Namen genannt habe, werde ich natürlich jetzt auch keine Namen nennen. Das, was ich da sage, habe ich aber tatsächlich alles erlebt. Ich habe den Input und der muss auch wieder raus. Ich habe halt sehr viele Schlangen im Rap-Game erlebt, die dir immer wieder Props geben und dann hinter deinem Rücken versuchen, was gegen dich zu sagen, oder die einfach ein schlechtes Licht auf dich werfen wollen. Das habe ich oft bemerkt und denke, das kommt daher, dass diese Leute Angst haben um eine Position, die sie vielleicht mal hatten oder immer noch haben. Vielleicht spielt auch Neid eine Rolle? Keine Ahnung?
rap.de: Gab es daraufhin Feedback?
Megaloh: Es fühlen sich schon Leute angesprochen, aber…
rap.de: … von denen, die du explizit meintest, niemand?
Megaloh: Ich glaube, die trauen sich nicht wirklich zu antworten, denn ich würde sie ja wirklich lächerlich aussehen lassen, da ich ja keine Namen genannt habe. Das wäre ja dann nach dem Motto: „getroffener Hund bellt“. Damit würden diejenigen ja dann zugeben, dass sie dies und jenes gemacht haben, ohne wirklich direkt angesprochen worden zu sein.
rap.de: Ich will trotzdem noch mal nachhaken: Handelt es sich dabei um Berliner oder splittet sich das auch auf, auf andere Regionen?
Megaloh: Eigentlich geht es nur um Berlin.
rap.de: Lass uns gleich mal in Berlin bleiben. Tracks von Berliner Rappern strotzen häufig vor enormem Selbstbewusstsein. Woran, glaubst du, liegt es, dass Berlin dies so massiv ausstrahlt im Vergleich zu anderen Städten?
Megaloh: Die Sache ist ganz einfach: Man geht hier unter, wenn man dieses Selbstbewusstsein nicht ausstrahlt, weil einfach so viel vorhanden und die Competition so groß ist. Man muss dieses Selbstbewusstsein ausstrahlen, um zu zeigen: Ihr könnt nicht mit mir ficken. Damit wird man respektiert und kann sich einen Namen machen – so ist halt Berlin. Es ist weniger das Zusammengehörigkeitsgefühl, denn jeder will sein eigenes Ding machen. Aber das werden wir auch ändern.
rap.de: Dein Album ist sehr Battle-lastig und du siehst dich gern als Gangster oder Pimp. Hat man als Künstler nicht auch mal das Bedürfnis, sich von einer anderen Seite zu zeigen?
Megaloh: Auf jeden Fall, aber man muss sich auch erst einmal das Ohr der Leute holen. Und da ich nun mal aus Berlin komme und man hier eben nur gehört wird, indem man fragt, wer traut sich, mit mir zu ficken, muss ich es erst mal so machen. Es gibt aber noch sehr viele Facetten, die ich noch nicht gezeigt habe. Man kann den Leuten aber auch nicht zu viel auf einmal geben. Es werden also noch ganz krasse andere Sachen auf euch zukommen.
rap.de: Inwiefern?
Megaloh: Na einfach persönlichere Dinge und…
rap.de: …was Nettes für die Mädels?
Megaloh: Natürlich!
rap.de: Was möchtest du mit deinen Lyrics und Aussagen rüberbringen und übermitteln?
Megaloh: Ich möchte ein Bild von mir abgeben und von meinem Umfeld. Und mir ist wichtig, dass die Leute einfach zuhören. Es gibt Rapper, da hörst du den Song, den Beat, und das ist auch dann voll geil oder nicht und das war’s. Ich will aber, dass man bei mir wirklich den Lyrics zuhört. Ich sag nicht, dass es immer der unfassbare konzeptionelle Inhalt ist, obwohl das bei diesem Album schon oft der Fall ist, aber es ist entweder eine Punch, die überkrass ist, oder ein Wortspiel oder Sachen, die man erst beim vierten oder fünften Mal heraus hört. Das flasht mich selbst auch immer am meisten, wenn ich einen Song zehnmal höre und immer noch neue Sachen darin entdecke. Das würde ich auch gerne mit meiner Musik machen und erreichen wollen.
rap.de: Wäre es dir lieber, wenn deine Sachen im Rahmen irgendwelcher Partys stattfinden würden, egal auf was für welchen, oder siehst du deinen Stuff doch eher als eine Underground-Sache, bei der dir wichtig ist, dass vor allem ein ganz bestimmtes Klientel deine Sachen versteht?
Megaloh: Ich finde, in Deutschland ist dieses Deutschrap-Ding einfach noch nicht so etabliert und so angesehen wie z.B. in den USA oder in Frankreich. Aber das ganze ist auf dem Weg, dahin zu kommen. Ich will einfach Rap an die Leute bringen – auch an Leute, die damit nichts zu tun haben. Es ist mir auch klar, dass ich eine harte Gangart gewählt habe, weil eben viel Battle dabei ist. Das ist für mich aber Teil der Kultur. Ich versuche immer intelligent zu battlen, indem ich Wortspiele benutze, die auch immer noch eine weitere Bedeutung haben. Und dabei spreche ich hauptsächlich Leute an, die sich in einer ähnlichen Situation wie ich befinden oder befanden, denn bei jedem Jugendlichen kommt irgendwann der Punkt, an dem man erwachsen wird und Verantwortung übernehmen muss, um seine Sachen ins Laufen zu bringen. Im Endeffekt versuche ich also die Leute zu motivieren, da ich ja auch mein eigenes Ding mache, und wir gemeinsam unser Label. So sehen die Leute, dass man auch etwas erreichen kann, wenn man an das glaubt, was man will und kann.
rap.de: Wäre dies dann auch deine Message an unsere Leser?
Megaloh: Ja, auf jeden Fall! Glaubt an das, was ihr könnt, und lasst euch von keinem da reinreden. Wenn ihr Talent habt, dann arbeitet daran. Und wenn ihr wirklich hart daran arbeitet, werdet ihr es auch irgendwann zu etwas bringen. Word!
rap.de: Warum hat sich der Release von „Im Game“ so lange herausgezögert?
Megaloh: Wir wollten das Album ja ursprünglich schon letzten Sommer heraus bringen. Geplant war, dass wir das Mixtape veröffentlichen und das Album hinterher schieben, aber es ist schwierig als Indie Infrastrukturen aufzubauen und alles optimal passend zu machen. Wenn man Major ist, reicht ein Anruf, damit deine CD in allen Läden steht. Als Indie, ohne Vertriebsweg, musst du das im Prinzip mit jedem Laden individuell klären. So gab es halt verschiedene Sachen, die wir zunächst aufbauen mussten, und das stellte sich schwieriger heraus, als wir erst dachten. Wir hatten uns u.a. auch gefragt, ob man nicht noch etwas warten sollte, um alles wirklich perfekt zu machen. Durch die Fler-Koop zum Beispiel sind jetzt auch mehr Leute auf mich aufmerksam geworden, ich bin mehr herumgekommen und man kennt mittlerweile etwas mehr von mir.
rap.de: Du hast gerade Fler angesprochen. Wie ist dieser Kontakt zustande gekommen?
Megaloh: Fler fand meine Sachen schon immer gut, hat sich von irgendjemandem meine Nummer geben lassen, hat angerufen und dann haben wir eben einen Song zusammen gemacht. Ich habe ja gesehen, wie Aggro Berlin arbeitet, und dachte mir, eine Zusammenarbeit würde bestimmt viel Öffentlichkeit bekommen. So wurden Leute auf mich aufmerksam, die mich vorher noch nicht kannten.
rap.de: Wie bewertest du rückblickend die Aggro-PR-Kampagne zu Flers Album, die gleichermaßen für Aufsehen wie aber auch für viel Ärger sorgte?
Megaloh: Das war eine Sache, die ich vorher nicht einschätzen konnte. Wie ich die bewerte? Im Endeffekt wollen die für Aufmerksamkeit sorgen, in dem sie krass fronten. Ich würde es nicht so machen und auch nicht so mitziehen.
rap.de: Was ist aus deiner Sicht an den Nazi-Vorwürfen dran?
Megaloh: Wirklich Nazi kann Fler nicht sein, sonst würde ich ja nichts mit ihm zu tun haben. So „Un-Nazi“ kann er aber auch nicht sein, sonst würde er ja so etwas nicht mitmachen… Keine Ahnung.
rap.de: Aber du würdest schon sagen, dass du dich davon eher distanzierst?
Megaloh: Ich mache einfach jetzt meine eigene neue deutsche Welle.
rap.de: Wie wird Welle machen für dich aussehen?
Megaloh: Ich meine das musikalisch. Ich setze einen neuen Standard für die Szene, in Bezug auf Rap, auf Rhymes, auf die Flows, auf die Art zu punchen und auf Aussagen. Bei mir sind natürlich auch Kraftausdrücke drin, aber ich versuche schon, die Worte gezielt zu wählen. Die Leute werden einfach merken, dass, will man verkaufen und in die Charts, dann muss man sich wirklich anstrengen und was an den Start bringen. Ich habe mich angestrengt und ein gutes Album gemacht. Viele Leute sind mit einer solchen Pisse draußen und denken, sie verdienen dafür auch noch Respekt. Das ist, was ich meine: Das wird sich jetzt ändern.
Megaloh: Also generell sind sehr viele Leute daran interessiert, mit mir zusammen zu arbeiten, auch von großen, bekannteren Acts. Aber die würden sich nicht trauen, das auch wirklich zu sagen. Das hört sich jetzt zwar überheblich an, aber man kann recherchieren, das Savas z.B. früher schon einmal gesagt hatte, er würde mich gerne signen. Verschiedene Leute wollen mit mir arbeiten und ich bin auch gewillt, denn ich will die Szene auch mit voranbringen. Dass beispielsweise aus Berlin zwei richtig große Acts zusammen kollaborieren und ein überfettes Ding machen, das ist bis heute noch nicht passiert. Es hat einfach keiner die Eier dazu, keinen Plan…