Main Streets 98

Für sich alleine genommen ist "Kurz und schmerzlos" einfach ein guter Film. Mit den deutschen Filmen der letzten Jahre vor Augen, ist er aber eine kleine Sensation. Der türkische Regisseur Fatih Akin erzählt die Geschichte von drei Freunden, die in den Hinterhöfen von Hamburg-Altona so vor sich hin dealen und stealen und dabei jeder auf seine Weise von einem besseren Leben träumen. Vorbild für diesen Film war übrigens Martin Scorseses "Mean Streets" aus den 70ern, in dem Robert DeNiro seine Karriere in der Unterwelt verpatzt. Gabriel (Mehmet Kurtulus), der heimliche Held des Films, ist gerade aus dem Knast gekommen und hat sich vorgenommen, mit seinem kleinkriminellen Leben aufzuhören um ein braver Taxifahrer zu werden.
Bobby (Aleksandar Jovanovic) will dagegen Gabriel (Mehmet Kurtulus) eine richtige Gangsterkarriere hinlegen und steigt gerade bei der albanischen Mafia ein. Irgendwo zwischen beiden steht Costa (Adam Bousdoukos), ein Gelegenheitsdieb, dümmlich aber herzensgut. Die enge Freundschaft der drei wird nun mehrfach auf die Probe gestellt und zerbricht schließlich. Gabriel will nichts von Bobbys Mafiadeals wissen, in die auch Costa hineingezogen wird. Er stellt sich zwischen Bobby und seinen neuen Mafiaboss und bandelt schließlich auch noch mit Bobbys Freundin an. So nimmt die Katastrophe ihren Lauf, das Ende soll hier aber nicht verraten werden. Das Tempo ist hoch, die Action hart, die Story spannend und die Darsteller gut (von den Nebenrollen ist besonders Idil Üner hervorzuheben, die Gabriels Schwester spielt). Einziger Kritikpunkt ist die sehr konventionelle Kameraführung, die den Film manchmal etwas ausbremst. Auch sind manche Szenen hemmungslos melodramatisch, der Regisseur landet einige rechte Haken auf die Tränendrüse. Daß die drei Freunde ausgerechnet ein Türke, ein Serbe und ein Grieche sein mußten, ist ein etwas sehr plakativer Hinweis darauf, daß Ausländer (ja, ja, ich meine natürlich Migranten) in Deutschland irgendwie alle in einem Boot sitzen. Andererseits zeigt der Film dadurch auch auf, wie unscharf und letztlich unerheblich die vielbeschworenen kulturellen Unterschiede sind, die so gerne zur Herstellung einer "deutschen Leitkultur" (so neulich der Berliner Innensenator) herangezogen werden. Darum geht es Akin aber gar nicht, er will nicht den sozialpädagogischen Zeigefinger heben, sondern nur einen guten Thriller hinlegen. Genau das ist auch gelungen, der Film ist absolut sehenswert. Auch mit wenig Aufwand, unbekannten Schauspielern und ohne eine gekünstelt konstruierte "Lola rennt"-Handlung kann man also einen guten Film machen. Das hat ja kaum noch jemand geglaubt.

Fast noch besser als der Film ist der Soundtrack mit dicken Beats aus Hamburg, s. auch unser Review. Im Film ist wie so oft von dem Soundtrack wenig zu hören, stattdessen gibt’s meistens nerviges Bouzouki-Geklimper. Aber sonst hätte ja auch wieder jeder "Kultfilm! Deutsches Trainspotting!" geschrien und Fatih Akin hätte einen Bambi bekommen.