Rapster

Vor ein paar Jahren erschienen auf einem Label namens !K7 nacheinander zwei Platten des Österreicher DJ- und Produzenten-Gespanns Kruder und Dorfmeister. Zunächst gab es den Beitrag zur mittlerweile weltweit bekannten "DJ-Kicks"-Serie – einer Plattform, die Künstlern die Möglichkeit bietet, einen Mix ihrer Lieblingsstücke abzuliefern. Letztes Jahr machten davon übrigens auch die Stereo MCs Gebrauch (vgl. unser Feature), und seither hält sich hartnäckig das Gerücht, die Gelegenheit zur Produktion des eigenen DJ-Kicks-Albums hätte in den Herren Hallam und Birch die Energie freigesetzt, dank derer wir nun seit ein paar Monaten das Album "Deep, Down & Dirty" hören dürfen. Kruder und Dorfmeister veröffentlichten dann noch das "The K&D Sessions"-Doppel-Album, welches zu einem weltweiten Verkaufserfolg wurde. Spätestens seit dem Release dieser Platte dominierten die beiden Wiener und damit indirekt auch deren Label das Soundstadtbild in Berlin und in vielen anderen Metropolen. Aus keiner Cocktailbar, keinem Club und keiner Lounge war der chillige Sound der K&D-Produktionen noch wegzudenken, und das konstante Sound- und Locationgemisch vermittelte vielen Leuten dieses typische "Soundtrack-für-diesen-Lebensabschnitt"-Gefühl.

"Das hat das nun mit HipHop zu tun?" könnte man sich jetzt natürlich fragen. Bisher tatsächlich nicht wirklich viel, wenn man mal von den wenigen Releases von Künstlern aus dem HipHop-assoziierten Umfeld absieht, wie zur Zeit etwa der Platte von Ursula Rucker. Seit einem knappen Jahr jedoch kann man HipHop-Platten erwerben, die der Aufdruck "Rapster Records" ziert. Dazu zählen z.B. das Kutmasta Kurt-Album "Masters Of Illusion", zu dem es auch eine Instrumental-Platte gibt und aus dem zwei 12"es ausgekoppelt wurden Ebenfalls auf erhältlich ist die von Rapster Records Peanut Butter Wolfs Label Stones Throw für Europa lizensierte Breakestra-Platte "The Live Mix Part 2". Dass Rapster jedoch ein Sublabel von !K7 ist, war bisher wohl nur wenigen Leuten – wir zählten nicht dazu – wirklich klar. Vor wenigen Tagen wurden wir dann aber ins !K7-Office in Berlin zum Interview mit Princess Superstar eingeladen, deren Album "Princess Superstar Is" voraussichtlich am 08.10. auf Rapster erscheinen wird. Eine zugehörige 12" mit den Titeln "Keith ´n Me" (feat. Kool Keith) und "Wet! Wet! Wet!" ist bereits erhältlich. Wie kam es nun zu dieser Kombination? Vor ungefähr einem Jahr mündete bei !K7 die Idee, ein HipHop-Sublabel in die Welt zu setzen, in der konkreten Anfrage Stefan Strüvers (des A&R von !K7) bei Matthias Kind, ob er nicht den Posten des A&R übernehmen wolle. Matthias war nach seinem Zivildienst zwei Jahre in New York und hat dort neben einem Tontechnikerstudium zahllose Praktika bei Plattenfirmen (u.a. Motown, Mercury und Island), Tonstudios und Verlagen gemacht.
"Ich habe dort z.B. auch für drei Monate mit Tony Maserati zusammengearbeitet, der als Master- und Mixdown-Engineer seine Finger in beinahe sämtlichen Bad Boy Entertainment-Produktionen hat und mit Leuten wie Jay-Z, Mary J. Blidge und Faith Evans zusammenarbeitete. Zwischendurch hatte ich auch ein Praktikum im Unique-Tonstudio. Dort wurde damals allerdings gerade eine Aerosmith-Produktion gemacht, und meine Aufgabe war es hauptsächlich, Joints zu drehen und Whisky zu organisieren", wie Matthias schmunzelnd erzählt.
 "Bei den einzelnen Firmen wurde ich zwar auch immer bezahlt, bekam allerdings nie genug, um tatsächlich davon leben zu können. Kurz bevor ich NY dann verlassen wollte, hat !K7 dort sein neues Büro aufgemacht. Ich hätte damals auch gerne dort angefangen, es war aber wohl noch nicht der richtige Zeitpunkt." Als Matthias nach Deutschland zurückkam, arbeitete er für drei Jahre bei "Strictly Confidential", dem Verlag des "Play it again Sam"-Labels. Sein Büro lag in Hamburg in der Dietmar Köhl Straße, in der zufällig auch der !K7-A&R Stefan Strüver sitzt, womit sich der Kreis schließt.
"Ich hatte mich nach meiner Arbeit bei Strictly Confidential kurzfristig selbständig gemacht, wurde aber von Stefan drei Monate später gefragt, ob ich Bock hätte, ein HipHop-Label zu machen, und da hab´ ich dann innerhalb von einer Minute ja gesagt und alles stehen und liegen lassen. Eine Woche später hatten wir das Kutmasta Kurt-Album gesignt."

 

Mit Matthias hat !K7 einen A&R gefunden, der während seiner Zeit in den Staaten schon reichlich Kontakte zu Underground-Artists mit Potential sammeln konnte:
 "Peanut kenne ich z.B. seit vier, fünf Jahren – ich hab ihn mal in Miami kennengelernt."
Auf Nachfragen erzählt er:
"Der ist extrem mit seinem Label beschäftigt und hat einfach keine Zeit, was zu machen, und wir sind sicher nicht die einzigen, die das bedauern. Wir haben auch für ´nen Remix bei ihm angfragt, aber da meinte er gleich ´Tut mir leid – ich komme nicht dazu, Beats zu machen´. Princess kannte ich erst mal nur vom Sehen, wusste am Anfang aber gar nicht, dass sie Musik macht, schon so viele Platten rausgebracht hat und so ´ne Selfmade-Frau ist. Vor zwei Jahren hat einer meiner Freunde dann ihren Künstlernamen gedroppt, und ich war allein davon schon begeistert – wer sich so nennt, der muss ´ne Menge Selbstbewusstsein haben und wissen, was er will. Sie hat mir dann das ‚Last of the Great…‘-Album geschickt, und ich hab´ sofort das Management angeboten."
Wenn man den Katalog des !K7-Labels ansieht, drängt sich natürlich schon die Frage auf, weshalb Matthias gerade dort gelandet ist:
"!K7 ist für mich einfach das interessanteste Label in Deutschland, und ich bin wirklich froh, dass die mir die Möglichkeit gegeben haben, aus der !K7-Struktur heraus zu arbeiten. Für ein deutsches Label ist diese Struktur einzigartig – hier zu sitzen und weltweit Platten zu veröffentlichen. Egal, wo du bist – es ist halt eine K&D-Platte bekannt, auch die DJ-Kicks selber ist ja ´ne Serie, die so etabliert ist, dass sie weltweit eine Riesen-Reputation genießt."
Ein andere Frage ist die danach, weshalb amerikanische HipHop-Künstler gerade dort releasen sollten. Aber auch darauf gibt es eine plausible Antwort: "Unsere Struktur ist ziemlich stark, und ich kann vielen Künstlern deshalb einfach etwas bieten. Jeder amerikanische Künstler verdient durch den Export sehr viel mehr, als durch einen Lizenzdeal. Der hat drüben sein Label, presst die Platten, schickt die raus, und die kommen irgendwann in Europa an. Aber das bringt die halt hier profilmäßig nicht deutlich weiter – es gib oft niemanden, der an ihrem Image arbeitet. Wir fliegen die Leute rüber und schicken die eine Woche durch Europa, machen Interviewdates usw.".
Zu seiner eigenen A&R-Philosophie befragt, äußert er:
"Ich arbeite nicht wie so ein typischer Ami-A&R, der die Leute ins Studio zurückschickt und den Sound der Platte diktiert, das maße ich mir nicht an. Ich signe Leute, an die ich glaube, weil ich einen eigenen Style sehe, einen eigenen Sound und eine Persönlichkeit, und weil ich ihnen deshalb vertraue. Ich sehe die übers reine Signing hinausgehende A&R-Funktion vielleicht eher darin, Leute anschließend zusammenzubringen und in der Richtung Vorschläge zu machen. Z.B. habe ich Princess mit High & Mighty und Kool Keith zusammengebracht. Mein Vorsatz ist es, mit Ami-Underground-HipHop, der das Potential hat, einen gewissen Level zu überschreiten, zu arbeiten. Unterhalb der Major-Ebene gibt es so viel phänomenalen HipHop aus Amerika, der dort überhaupt keine Plattform hat und hier bisher nur als Import reinkommt. Labels wie uns gibt es nicht viele, da gibt es Bad Magic in England, da gibt es Grooveattack in Deutschland – aber das war es mehr oder weniger."
Das Rapster-Konzept steht in Deutschland also unzweifelhaft in Konkurrenz zu Superrappin/Grooveattack, wobei Matthias aber einen eindeutigen Vorteil zugunsten von Rapster in der Vertriebsstruktur sieht:
"Wir arbeiten z.B. mit ‚Play it again Sam‘ in Frankreich, ‚Zomba‘ in Deutschland, Belgien und Holland und ‚Vital‘ in England zusammen, haben also überall die etabliertesten und erfolgreichsten Independent-Vertriebe und somit ein extrem starkes Vertriebsnetz. Aufgrund des starken Katalogs von !K7 und der guten Reputation bieten diese Vertriebe uns auch eine Menge Service an, den sie anderen Labels einfach nicht geben. Wir bekommen von denen Marketing und Promotion angeboten, was natürlich in den Territories, in denen wir kein eigenes Office haben, sehr hilfreich ist – da werden unseres Sachen trotzdem promotet und nicht nur vertrieben, und so können wir die ganze Welt covern."
Es bleibt abzuwarten, wie sich Rapster positionieren kann – mit dem Signing von Princess Superstar hat Matthias Kind sicher schon mal ein kontroverses Projekt angefasst, weil deren Platte durchaus auch Popappeal hat und fraglich ist, was unsere HipHop-Pförtner davon halten werden. Für uns steht aber schon jetzt fest: Großes Tennis das Ganze. Als ein weiteres, für die unmittelbare Zukunft geplantes Projekt steht der "Eastern Conference All Stars II"-Sampler des Ex-Rawkus-Gespanns High & Mighty in den Startlöchern, der die "wahren" Heads (wer auch immer das sein mag) dann möglicherweise wieder beschwichtigen wird.