Texta

Da klopft schon wieder so ein Besserwisser an die Tür, der meint es wär´ an der Zeit, dass irgendjemand was ich mach analysiert“ (Huckey, Kleines Selbstinterview). Der Besserwisser bin ich, und geklopft wird in der Telefonleitung. Das andere Ende ist in Linz, in der sogenannten „Kapu“. Hier sitzen drei Fünftel der Combo Texta zum Gespräch bereit –Huckey, Laima und Flip. Die Kapu selber ist vielleicht einigen ein Begriff, denn schon seit `94 geht es hier um Beat und Bass, nicht zuletzt auch wegen der Herren von Texta. „Hallo mein Verfasser, geht `s Dir gut? Ich bin Dein Text. Du hast mich selber aufgeschrieben und jetzt tu nicht so entsetzt“ (Huckey, Text vs. Autor vs. Hörer). 

Huckey: Irgendwer hat eine Idee und sagt: „Ja, das passt, der Beat erinnert mich an dieses oder jenes.“ Z.B. „Verdächtig“ – mich hat der Beat an die Anfangsmelodie von Miss Marple erinnert, da hab´ ich gesagt, machen wir doch mal ´nen Krimi, das haben wir noch nie gemacht. Ich hab´ dann probiert, mich in so ´nen Krimiautor reinzudenken. Da kommt man erst mal drauf, was das für ´ne Arbeit ist. Das ist ja nicht damit getan, dass man einfach jemanden umbringt und dann den Täter findet. Aus welcher Perspektive erzählt man das? Wie läuft es chronologisch ab? Wer macht was? Wie ist die Situation, in der man das eigentlich erzählt? Und dann muss man erst mal den Text dahin bringen. Oder „Casino“: Man macht die gleiche Story aus dem Blickwinkel von vier Personen. Wir haben probiert, so wiederkehrende Sachen zu machen, z.B. dass immer die 6 kommt, eben so Kleinigkeiten, an denen man erkennt, dass es die gleiche Story ist. „Schließlich steckt eine Idee hinter all unseren Tracks, keine pubertären Kiddieraps,… wir halten den Moment fest als Streckenabschnitt, der sich nach nächtelangen Sessions ergibt“ (Huckey in „Rampenlicht“).

 

Huckey: Für uns ist es interessanter, wenn man an den Texten so richtig tüftelt. Wenn man sagt: Das möchte man am Schluss erreichen, und jetzt muss man sich genau überlegen, wie man da hinkommt. Das ist interessanter, als sich hinzusetzen und einfach ´nen Text runterzuschreiben. Kann auch cool sein – klar, aber ich mag es einfach, wenn man sagen kann: Ha! Und jetzt weiß ich, wie es geht! Jetzt hab´ ich es geknackt, so machen wir das.

„Kraut, oh du mei Kraut, oh du mei Kraut, oh du mei Kraut, i hob scho so vü von dir graucht, dass mi nua mehr umahaut“ ( Laima, Mühlviertler Kraut).Laima: Es gibt aber auch Nummern wie das Kraut – die hab´ ich in 2 Minuten im Auto geschrieben, in 2 Minuten eingerappt, und es hat gepasst. Dass man nur tüftelt, muss nicht sein. Das ist oft die Gefahr gewesen – wir haben oft viel Zeit in Nummern investiert. Tausend verschiedene Refrains, und dann ist man immer noch nicht zufrieden. So wie bei „Casino“. Da gab´ es tausend Refrains, und so besonders find ich den jetzt auch nicht.Refrain: „Auch wenn du kein Spieler bist, weißt du, worum es geht. Im Casino ist der Spieljeton der Mittelpunkt der Welt. Die Kugel fällt und bestimmt das Geld, das der Spieler heut´ kassiert, doch meistens ist es umgekehrt, weil der Großteil nur verliert.“ Laima: Aber es war halt der Beste."Ich fürchte mich nicht, in ganzen Sätzen zu sprechen, mit meinen Reimen und Texten neue Zeichen zu setzen“ (Laima, Wer?). Laima: Was macht man, wenn man Rapper ist? Man kann sich auf das Battlen versteifen oder auf Themen. Du hast doch jede Möglichkeit, und ich finde wichtig, dass man so viele wie möglich ausschöpft. Es ist ja auch interessant, mal ´nen Krimi zu schreiben oder was aus der Perspektive von ´nem Mikro (Total Chaos: das Mic) zu schreiben.

 

„Doch ich fürchte mich davor, dass alle labern und schwätzen, vor lauter verbalem Flexen die wahren Werte vergessen“ (Laima, Wer?). Laima: Ich hab immer gerne was, woran ich mich festhalten kann. Laimas Religion, oder meine ganzen Solotracks, das sind immer Ideen, die ich schon Jahre hab. Irgendwelche argen Drogenerlebnisse oder sonst was, wo ich erst nach Jahren drauf komme, wie ich das jetzt schreiben kann. Vielleicht merkt man das gar nicht, wie viel ich da rotiert hab´, bis mir das so eingefallen ist. Aber das macht dann richtig Spaß, wenn es endlich abgearbeitet und geschrieben ist.

„Wenn man nur Musik macht, kann man leicht verblöden“ (Laima, rap.de-Interview).
Laima: Ich bin Kanaltechniker und arbeite bei einem Zivilingenieur, wir machen Kläranlagen und lauter so Sachen. Ich würde gerne von Musik leben, aber so muss man mit den normalen Leuten klarkommen und sich da durchboxen. Das finde ich eigentlich auch ganz positiv. Bin natürlich versichert, verdiene mein Geld, und das passt schon. Ich werde auch ein wenig gefordert in meinem normalen Beruf, und das finde ich gut. Ich glaube, wenn man nur Musik macht, kann man leicht verblöden. Man muss da schon aufpassen.„Ist Sicherheit der Menschheit erstes Gebot, die höchste Stufe davon ein Leben nach dem Tod, die Menschen streben eben stets nach neuen Wegen, um sich in Sicherheit zu wiegen“ (Laima, Bist Du Sicher?). Laima: Es gibt so viel, was um Sicherheit geht, wo man sie gar nicht haben kann. Für mich ist die Nummer nichts mehr als die Aussage: Sicherheit ist Mythos, die gibt es nicht. Du kannst dich noch so aufreißen, dich gegen den Tod versichern, und dir kann der größte Scheiß passieren. Aus dem Grund hab´ ich es geschrieben. Du wirst in die Schule geschickt, dir wird eingeimpft, was du nicht alles machen musst, bis du dir in der Gesellschaft praktisch sicher bist. So viele Ratschläge, die dich beim kreativen Prozess behindern. „Frage: Das hast alles du gemacht?“ (Laima, Plastikrap), Flip macht nämlich Text und Ton.

Flip: Anstrengend ist eher das Texte-Schreiben. Beats-machen geht mittlerweile schon ruck zuck. Zumindest die Grundstrukturen sind relativ flott da. Was länger dauert, sind Songstrukturen und Aufbauten, Breaks und so was. Die Sachen, die relativ schnell gehen, sind meistens auch die Besten. Oft ist es aber auch so, dass ich Beats nach ´nem halben Jahr wieder anfasse. So z.B. der „Bist du sicher“–Beat. Den gibt es eigentlich schon 4 Jahre. Voriges Jahr dachte ich, schaue ich ihn noch mal an, und hab ein wenig rumgebastelt.
Kraut Interlude, Soul Interlude I und Soulinterlude II
Flip: Der Huckey und ich, wir waren früher in Gitarrenbands. Der Huckey Punk-Hardcore und ich in ´ner Hardcore-Geschichte. Das war Ende 80er/Anfang 90er, bevor man die Möglichkeiten hatte, HipHop zu machen. Das Interesse war schon immer da, aber es hatte keiner gewusst, wie man samplet, wie das überhaupt geht. Da hat man einfach in Gitarrenbands gespielt, und dieses alte Instrumentalwissen haben wir dann auf der Platte wieder eingesetzt, um einfach einen anderen Sound reinzubringen.Wir seelenstrippen wie Chippendales, knicken und flippen Breaks, vermitteln keine mittelmäßigen Bands, Tontraeger-MCs rippen on stage“ (Flip, Plastikrap). Flip: Das sind schon alles Kumpels (auf Tontraeger Records). Momentan funktioniert es einfach als Plattform. Ich erledige hauptsächlich den bürokratischen Kram mit Plattenpresswerken usw. Es ist so, dass die Bands die Platten meist selber bezahlt haben und dadurch auch das ganze Geld vom Verkauf gekriegt haben. Jetzt wird aber mehr Arbeit reingesteckt, und in nächster Zeit kommt auch einiges raus. Erst einmal unser Instrumental-Album (Titel „Perspectives“), dann von Kayo und Phekt eine EP und von Die Antwort ´ne Maxi. Bis jetzt gab es 5 Releases: die Brotlose Kunst LP, die Weißbrot Maxi (wie damals Brotlose Kunst noch hießen), Rückgrat und zwei Maxis von A.N.S.„Auch wenn unsere Talente unerkannt blieben, wie die von Good Will Hunting…“ (Huckey, Verstanden). Flip: Mir ist schon klar, wenn wir aus Deutschland gekommen wären, würden wir mit der langen History, die wir haben, jetzt wahrscheinlich woanders stehen. Wenn du dir Blumentopf anschaust, die sind jetzt bei der 3. LP, und da ist der Unterschied schon gigantisch. Wir haben immer versucht, Kontakte nach Deutschland zu knüpfen. `97 mit „Gediegen“ den Jan Mangels von MZEE angeschrieben: „Ja, sie haben jetzt schon die Massiven Töne mit dem Kopfnicker-Album, und wir sollen es doch mal wo anders probieren“. Das war definitiv kein Vorteil, dass wir Österreicher sind. Ich will da jetzt aber nicht herumjammern.Mittlerweile ist man bei Plattenmeister wohl unter, was aber leicht seltsamen Umständen zu verdanken ist: Flip: Es gibt so ´ne befreundete Punkband aus Linz, „Strahler 80“, die waren in Deutschland auf Tour. Der Tourmanager war Jan Clausen (mittlerweile bei Octopussy). Die Strahler hatten die CD von uns mit, und die hat ihm gefallen. Er hat sie dem Uli von Plattenmeister vorgespielt, und der meinte: „Klar, das machen wir.“Wie immer könnte man noch viel mehr erzählen, doch leider sind Zeichenvorgaben nicht wie Dynamit zum sprengen da, deswegen ist hier Schluss. Schüß.