Nullzweizwei im Interview: Heimatgefühle, Straßenrap, Vergleiche mit anderen Crews

Das mit dem „In die Hocke“-Gehen mussten die drei erst schmerzvoll lernen, heute posieren sie problemlos für jedes Foto in der Russenhocke. Nullzweizwei, die Newcomer-Crew aus Herzogenaurach, verbindet deutsch-russische Lines mit harten Beats. Bazu, Rufuz und Sosa haben der rap.de-Redaktion einen Besuch abgestattet und mit uns über Heimatgefühle, Straßenrap und Vergleiche mit anderen Crews gesprochen.

Nur für die Zahl, nur für die Gang

Nullzweizwei – das sind Bazu (24), Rufuz (23) und Sosa (24). Angefangen hat alles in einer Stadt in Bayern: Herzogenaurach. Hier freundeten sich die Mitglieder der 022-Crew an und haben sich diese Zahl mittlerweile tätowiert. „Wir haben alle Nationalitäten: Araber, Türken, Russen, Deutsche. Wir sind eigentlich eine große Gruppe“, sagt Bazu. Von den drei ist nur Bazu Russe, er bringt die russischen Lines in die Songs. Darüber hätten sie schon lange nachgedacht, aber es habe sich falsch angefühlt, auf einer anderen Sprache Musik zu machen. „Ich hab mich nicht getraut, auf Russisch Musik zu machen. Irgendwann ist dann Olexesh damit gekommen“ wie Bazu erzählt.

Mit ihrer Heimatstadt sind die drei nach wie vor sehr verbunden. 2017 haben sie ein eigenes kleines Festival in Herzogenaurach organisiert, seitdem waren sie viel unterwegs. Doch sie kommen immer gern nach Hause. „Klar ist das ein extremer Kontrast, wenn man vorher in Hamburg oder Berlin war und dann nach Hause kommt. Aber hier haben wir Kontakte, jede Oma auf der Straße kennt dich und grüßt dich. Hier ist man was Besonderes“, schildert Rufuz. Solange die Arbeit einen Umzug nicht verlangt, wollen sie in Herzogenaurach wohnen bleiben. Sosa bringt’s auf den Punkt: „Wenn Muss, dann Muss.“

Für neue Songs sitzen sie meist zusammen. Rufuz und Bazu spielen Instrumente und bringen ihr Vorwissen mit ein. Manchmal hat einer eine Idee für einen Beat, manchmal schreibt einer von ihnen einfach drauflos. Die Hooks schreiben sie immer gemeinsam. Auch privat sind sie weiterhin beste Freunde, so funktioniert die Arbeit relativ harmonisch. Von Pop bis hin zu tiefstem Untergrundrap – sie finden in jedem Genre Inspirationen. Einem gefällt das, dem anderen was anderes. Nicht nur Rap dient als Vorbild.

„Wir haben eher über andere gerappt“

Ihr erstes Album „Bezirk 22“ haben die Jungs noch zu viert und ohne Label veröffentlicht. Aus musikalischen und persönlichen Gründen habe man sich aber von dem vierten Mitglied Gregory getrennt. Auf die Platte blicken Bazu, Rufuz und Sosa mit gemischten Gefühlen zurück: „Wir haben diesen ganz harten Straßenfilm gefahren, komplett überzogen“, so Rufuz. Das Aufnehmen hat zwar Spaß gemacht, aber es gab ihrer Meinung nach eben nichts, was das Album ausgemacht hätte. „Wir haben eher über andere gerappt als über uns“, so Bazu. Nullzweizwei konnten mit der Platte schon eine Fanbase aufbauen, auch wenn der große Erfolg noch ausblieb.

Im Dezember letzten Jahres haben die Herzogenauracher dann einen Neuanfang gewagt. Es soll nicht mehr nur um das Umfeld oder um das, was man so mitbekommt, gehen. „Wir sind schon krass, aber eben auf unserem Level“, wie Rufuz die neue Denkweise beschreibt. Sosa bringt dazu folgendes Beispiel: „Damals hieß es: ‚Ey pass auf, wir fahren einen Benz, wir sind die krassesten‘. Jetzt ist es so: ‚Wir fahren zwar einen Benz, aber der gehört nicht uns‘“. Die Prioritäten der Jungs haben sich verschoben. Nullzweizwei nehmen sich selbst nicht so ernst und legen dabei die richtige Portion Humor an den Tag. So bleiben sie authentisch – und das kommt auch bei den Fans an.

Die Klick-Zahlen auf YouTube sprechen für sich – „Дай мне“ hat mittlerweile knapp 1,6 Millionen Aufrufe (Stand: September 2019). Darin sieht man die Jungs nicht nur neben einem Benz, sondern eben auch Rufuz, der vor seinem Corsa rappt. „Ist mein Auto, ist mein Leben – warum soll ich das nicht machen“, wie sich Sosa dazu äußert. Es geht also nicht mehr ums Angeben, sondern um Ehrlichkeit – gegenüber sich selbst und den Leuten, die die Musik hören. Vielleicht ist es im Endeffekt genau das, was die Crew aus Herzogenaurach so sympathisch macht.

„Man konnte das nicht glauben“

Mittlerweile hat sich nicht nur ihre Herangehensweise geändert – die drei stehen seit kurzem bei Warner Music unter Vertrag. Als sie in oben erwähntem Corsa saßen, erhielten sie eine Nachricht auf Instagram. Darin stand, dass sie doch mal ihre Mails checken sollten, worin sich eine Anfrage vom Major Label fand. „Man konnte das nicht glauben“, erzählt SosaNullzweizwei stellten sich bei mehreren Labels vor, beide Seiten verschafften sich ein Bild voneinander.

„Dann waren wir in Hamburg, dann war’s halt wirklich echt“, so Rufuz. Bei Warner habe es dann geschäftlich wie menschlich auf Anhieb gepasst. Nach einigen Verhandlungen war der Major-Deal fix. Damit veränderte sich so einiges bei den Jungs: „Es ist jetzt viel geplanter“, so Sosa. Videos werden nicht mehr spontan irgendwo zu Hause in der Hood gedreht. Jetzt entwirft ein Videoproduzent ein Konzept und danach wird gedreht. „Das hat sich schon krass verändert. Man ist halt wirklich viel unterwegs und lernt viele neue Sachen und Leute kennen“.

Für das Musikvideo zu „Neugeboren“ sind die Jungs mit ganzer Mannschaft nach Kasachstan, Bazus Herkunftsland, gefahren. „Dass ich für einen Monat nach Kasachstan fahre, war ohnehin geplant. Wir hatten aber Druck, dass wir das Video noch diesen Monat rausbringen müssen.“ Daher kam die Idee, dass die Jungs einfach mitkommen und dann dort das Video drehen. „Wegen den Tickets war’s aber schwer“ erzählt Bazu. Die kosteten nämlich nicht gerade wenig. Im Endeffekt war das Label aber einverstanden und das Video zu „Neugeboren“ wurde in Kasachstan abgedreht.

„Planung ist da“

In den Kommentarspalten wird häufig der Vergleich zur 187 Straßenbande, den 102 Boyz oder BHZ gezogen. „Es gibt die, die sagen ‚du kopierst‘ und die, die sagen ‚ihr werdet die nächsten so und so‘“, ordnet Sosa ein. Zum einen ist es dann natürlich eine Ehre, mit solchen Hochkarätern verglichen zu werden, aber „ein bisschen nervt’s schon, weil man sich im Endeffekt ja trotzdem irgendwie abhebt. Wer die Musik wirklich hört und verfolgt, merkt schon einen Unterschied“, so Sosa. Nur der Gang-Aspekt sorgt laut Bazu für die Assoziationen, auch wenn der Style nicht der gleiche ist.

Momentan steht bei den Jungs einiges an, auch weitere Singles folgen. Für ein Album hätten sie schon genug Material. Dazu dürfen Nullzweizwei allerdings noch nicht so viel sagen. Zu einer womöglich anstehenden Tour „kann man auch noch nichts sagen“, so Rufuz. Eins sei aber gesagt: „Planung ist da“, so Sosa.

Von Celine Steffan und Anna Gaul