Interview mit Left Boy

rap.de: Wie bleibst du in Verbindung mit den Fans? Gibt es da irgendwie persönlichen Austausch?

Left Boy: Ja, entweder über Facebook oder Twitter, aber persönlicher Austausch geschieht eher, wenn ich einen Fan außerhalb der Matrix treffe. Meine Lieder sind alle sehr persönlich für mich, sie sind für mich mein Tagebuch. Jedes Lied beschreibt einen Moment in meinem Leben. Ich find’s immer wieder komisch, dass Fans sagen „Dieses Lied hat mir so geholfen“, aus komplett anderen Gründen, als wie es mir geholfen hat. Es gibt viele Leute, die zum Beispiel sagen, dass „I Want To“ ihnen durch vieles durchgeholfen hat, und „I Want To“ ist halt sehr auf mich bezogen in allen Hinsichten. Das ist das Tolle an der Musik, deswegen bleibe ich auch davon fern, die Lieder zu sehr zu interpretieren für andere Leute, weil es mir viel lieber ist, dass sie ihre eigene Interpretation haben.

rap.de: Das macht ja letzten Endes gute Musik und gute Lyrik aus, wenn sich viele Leute damit identifizieren können.

Left Boy: Ja, und wenn sie auf einmal eine ganz andere Bedeutung für den Track haben, als man selbst hat, ist das natürlich auch cool.

rap.de: Ich wollte noch ein bisschen über dich selbst als Fan sprechen. Ich habe mich mal informiert, was du so als Einflüsse nennst. Unter anderem habe ich gefunden: Atmosphere, Wu-Tang Clan, De La Soul, Daft Punk, aber auch Edith Piaf oder Nina Simone, oder sogar die Gypsy Kings…

Left Boy: Ja! (lacht)

rap.de: Gibt es sonst irgendwelche Künstler, die du total bewunderst?

Left Boy: Ja klar. Drake! Ich bin ein riesiger Drake-Fan. Ich bin so ein großer Drake-Fan, dass ich Drake gar nicht zu oft hören kann, weil ich dann anfange, Texte zu schreiben wie er und weil das sowieso alle machen, versuche ich, da fernzubleiben. Ich hatte vor ein paar Jahren eine richtig schwierige Zeit, weil alles, was ich geschrieben habe, sich so angehört hat, weil ich das Album rauf und runter gehört habe. Dann habe ich mich von neuer Musik entfernt und mich umso mehr auf meinen Stil konzentriert. Ja, von Drake bin ich ein Riesenfan, von Kanye bin ich ein großer Fan… Kendrick Lamar, das Album war auch fett… Metronomy, das ist wieder was anderes, aber der ist genial, dieser Produzent. Mit dem würde ich auch gern mal arbeiten. Daft Punk ist von dieser Liste einer der größeren Einflüsse für mich – deren Album „Discovery“ war der Soundtrack, der mich durch meine Teenage-Jahre begeleitet hat. In meinem Freundeskreis war es das Album. „Your Song“ basiert auf „Something About Us“ von dem Album. Ich schließe nichts aus, ich lasse mich immer wieder überraschen von verschiedenen Genres und forsche viel in iTunes. Man findet immer wieder irgendetwas Witziges oder einen tollen Part, wo auch immer, in der Country- oder in der Death-Metal-Musik, in den 70er-, 80er-Jahren, in Barbershop-Quartett-Liedern – ich glaube, ich habe zehn Gigabyte nur von Barbershop-Quartetten! Ich bin ein Riesenmusikfan.

rap.de: Das spiegelt sich auch auf jeden Fall in deiner Arbeit wieder.

Left Boy: Das freut mich.

rap.de: Du arbeitest ja viel mit Samples und Referenzen, mehr oder weniger versteckt, das setzt ja ein großes popkulturelles Wissen voraus. Du hast es grade schon angesprochen, meine nächste Frage wäre nämlich gewesen, mit wem du gerne mal zusammenarbeiten würdest.

Left Boy: Daft Punk. Auf jeden Fall. Kanye auf jeden Fall. Metronomy auch auf jeden Fall. Mit Radiohead. (überlegt) Es gibt so viele Leute… Mit MSTRKRFT würde ich gern zusammenarbeiten. Mit Stromae! Ich bin ein riesiger Stromae-Fan. Der Typ ist der Wahnsinn. Wenn der englische Musik machen würde, dann hätte ich glaub‘ ich ein Problem, weil der genau die Dinge macht, die ich gern mache.

rap.de: Wie sieht’s denn so mit deutschen Künstlern aus? Kennst du dich in der Deutschrap-Szene aus?

Left Boy: Eher von früher. Ich habe früher viel Afrob und Freundeskreis gehört. (überlegt) Den Weekend-Track „Schatz, du Arschloch“ finde ich genial. Der ist mir richtig sympathisch, dieser Typ. Auch die Beats, alles, das finde ich richtig fett.

rap.de: Der ist ja auch so ein Selfmade-Typ wie du.

Left Boy: Ja, der hat als Battle-Rapper angefangen, oder? Und dann hat er dieses… Was war das, am Splash? Da gibt’s so einen Wettbewerb, so einen Battlerap-Wettbewerb… War das nicht seine Geschichte?

rap.de: VBT.

Left Boy: Ja. Weekend ist cool. Oder kennst du Rapsta? Da gibt es einen Track, der mir sehr gut gefällt, der heißt „Koma“. Der ist richtig fett. Weil er mit seiner Stimme gut spielt.

rap.de: Wir können auch gerne noch ein bisschen über Mode und Style sprechen, falls du da noch Bock drauf hast.

Left Boy: Wenn du willst. (lacht)

rap.de: Das spielt ja offensichtlich eine wichtige Rolle in deiner Arbeit. Was sind denn da so deine Einflüsse?

Left Boy: Ich habe da nicht wirklich Vorbilder, wenn ich mir was kaufe, muss es was Besonderes sein. Die Klamotten, die ich in den Videos trage, sind meistens die Outfits, die ich momentan am liebsten habe.

rap.de: Für Fotoshootings oder Videos hast du also keine spezielle Konzeption?

Left Boy: Nein, nein, ich kriege jetzt keine Stylings oder was auch immer. Aber wenn ich ein Video drehe, hab ich immer eine gute Ausrede, mir etwas Cooles zu kaufen. Für „Black Dress“ konnte ich mir dann endlich einen Dior-Anzug kaufen.

rap.de: Kann man ja von der Steuer absetzen.

Left Boy: Genau, als Kostüm! (lacht) Ja, da kann ich dir glaub‘ ich nicht so viel Interessantes erzählen.

rap.de: Na gut, aber wenigstens ist die Frage beantwortet. Du warst schon öfter in Berlin, kennst du dich hier aus? Hast du hier persönliche Bezüge zu?

Left Boy: Ja, meine Manager arbeiten hier. Durch die bin ich hin und wieder hier gewesen. (überlegt) Ist nicht meine Lieblingsstadt. Ich kann dir nicht so viel zu Berlin sagen, ich bin immer nur einen Tag hier, und wenn ich dann da bin, arbeite ich meistens.

rap.de: Was ist denn deine Lieblingsstadt?

Left Boy: (lacht) Ah, das ist schwierig. Berlin ist für mich einfach nur zu… zu… abgefuckt irgendwie. Ich find’s keine schöne Stadt. Was ich liebe, sind einfach so komprimierte Städte, weißt du? Wo hinter jeder Ecke was Neues steckt, wo man sich in einem Labyrinth von Gassen verlieren kann… Rom zum Beispiel ist eine Wahnsinnsstadt. Dort hat man eine schwierige Zeit, etwas zu finden was nicht schön ist. Wien habe ich sehr gern. New York habe ich sehr gern. Paris. Marrakesch. Um ein paar zu nennen. (lacht)