Interview mit Pimf: „Aus Business-Perspektive habe ich mich häufig nicht besonders clever angestellt“

Auf dem Track „Im Loop“ beschreibst du dein inniges Verhältnis zu Rap, erzählst, was Musik in dir auslösen kann und was dir HipHop trotz zeitweiser Abneigung zur Szene-Maskerade bedeutet.

Ja, vermutlich ein ziemlich gutes Live-Ding. Ich habe in letzter Zeit häufig das Gefühl gehabt, dass viele Rapper bewusst Musik machen, die auf eine möglichst breite Zielgruppe maßgeschneidert ist … „Im Loop“ ist im Prinzip das exakte Gegenteil davon, eine ganz simple Rapper-Perspektive … Übrigens auch genau einer dieser Songs, die lange herum lagen. Ich habe lange damit gehadert und mich gefragt, ob Rap über Rap nicht zu langweilig ist, um ihn in die Welt zu blasen. Mittlerweile mag ich das Lied gerne und finde, dass er im EP-Konzept eine wichtige Rolle übernimmt, weil er durch seine Lockerheit in einem guten Kontrast zu den tiefen und schweren Sachen steht. Zu erwähnen ist hier auch, dass der Beat komplett auf einem Vocal-Sample von meinem Produzenten Marq basiert, also wirklich nur auf verzerrten Stimmen aufbaut.

Mit „Weiß auf Schwarz“ lieferst du dann eine Ode an die Leute, die den Verlockungen der Großstädte widerstehen und in der Provinz die Stellung halten. Du erzählst hier Geschichten aus Hofgeismar, dem Ort an dem du aufgewachsen bist und bis heute selbst lebst. Trotzdem habe ich es so empfunden, dass die Kleinstadt-Atmosphäre austauschbar und nicht an diesen Ort gebunden ist …

Hundertprozentig nicht, klar! Ich denke, dass gewisse Vibes da sehr zyklisch sind. Natürlich kann man das nicht komplett pauschalisieren, aber ich glaube schon, dass die Denkweisen auf dem Land andere sind, als in den Metropolen. Die Jungs, die mit getunten Autos an Bushaltestellen stehen, gehören wie die Bayern-München-Fahnen in den Vorgärten zu einem Setting, das an vielen Orten gleich ist. Trotzdem bin ich immer noch gerne hier. Wie überall anders auch gibt es hier Spasten, aber genauso auch coole Leute. Das ist ja in Großstädten nicht anders, auch wenn dort alle Leute auf total cool und toll und kreativ machen. Meinetwegen sind die Leute hier in der Kleinstadt eine Ecke primitiver … Gleichzeitig sind sie aber auch ehrlicher, was ich sehr an ihnen schätze. Die machen sich hier nichts aus Klamotten-Marken, brandneuer Musik oder Instagram-Blogs. Die tanzen am Wochenende zu David Guetta und das sollen sie gerne machen … Solang sie keinen Freiwild-Aufkleber auf der Heckscheibe haben, ist alles cool.

Du fragst dich im Intro, „ob das jetzt politische Musik“ ist, wenn du deine Abneigung gegen Krieg zum Ausdruck bringst. Wirfst du die Frage auf, weil du eigentlich keinen Bock auf den Politik-Stempel hast?

Nein, um diesen Stempel geht es mir gar nicht! Vielmehr will ich hier deutlich machen, dass ich politische Statements im Rap im Jahr 2018 für extrem wichtig halte. Und ich wollte aufzeigen, dass Politik ja im Prinzip schon dort losgeht, wo es beispielsweise um Empathie oder Solidarität an sich geht. Dinge können politisch gemeint sein, auch wenn sie nicht besonders deep in eine Thematik eindringen oder ein gezieltes Namedropping stattfindet.

Deine Themen und Inhalte sind im Gesamtbild überdurchschnittlich ehrlich, deine Selbsteinschätzung ziemlich bescheiden. Du verzichtest auf konstruierte Fiktion oder aufgebauschte Übertreibung. Glaubst du, dass dich dieser Umstand in der Vergangenheit Aufmerksamkeit gekostet hat?

Ja, definitiv. Aus Business-Perspektive habe ich mich häufig nicht besonders clever angestellt. Ich denke, dass mich meine Art und der Style meiner Musik manchmal bestimmt kleiner gemacht haben, als ich eigentlich war. Manche sehen diese Eigenschaft ja auch als Stärke, aber insgesamt hat sie mir bestimmt einiges verbaut. Diese Bescheidenheit ist ja kein konstruierter Rap-Character, den ich einfach wegmachen könnte oder so … Sie steht mir oft im Weg, gerade in der Musikszene. Als ich noch ein Management und irgendwelche Agenturen im Rücken hatte, war das alles noch etwas anders, aber heutzutage, wo ich alles selber mache, muss ich ja selbst auf Medien und dergleichen zugehen. Dabei kommt es mir nicht unbedingt zu Gute, dass es mit so schwer fällt, mich selbst gut zu verkaufen, weißt du?

Klar, da hat eine klassische Rampensau sicherlich bessere Aussichten …

Genau, es gibt genug Rapper, die sich größer machen als sie sind. An dieser Stelle fucke ich mich häufig über mich selbst, aber gleichzeitig auch immer wieder über viele Einflussnehmer innerhalb dieser Szene ab … Wenn ich mir diese „Deutschrap-Brandneu“Spotify-Playlist anschaue, sehe ich dort aus genau diesen Gründen immer nur einen sehr kleinen Fitzel dieser Szene repräsentiert.