Interview mit Pimf: „Aus Business-Perspektive habe ich mich häufig nicht besonders clever angestellt“

Pimf ist noch jung. Trotzdem ist er bereits ein alter Hase im Geschäft. Nachdem er vor sechs Jahren durch seine erste Teilnahme am Videobattleturnier VBT das hessische Hofgeismar auf der HipHop-Landkarte platziert hatte, releaste er mit „Memo“ und „Justus Jonas“ in der Folgezeit zwei Soloalben, deren Songs er jeweils auf unzähligen Bühnen der Bundesrepublik zum besten gab. Dieser Tage steht Pimf nun mit einem neuen Projekt in den Startlöchern, nimmt uns mit in die „Windy City“. Auch wenn die Platte kompakter gehalten ist als ihre Vorgänger, ist sie nicht minder ausdrucksstark. Basis der EP war ein befruchtender Ausflug nach Chicago, Tenor der Musik sind nach wie vor vertrackte Gefühlslagen eines grundehrlichen Skeptikers.

Du warst in Chicago und hast dich Hals über Kopf so sehr in diese Stadt verknallt, dass du deine Gefühlswelt direkt musikalisch festhalten musstest, richtig?

Ganz genau! Letztes Jahr im November habe ich relativ spontan ein ziemliches Schnäppchen gemacht und habe mich ohne lange Planungen auf den Weg in die „Windy City“ gemacht. Eigentlich habe ich mir gar keinen weltbewegenden Trip erhofft. Ich bin insgesamt ein großer Fan der Staaten, hatte Chicago aber gar nicht so wirklich weit oben auf meiner To-do-List. Als ich ankam, hat mich die Stadt dann aber direkt geflasht. In den Straßen war trotz Kälte und Dunkelheit die ganze Zeit Action. Das hat mich alles so sehr inspiriert, dass ich, so kitschig es auch klingt, an den Abenden angefangen habe, in meiner Hoteltoilette Texte auf einen kleinen Notizblock zu kritzeln.

Daraus sind dann die Texte für die EP entstanden?

Ja, genau! Ich saß einige Nächte dort, habe über mein Handy Beats gepumpt, meine Gedanken und Eindrücke von draußen ganz einfach niedergeschrieben und die Sachen direkt roh in mein Handy eingerappt. Mit diesen Skizzen konnte ich dann tagsüber gleich Material für die Videos aufnehmen. Wieder Zuhause angekommen habe ich die Songs dann nochmal professionell aufgenommen … Glücklicherweise haben sich die Sachen, die ich aus Amerika mitgebracht hatte, ideal an die Tracks angefügt, die bereits kurz vor der Reise in Deutschland entstanden waren. Der Grundstein für die EP ist definitiv in Chicago  entstanden. Das war wirklich verrückt, weil ich noch nie so straight einen Vibe kanalisiert und die Sachen im Anschluss so unverändert belassen habe …

Vor einigen Jahren ist mit „Alt und Jung“ ein Track von dir ziemlich viral gegangen, in dem du erzähltest, „fremde Kontinente nur aus dem Fernsehen“ zu kennen. Jetzt, wo du Städte wie Chicago bereist hast, stellst du relativ ernüchternd fest, dass „aus unbekannt […] einfach bekannt“ wurde und deine Traumvorstellungen dieser Orte durch deine Erlebnisse eher gelitten haben. Auf der anderen Seite betonst du, dass dich die „Windy City“ stark fasziniert und inspiriert hat. Bist du froh, manche Wirklichkeit gegen die Illusion eingetauscht zu haben?

Ich muss hier vorweg nehmen, dass der Chicago-Trip im Vergleich zu meiner Philadelphia-Reise wirklich eher ein Schnellschuss war. Nach Pennsylvania wollte ich damals wirklich unbedingt, weil ich diesen Ort mit einer Art Sehnsucht nach dem Unbekannten verbunden habe … Das trifft auf die Frage also besser zu. Als ich dort angekommen war, war es nämlich total scheiße. Mag sein, dass ich am falschen Tag im falschen Viertel war, aber diese Stadt hat mich wirklich komplett gelangweilt und ernüchtert. Klar hat sich in diesen Tagen eine gewisse Illusion zerschlagen … Aber ich habe das trotzdem eher als Erfahrung denn als Enttäuschung verzeichnet. Schau mal: Jede Reise macht dich reifer, lässt dich wachsen und bereichert dich.

Über die gesamte EP hinweg stellst du Heimat und Reiselust, Bodenständigkeit und Wagnis gegenüber.

Ja, das sind tatsächlich Themen, die andauernd mitschwingen. Vielleicht liegt das daran, dass mein Leben eben auch im riesigen Kontrastfeld zwischen meiner Kleinstadt und dem Abenteuer, außerhalb der eigenen Komfortzone unterwegs zu sein, stattfindet. Das ist also gar nicht unbedingt Methodik gewesen …

Es macht den klassischen Pimf ja auch aus, dass er seinen Platz zwischen Realitäten und Träumereien immer noch nicht so richtig gefunden hat und stetig auf der Suche nach dem Glück ist.

Auf eine gewisse Art schon. Die Stringenz meiner Musik liegt über die Jahre tatsächlich in der Suche selbst. Das liegt einerseits natürlich an meinem Alter, andererseits aber auch an meinem Charakter. Ich weiß meistens nicht so genau, was ich will … Eher, was ich nicht will. Eigentlich ist das der rote Faden: Die Suche nach dem, was ich so wirklich will, ist eher der halbe Restprozent.

Ja, du bist eindeutig ein Zweifler, gehst mit deinem Lebensstil und deiner Perspektive meistens ziemlich unverblümt ins Gericht …

Das ist wohl wahr. Ich bin immer mit mir am hadern, bin übertrieben selbstkritisch. Das beste Beispiel dafür liegt direkt vor meinen Füßen: Ich habe hier immer noch hundert Songs rumliegen, die bis heute unveröffentlicht sind. Ich bin sehr gut darin, mich selbst schlecht zu reden und mir Dinge kaputt zu denken.

Hat dir Rap in der Vergangenheit Steine in den Weg gelegt?

Ich würde eher sagen, dass ich mir selber immer wieder Steine in den Weg gelegt habe. Rap stellt im Ganzen sicherlich einen riesigen Stein für mich dar … Aber das ist gar nicht unbedingt die Schuld von Rap selbst. Wenn es mir beispielsweise mega schwer fällt, einfach mal locker und aus vollem Herzen zu sagen: „Yo Leute! Kauft meine CD! Ich bin der beste Rapper von allen!“, weil ich dafür einfach zu zurückhaltend und skeptisch bin, ist das ja einfach nur mein Problem. Ich habe Tage, an denen ich sehr euphorisch bin … Und dann wieder welche, an denen ich denke, dass ich der schlechteste Rapper der Welt bin.