Fotos: Adopekid
Als Newcomer beschreitet Sero einen Weg, der heutzutage fast schon ungewöhnlich ist: Ohne vorherige Präsenz im Internet oder Soundcloud-Hustle betritt das bis Dato unbeschriebene Blatt die große Bühne via Four Music und veröffentlicht sein Debütalbum „One And Only“ gleich mal ohne vorher angekündigtes Releasedate.
Du hast das Album ohne angekündigtes Datum veröffentlicht. Gerade als Newcomer ist das ein gewagter Move. Warum?
Ich hatte Bock. Ganz einfach. Mein Team stand hinter mir, ich wollte das Album rausbringen und hatte keine Lust, lange um den heißen Brei zu reden. Ich wollte der Welt dieses Album geben und die Musik für sich sprechen lassen. Four Music lässt mir da Gott sei dank auch sehr viele Freiheiten.
Im Intro sagst du, du hättest weder einen Manager, noch Facebook und Twitter. Du hast das wahrscheinlich alles schon früher geschrieben, oder? Warum hast du es trotz des Widerspruchs zur aktuellen Lage so aufs Album genommen?
Ja, das kommt aus einer anderen Zeit. Ich habe auch tatsächlich überlegt, die Line zu ändern, aber dachte mir dann, dass das halt damals der Status Quo war und gepasst hat. Das war der erste Song von meinem Demo damals. Jetzt ist er halt das Intro von meinem Album geworden. Zeiten ändern sich (lacht). Find ich aber gut.
Zeiten ändern sich offenbar sogar schnell. Heutzutage ist es ziemlich ungewöhnlich, den klassischen Weg per Demo ans Label zu beschreiten.
Es gab auch viele Leute, die mir gesagt haben, das sei so nicht möglich. Aber ich wollte das so, deshalb hat es auch so geklappt. Keine Ahnung, ob das so besser ist. Ich bin diesen Weg gegangen und kann das deshalb schlecht vergleichen, hat bestimmt alles seine Stärken und Schwächen. Aber ich kann meine Musik hier so machen, wie ich möchte. Gerade dieser Schritt in die Öffentlichkeit ist ja ein sehr großer. Ich habe mit Visa Vie im Interview darüber geredet und sie meinte auch, sie hätte sich gewünscht, manche Songs von sich damals nicht ins Netz gestellt zu haben. So ist das auf jeden Fall alles effektiver.
Die einzige Info, wie es zu dem Deal kam, ist: „Über Umwege“. Wie lief das konkret ab?
Ich habe, nachdem ich das Demo gemacht hatte, meinen besten Freund aus der Kindheit nach etwa zehn Jahren wieder getroffen. Wir haben uns erzählt, was so in unserem Leben passiert und ich habe ihm nebenbei halt mein Demo gezeigt. Er meinte dann, dass sein Vater irgendwas mit Musik zu tun hätte. Er hat dann mit seinem Vater gequatscht und der hat mir das Okay gegeben, dass ich ihm mein Demo zuschicke. Über den kam das Demo zu Four Music – und sein Vater ist jetzt mein Manager.
Glaubst du, wenn du das Demo auf herkömmlichem Wege an Four Music geschickt hättest, wäre es auch so gelaufen?
Kann ich nicht genau sagen. Das war schon ein starkes Demo. Ich denke schon, dass auch der Moment dazu beigetragen hat, aber es war ja nicht so, dass ich einfach direkt vom Fleck weg gesignt wurde. Sowas ist eine Wunschvorstellung. Mir wurde dann gesagt, dass es krass gut ist, was ich mache. Aber ich sollte erstmal ein bisschen Geld in die Hand nehmen und in einem richtig professionellen Studio einen Song aufnehmen. Dann war ich halt dreist und bin direkt mit drei Songs zurückgekommen. Dann hieß es: „Cool, mach doch noch einen. Vielleicht wird’s ja ne EP“. Ich bin dann einfach mit fünf Songs zurückgekommen. Das war denen dann zu viel für ne EP – ich hab halt einfach gemacht. Als ich die Chance gewittert hatte, ging es einfach Schlag auf Schlag. So schnell konnte keiner schauen.
Was sich durch „One And Only“ zieht, ist eine arrogante Attitüde. Ich habe dich aber als sehr bodenständigen und freundlichen Menschen kennengelernt. Warum präsentierst du dich dennoch so? Ist das nicht ein krasser Widerspruch?
Ich würde es nicht arrogant nennen. Ich würde „erhaben“ sagen. Nur weil man erhaben ist, heißt es ja nicht, dass man nicht nett zu Menschen sein kann. Das hat einfach mit Respekt zu tun. Ich könnte mich jetzt auch hier hinsetzen und richtig scheiße zu dir sein – aber das ist doch kacke. So macht mir das Leben auch keinen Spaß. In anderen Punkten bin ich ja arrogant. Wenn wir battlen würden, statt ein Interview zu führen – klar wäre ich dann arrogant. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass du im echten Leben ekelhaft zu Leuten sein musst. Dass du dich selber liebst, heißt ja nicht, dass du andere niedermachen musst. Ich bin so mit mir selbst im Reinen, ich muss niemanden degradieren. Ich erhöhe mich selbst durch das, was ich mache. Ich habe aber trotzdem für jeden anderen genug Respekt und Liebe.
In deiner selbst verfassten Biographie ist deine Zerrissenheit zwischen zwei Nationen und Identitäten ein großes Thema. Auf dem Album wird das kaum thematisiert. Warum?
Weil das immer noch eine Frage ist, die ich mir selbst stelle. Es geht mir ja immer noch darum, eine neue Identität in der Mitte zu schaffen. Das ist Sero. Das ist meine Identität. Deswegen habe ich die beiden Pole links und rechts ein bisschen ausgelassen. Ich habe thematisch nicht so viele deepe Songs gemacht, das was an deepen Songs auf dem Album ist, hat gereicht. Ich habe es auf andere Art thematisiert. Nicht textlich, aber musikalisch. Da stecken orientalische Vibes drinnen und auch in meiner Attitude spürt man das Arabische. Das ist mein Leben lang schon ein großes Thema. Bevor ich darüber einen Song machen kann, brauche ich selbst eine Antwort darauf.
- Audio-CD – Hörbuch
- Four Music (Sony Music) (Herausgeber)
Review: Sero – One and Only
Viel Attitüde, aber wenig Abwechslung.