Schivv: Genau, eben. Wir haben den Hustle damals erlebt und wissen, was es heißt. Und es macht keinen Spaß, einen Song achtmal umzubauen, bis er dann endlich für einen A&R passt. Wir kennen den Major-Musikhustle halt.
rap.de: Der "Ungesund und teuer"-Hustle?
Schivv: Genau der. Um vier Uhr irgendwie nochmal Beefie für 3,50 von der Tanke holen, weil es irgendwie weitergehen muss. Deswegen war für uns klar, Musik werden wir nicht los, ist in uns drin, aber soll nicht unsere berufliche Perspektive sein. Denn dafür würde zuviel flöten gehen, was uns wichtig ist. Also haben wir uns einfach beruflich orientiert. Peer und ich haben schon während der Musikphase studiert und das dann eben fertig gemacht. Und zwei Jura-Staatsexamen machste halt nicht nebenbei. Das geht nur mit ausschließlichem Fokus darauf. Und dann kommt man halt in die Berufstätigkeit hinein. Peer und ich hatten auch noch viel mit der Musikindustrie zu tun.
rap.de: Peer war u.a. der Anwalt von Aggro, richtig?
Schivv: Genau. Also, man war immer noch auch auf der Ebene involviert. Wir haben jetzt kein Versicherungsrecht gemacht, sondern sind eben Entertainment-Lawyer und machen Musik, Film und Fernsehen. Insofern hat man sich inhaltlich nicht so wahnsinnig weit entfernt.
Kallis: Sowieso. Dass du es selber nicht mehr machst, heißt ja nicht, dass es dein Leben verlässt. Auch wenn wir teilweise einen sehr unterschiedlichen Rapgeschmack haben, haben wir uns immer ausgetauscht. Das ist ja eine Leidenschaft, die einen nicht loslässt, nur, weil man es selbst nicht mehr aktiv macht. Rap is something you do – HipHop is something you live.
rap.de: Wie habt ihr denn in den Jahren, in denen ihr selber nicht aktiv wart, die Veränderungen in der deutschen Rapszene mitbekommen?
Kallis: Da hat sich viel getan. Das haben wir uns alles angeschaut und angehört. Ich habe nach wie vor die Juice gelesen, geh auf rap.de, hatte eine Zeitlang die Source abonniert und bin allgemein Musikfan. Genauso habe ich natürlich Aggro und Sido und wie sie alle heißen, mitbekommen. Manche Sachen fand ich gut, andere beschissen. Aber ich habe mir das einfach angeguckt, nie irgendwie bewertet oder gedacht, es müsste eigentlich so oder so sein. Es war einfach interessant, was da passiert ist.
Schivv: Wir fanden es auch alle total schlüssig, dass ab Anfang 2001/2002 diese Entwicklung hin zu diesem Straßenrap stattgefunden hat. Wenn man das ganze soziologisch betrachtet, war das eine Komponente, die Rapmusik bis dato in Deutschland komplett gefehlt hat. Und das ergibt in sich keinen Sinn. Letztlich kommt die Musik eben von der Straße, greift Themen der Straße auf und spricht darüber. In Deutschland ist Rap quasi über so einen intellektuellen Ansatz importiert worden. Es war also nachvollziehbar, aber einfach nicht unsere Welt. Also musikalisch. Klar gab es immer wieder Ausnahmen, die Sido-Sachen haben wir auch gefeiert, weil der einfach ein fresher Typ ist. Es passt aber schon, dass wir gerade in diesem Straßenrap-Zyklus, der gerade möglicherweise wieder am abebben ist, nicht stattgefunden haben. Das ist total logisch. Dazu hätten wir auch überhaupt nichts beitragen können. Und von so einer Welle erdrückt werden, ist ja auch unschön. Insofern haben wir zum absolut richtigen Zeitpunkt aufgehört.
rap.de: Darauf wollte ich hinaus. Als ihr aufgehört habt, um 2000 herum, war ja gerade der erste Deutschrap-Hype vorbei. Da ging es dann los mit den härteren Sachen. Und jetzt, wo die ihre Dominanz langsam verlieren, pabamm, steht ihr wieder vor der Tür.
Schivv: Kein Plan. Zufall.
Kallis: Da haben wir ausnahmsweise mal ein gutes Timing gehabt, ohne, dass es in irgendeiner Form geplant war.
Schivv: Ist wirklich so, wir wundern uns auch selber. Ich meine, man muss das jetzt nicht überbewerten, wir sind bescheidene Leute und wissen nicht, was passieren wird. Wir freuen uns echt über jeden Menschen, der die Platte kauft. Aber alleine, dass man so ein positives Feedback von so vielen Leuten kriegt, sowohl von damals wie von heute, die sich freuen, dass wir nochmal ein Album machen, gibt uns echt viel. Das inspiriert und bringt einen weiter. Aber zu erwarten war es nicht. Haben wir auch nicht mit gerechnet.