rap.de: Die erste Frage liegt auf der Hand: Nach ungefähr hundert Jahren das Comeback mit DCS – warum gerade jetzt?
Schivv: Kein Plan, reine Fügung.
Kallis: Weil wir einfach Bock hatten.
Schivv: Genau. Wir hatten ja 2001 unseren letzten Release, ich hatte zwischen 2002 und 2006 noch ein paar Features hier und da, mit Olli Banjo, Pyranja und so weiter. Wir sind ja immer ein Teil dieses Hiphop-Dings geblieben. Das wird man ja auch nicht los. Wir haben uns auch nie aus den Augen verloren, sind nach wie vor eng befreundet. Irgendwie schwelte in uns immer der Gedanke, eines Tages machen wir nochmal ein Album. Das blieb allerdings immer eher abstrakt und unkonkret. Letztlich war es so, dass Curse uns letztes Jahr gefragt hat, ob wir nicht Bock hätten, bei seiner "Feuerwasser"-Abschiedsshow in Köln ein, zwei Songs mit ihm zu spielen. Wir meinten, ja schon, aber wenn das in Köln ist und wir nach acht Jahren Live-Abstinenz wieder an den Start gehen, wäre es halt geil, wenn wir vielleicht doch eher so drei, vier Songs machen könnten. Dann meinte Curse, alles klar, macht doch einfach Support und so haben wir an dem Abend quasi für ihn eröffnet. Und was war einfach ein unglaublich geiler Rap-Abend, alle waren da, das Feedback, der Vibe im Publikum war unglaublich. Das hat in uns sehr, sehr viel Energie freigesetzt, so ein Album dann tatsächlich auch mal zu machen. Nicht nur anzufangen und ein bisschen Songs aufzunehmen, sondern richtig von A bis Z dran zu ziehen. Es gibt ja viele Phasen in so einer Albumproduktion, wo man einfach dran ziehen muss. Das macht sich ja nicht von selber fertig. Phillip (Kallis) wohnt in Berlin, wir wohnen in Köln, Lifeforce wohnt außerhalb von Köln. Da musikalisch und geistig wieder auf einem Level anzukommen, erfordert halt tatsächlich eine gewisse Stringenz. Irgendwie hat die über uns schwebende Energie, dieses Wir-wollen's-nochmal-wissen-Ding es ermöglicht und wir haben es tatsächlich hingekriegt.
rap.de: Bisher hat euch also lediglich die Konzentration gefehlt?
Schivv: Ja, der nachhaltige Fokus, so 'n Ding mal fertig zu machen. Natürlich macht Musikmachen Spaß und ist der größte Segen, den man haben kann. Aber in gewissen Phasen ist es auch Arbeit, die fertig gemacht werden muss. Und da braucht man eben auch einen übergeordneten Willen. Wir sind alle berufstätig und haben teilweise Familie, stecken also in Konstellationen fest, die es nicht selbstverständlich machen, für so ein Musikprojekt noch mal so viel Energie aufzuwenden.
rap.de: Ihr konntet also nicht einfach mal locker vier, fünf Tage im Studio abhängen.
Kallis: Nee, überhaupt nicht. Das war eine große organisatorische Herausforderung, die wir zu bewältigen hatten. Ich lebe wie gesagt mittlerweile hier in Berlin, die Jungs sind in Köln. Ich musste mehr oder weniger meinen Jahrsurlaub investieren in verlängerte Wochenenden in Köln, die Jungs haben das Studio organisiert. Also Freitagabends nach Köln, direkt in die Butze und dann bis Montagfrüh gemacht und wieder zurück nach Berlin. Ich hab keine Familie, aber für die Jungs war es natürlich auch so ein Ding, wenn du zwei oder drei kleine Kinder hast, kannst du auch nicht eben so sagen, ich bin jetzt mal weg, die ganze Nacht mit den Jungs im Studio.
Schivv: Naja, man kann's schon sagen, es kommt nur eiskalt zurück (Gelächter). Deswegen haben wir uns krass vorbereitet. Bei unserem vorletzten Album, "Ungesund und teuer", waren wir echt acht Monate lang im Studio und haben uns da gesuhlt. Dieses Mal haben wir uns extrem vorbereitet. Wir haben unsere Dropboxen vollgepackt, haben uns gemailt wie die Geistesgestörten. Kallis und ich sind so ein bisschen back and forth gegangen, was die Texte und Themen angeht. Wir mussten ja irgendwie auch eine konzeptionelle Ebene finden. Uns war klar, wir wollen kein 'Rap über Rap'-Album machen, sondern eine authentische Rap-Platte, die unser Leben, so wie es derzeit ist, widerspiegelt. Wo wir uns nicht hinterher fragen müssen, was erzählste da eigentlich? Wir wollten möglichst nah bei uns bleiben. Auch, weil wir das Gefühl hatten, dass es das in dieser Form möglicherweise noch gar nicht gibt. Dass jemand mit diesem Rapper-Hintergrund, dessen Leben sich dann aber in eine andere Richtung entwickelt hat, das aufgreift und zum Thema macht, also letztlich eine allgemeingültige Platte für Menschen in unserer Lebenssituation schafft. Zufälligerweise eben als Rapmusik verpackt. Das Rapding also als Vehikel nutzt und nicht als Selbstzweck und Selbstreferenz. Das war unsere konzeptioneller Ansatz. Dadurch ergab sich textlich auch vieles.