Webbie ist neben Boosie das zweite Aushängeschild des Labels und veröffentlichte kürzlich sein drittes Soloalbum „Savage Life 3“. Dieser waffenvernarrte Mittzwanziger hat sowohl als Partner von Boosie als auch als Soloartist (besonders auf seinem großartigen Album „Savage Life 2“) gezeigt, wie man den Hoodalltag voller kreuzender Projektile, schwanzhungriger Schlampen und aufgetunter Autos auch für den in dieser Hinsicht etwas unbedarften Westeuropäer spannend aufbereitet.
Auch auf seinem dritten Streich macht es Spaß, den völlig zugedröhnten, schwer bewaffneten Bösewicht auf seinen Streifzügen durch die Hood, den Stripclub und die Betten zahlreicher, äh, Damen zu begleiten. Dass die Zustände in Baton Rouge bedenklich sind, Webbie mit Sicherheit genau weiß, wovon er redet, es eigentlich aber trotzdem oder vielmehr genau deshalb falsch ist, sich von den sozialen Missständen der Ghettobewohner im bequemen Sessel unterhalten zu lassen, mag vollkommen richtig sein. Und trotzdem machen Webbies Ausschweifungen über weite Strecken einfach Spaß. Die smoothe Art und Weise mit der er über die HiHat-lastigen, meist synthetischen Beats gleitet, ist schon sehr eigen. Selbst wenn er richtig sauer wird, wirkt das Ganze immer noch extrem laid back.
Übertroffen wird der Miniafro tragenden Protagonist nur von seinem fünf Mal gefeaturten Labelkollegen Lil Phat, der grundsätzlich klingt, als würde er seine Vocals nur unter dem Einfluss schwerster Betäubungsmittel aufnehmen. Das ist aber gar nicht negativ gemeint. Genau wie vor 15 Jahren bei den Kollegen aus New Orleans macht die Eigenheit ihrer Vortragsweise den Reiz der Trill Entertainment Künstler aus.
So lange es Street bleibt wie auf den Songs „What You Want“, „What´s Happenin“ oder „Trilla Than A Bitch“ liefert Webbie (der aus nahe liegenden Gründen in seinen letzten Interviews kaum einen geraden Satz heraus bekam) atmosphärischstes Kopfkino. Tracks für den (Strip-)Club wie „Baddest In Here“ oder „Bounce That“ machen ebenfalls Laune und selbst die Parts von Lil Trill, der auf den meisten Releases seines Labels gehörig nervt, gehen hier teilweise glatt in Ordnung.
Wirklich berührend sind die Songs, die Webbie seiner verstorbenen Mutter und seinem Vater gewidmet hat, wobei man sich bei „Pops I Luv U“ allerdings etwas mehr Mühe mit der einfallslosen Hook hätte geben können. Und dem ein oder anderen Song wie „Rubber Tonight“ oder „Mo Ass“ könnte ein skeptischer Hörer durchaus unterstellen, reines Füllmaterial zu sein. Die Ode an seine Lady „Shawty Know“ wiederum – mit einem schrecklich schleimigen Bobby V an der Hook – sorgt gerade zwischen soviel geballter Straßengewalt für ein großes Fragezeichen über dem blutgetränkten Bandana.
Unterm Strich hat Webbie im Vergleich zu seinem Vorgängeralbum also ein wenig nachgelassen, doch trotzdem reißen seine gewalttätigen Straßengeschichten dank seines eigensinnigen Flows und der eingängigen Hooks immer noch mit.
„Savage Life 3“ ist auf moralisch äußerst fragwürdige Weise sehr unterhaltsam. Aber wem Webbies Inhalte zu doof sind und wer mehr Intellekt und Substanz auf einem Gangsterrapalbum nach klassischer Südstaatenart erwartet, kann dieses Thema sicherlich jederzeit mit dem Lauf von Websters AK 47 ausdiskutieren…