Hamburger gelten gemeinhin als kühl und zurückhaltend. Der Hanseate an sich geht nicht aus sich heraus, sondern beobachtet alles mit distanzierter Höflichkeit, so sagt man. Ja, von wegen. Wenn dieses Diktum wirklich stimmt, dann waren beim gestrigen Auftritt von
Kollegah in der Hamburger Markthalle keine Hamburger zugegen.
Bereits anderthalb Stunden vor dem Beginn der Show ist der tausend Leute fassende Große Saal gut gefüllt. Unermüdlich rufen die Fans nach ihrem Idol, jeder Techniker oder Securitymann, der kurz über die Bühne huschte, wurde von der ausgelassenen Menge beklatscht und bejubelt. Eine lockere und gelöste, trotzdem von einer freudigen Anspannung geprägte Stimmung herrschte im Saale. Das Publikum war in der Mehrzahl noch jung und knackig, und dementsprechend auch durch die lange Wartezeit nicht zu entmutigen.
Denn während draußen schon die Meute tobte und
Kollegahs DJ
Dasmo ob seiner optischen Ähnlichkeit mit einem gewissen Berliner Rapper mit "
Sido, Sido"-Sprechchören bedachte, chillte der umjubelte Boss noch entspannt im Backstage, alberte fröhlich mit Special Guest und Labelkollege
Favorite herum und zeigte dabei keinerlei Anzeichen von Anspannung oder gar Lampenfieber.
Um kurz nach Acht war es dann endlich soweit. Favorite enterte unter begeistertem Gejole die Bühne und feuerte Songs von seinem letzten Album "Christoph Alex", aber auch ältere Stücke in die Menge, die sofort euphorisch mitging und den Saal umgehend in ein Tollhaus verwandelte.
Nach einer guten Dreiviertelstunde war es dann Zeit für den Hauptact, der auch während Favs Auftritt immer wieder in Sprechchören gefeiert wurde. Mit einer leichten Lederjacke und Sonnenbrille angetan, betrat Kollegah die Bühne und machte sich gleich mit einer paar seiner unverwechselbaren Ansagen mit der Menge vertraut. Mit dem Charme eines Zuhälters auf Ibiza und seinem charakteristischen rheinischen Akzent umwarb er die Menge, feierte sich selbst ("Punchline-Rap – revolutioniert. Doubletime-Rap – revolutioniert. Dafür hat der Boss schon mal einen kleinen Applaus verdient, ne?"), ließ ungeliebte Kollegen ausbuhen (u.a. 23, Fler und natürlich Laas Unltd.) und war sich auch für den einen oder anderen Sparwitz nicht zu schade ("Was sagt der Tornado zur Palme? Halt deine Nüsse fest, ich fang gleich an zu blasen."). Die Masse dankte es ihm, indem sie jede Hook bereitwillig mitgrölte, jedes Call-and-Response-Spielchen mitmachte und jeden Satz, den Kollegah anfing, zuende brachte: "Rapper xy ist…" – "Ein Hurensohn!" erschallte es aus tausend Kehlen und Kollegah grinste schelmisch: "Das habt ihr jetzt gesagt, meine Freunde."
Rapmusik gab es natürlich auch. Vom neuen Album spielte er u.a. "Für immer", "Bossaura", "Business Paris", "Jetlag" und "Mondfinsternis", bei einigen Songs kam auch sein neuer Kollege Sun Diego zum Einsatz, der sich von der zahlreich erschienenen Meute nicht beeindrucken ließ und ein paar saubere Doubletime-Flows kickte. Klassiker wie "Kuck auf die Goldkette" oder ein Acapella-Reimmassaker durften natürlich auch nicht fehlen. Favorite kam auch immer wieder mal für gemeinsame Songs auf die Bühne und überreichte Kollegah schließlich noch einen (selbstgebackenen?) Schokoladenkuchen mit Glückwünschen zu Platz 5 in den Charts.
Nach gut neunzig Minuten und einer Zugabe war dann Schluss. Geradezu euphorisch klatschten sich alle Beteiligten im Backstage ab, Worte wie "
Bestes Konzert jemals" machten die Runde.
Vor dem Konzert gab uns Kollegah natürlich auch ein Interview, das ihr nächste Woche auf rap.de finden werdet.